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Kreuzweg am Kolosseum in Rom Kreuzweg am Kolosseum in Rom

Wortlaut: Kreuzweg-Meditationen von Papst Franziskus am Kolosseum

Hier die Meditationen für den Kreuzweg am Kolosseum zum Karfreitag 2024, die Papst Franziskus in diesem Jahr selbst verfasst hat.

 

Einführung

Herr Jesus, wir schauen auf dein Kreuz und begreifen, dass du alles für uns hingegeben hast. Wir widmen dir diese Zeit. Wir wollen sie nahe bei dir verbringen, der du von Getsemani bis zum Kalvarienberg gebetet hast. Im Jahr des Gebets verbinden wir uns mit dir auf deinem Weg des Gebets.

Aus dem Evangelium nach Markus (14,32-37)

Sie kamen zu einem Grundstück, das Getsemani heißt […]. Und er nahm Petrus, Jakobus und Johannes mit sich. Da ergriff ihn Furcht und Angst und er sagte zu ihnen: „[…] Bleibt hier und wacht!“ Und er ging ein Stück weiter, warf sich auf die Erde nieder und betete […]: „Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst“. Und er ging zurück und fand sie schlafend. Da sagte er zu Petrus: […] „Konntest du nicht einmal eine Stunde wach bleiben?“

Herr, du hast jeden deiner Tage mit dem Gebet vorbereitet, und jetzt bereitest du in Getsemani Ostern vor. Abba, Vater, alles ist dir möglich – sagst du – denn das Gebet ist vor allem Dialog und Vertrautheit; aber es ist auch Kampf und Bitte: Nimm diesen Kelch von mir! Und es ist Anvertrauen und Hingabe: Aber nicht, was ich will, sondern was du willst. So bist du im Gebet durch das enge Tor unseres Schmerzes eingetreten und hast es ganz durchschritten. Du hast »Furcht und Angst« (Mk 14,33) empfunden: Furcht im Angesicht des Todes, Angst unter der Last unserer Sünde, die du auf dir verspürt hast, während dich eine unendliche Bitterkeit überkam. Doch inmitten des Kampfes hast du »noch inständiger« gebetet (Lk 22,44). So hast du die Wucht des Schmerzes in ein Opfer der Liebe verwandelt.

Du hast uns nur um eines gebeten: bei dir zu bleiben und mit dir zu wachen. Du verlangst nicht das Unmögliche von uns, sondern Nähe. Doch wie oft habe ich Abstand von dir genommen! Wie oft habe ich wie die Jünger geschlafen, statt zu wachen, wie oft hatte ich keine Zeit oder keine Lust zu beten, weil ich müde war, betäubt vom Komfort, schläfrig in der Seele. Jesus, sag mir, sag uns, deiner Kirche, noch einmal: »Steht auf und betet« (Lk 22,46). Weck uns, Herr, rüttle uns aus der Benommenheit des Herzens auf, denn auch heute, gerade heute, ist unser Gebet dir wichtig.

 

1. Jesus wird zum Tode verurteilt

Da stand der Hohepriester auf, trat in die Mitte und fragte Jesus: „Willst du denn nichts sagen zu dem, was diese Leute gegen dich vorbringen?“. Er aber schwieg und gab keine Antwort. […] Da wandte sich Pilatus wieder an ihn und fragte: „Willst du denn nichts dazu sagen? Sieh doch, wie viele Anklagen sie gegen dich vorbringen“. Jesus aber gab keine Antwort mehr, sodass Pilatus sich wunderte (Mk 14,60-61;15,4-5).

Jesus, du bist das Leben und bist doch zum Tod verurteilt; du bist die Wahrheit und erleidest doch einen unwahrhaftigen Prozess. Aber warum forderst du dein Recht nicht ein? Warum erhebst du nicht deine Stimme und erklärst deine Beweggründe? Warum widerlegst du nicht die Gelehrten und die Machthaber, wie du es stets mit Erfolg getan hast? Deine Reaktion verblüfft, Jesus: Im entscheidenden Augenblick sprichst du nicht, du schweigst. Denn je stärker das Böse ist, desto radikaler ist deine Antwort. Und deine Antwort ist das Schweigen. Aber dein Schweigen ist fruchtbar: Es ist Gebet, Sanftmut, Vergebung, es ist der Weg, um vom Bösen zu befreien, um das, was du erleidest, in ein Geschenk zu verwandeln, das du darbringst. Jesus, ich merke, dass ich dich nur wenig kenne, weil ich dein Schweigen nicht genügend kenne. Denn in der Hektik des Eilens und Machens, von vielen Dingen vereinnahmt, erfüllt von der Angst, unterzugehen oder von der Versessenheit, mich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, finde ich nicht die Zeit, innezuhalten und bei dir zu bleiben: um dich handeln zu lassen, dich, das Wort des Vaters, der du in der Stille wirkst. Jesus, dein Schweigen rüttelt mich auf: es lehrt mich, dass das Gebet nicht aus der Bewegung der Lippen kommt, sondern aus einem Herzen, das fähig ist, zuzuhören. Denn beten heißt, für dein Wort empfänglich zu werden, es heißt, deine Gegenwart anzubeten.

Lasst uns gemeinsam beten: Jesus, sprich zu meinem Herzen

 

Der du auf das Böse mit dem Gutem antwortest                             Jesus, sprich zu meinem Herzen

Der du das Geschrei mit Sanftmut beruhigst                                   Jesus, sprich zu meinem Herzen

Der du Geschwätz und Nörgelei verabscheust                                 Jesus, sprich zu meinem Herzen

Der du mich in meinem Innersten kennst                                        Jesus, sprich zu meinem Herzen

Der du mich mehr liebst als ich mich selbst liebe                            Jesus, sprich zu meinem Herzen

 

2. Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern

Er hat unsere Sünden mit seinem eigenen Leib
auf das Holz des Kreuzes getragen,
damit wir tot sind für die Sünden
und leben für die Gerechtigkeit.
Durch seine Wunden seid ihr geheilt (1 Pt 2,24).

Jesus, auch wir tragen Kreuze, manchmal sehr schwere: eine Krankheit, ein Unfall, den Tod eines geliebten Menschen, eine emotionale Enttäuschung, ein Kind, das man verloren hat, Arbeitslosigkeit, eine seelische Wunde, die nicht heilt, das Scheitern eines Plans, eine erneute enttäuschte Erwartung... Jesus, wie kann man da beten? Was kann ich tun, wenn ich mich vom Leben erdrückt fühle, wenn eine Last auf meinem Herzen liegt, wenn ich unter Druck stehe und nicht mehr die Kraft habe zu reagieren? Deine Antwort ist ein Angebot: »Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken« (Mt 11,28). Zu dir kommen; ich hingegen verschließe mich in mir selbst: Ich brüte, denke stets über dasselbe nach, bemitleide mich selbst, versinke in der Opferrolle, bin ein Meister des negativen Denkens. Kommt zu mir: Es uns zu sagen, war nicht genug, und siehe du kommst uns also entgegen und nimmst unser Kreuz auf deine Schultern, um uns sein Gewicht abzunehmen. Das ist es, was du willst: Dass wir Mühen und Sorgen auf dich werfen, weil du möchtest, dass wir uns bei dir frei und geliebt fühlen. Danke, Jesus. Ich verbinde mein Kreuz mit deinem, ich bringe dir meine Müdigkeit und mein Elend, ich übergebe dir jede Last des Herzens.

Lasst uns gemeinsam beten: Herr, ich komme zu Dir

Mit meiner Geschichte                                                                                  Herr, ich komme zu Dir

Mit meinen Mühen                                                                                       Herr, ich komme zu Dir

Mit meiner Begrenztheit und meiner Zerbrechlichkeit                                 Herr, ich komme zu Dir

Mit meinen Ängsten                                                                                      Herr, ich komme zu Dir

Indem ich ganz auf deine Liebe all mein Vertrauen setze                           Herr, ich komme zu Dir

 

3. Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz

Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht (Joh 12,24).

Jesus, du bist gefallen: Woran denkst du, wie betest du mit dem Gesicht im Staub? Doch vor allem, was gibt dir die Kraft, wieder aufzustehen? Ich stelle mir vor, dass du, während du mit dem Gesicht auf dem Boden liegst und den Himmel nicht mehr siehst, in deinem Herzen wiederholst: Vater im Himmel. Der liebevolle Blick des Vaters, der auf dir ruht, ist deine Stärke. Aber ich stelle mir auch vor, dass du, während du die dürre und kalte Erde küsst, an den Menschen denkst, der aus Erde gemacht wurde, an uns, die wir in der Mitte deines Herzens sind, und dass du die Worte deines Testaments wiederholst: »Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird« (Lk 22,19). Die Liebe des Vaters zu dir und die deine zu uns: Die Liebe, das ist die Triebfeder, die dich aufstehen und weitergehen lässt. Denn wer liebt, bleibt nicht am Boden, er beginnt von neuem; wer liebt, wird nicht müde, er läuft; wer liebt, kann fliegen. Jesus, ich bitte dich immer um viele Dinge, aber nur eines brauche ich: lieben zu können. Ich werde im Leben hinfallen, aber mit der Liebe werde ich wieder aufstehen und weitergehen können, so wie du es getan hast, der du Erfahrung hast mit dem Fallen. Dein Leben war nämlich ein ständiges Fallen: Vom Gott wirst du zum Menschen, vom Menschen zum Diener, vom Diener zum Gekreuzigten, bis hin zum Grab; du bist zur Erde gefallen wie ein Same, der stirbt, du bist gefallen, um uns von der Erde zu erheben und uns in den Himmel zu bringen. Du, der du aus dem Staub wiederaufrichtest und die Hoffnung wieder aufleben lässt, gib mir die Kraft zu lieben und neu zu beginnen.

Lasst uns gemeinsam beten: Jesus, gib mir die Kraft zu lieben und neu zu beginnen

 

Wenn die Enttäuschung die Oberhand gewinnt

Jesus, gib mir die Kraft zu lieben und neu zu beginnen

Wenn die Urteile anderer auf mich niedergehen

Jesus, gib mir die Kraft zu lieben und neu zu beginnen

Wenn es nicht gut geht und ich unduldsam werde

Jesus, gib mir die Kraft zu lieben und neu zu beginnen

Wenn ich das Gefühl habe, dass ich es nicht mehr schaffe

Jesus, gib mir die Kraft zu lieben und neu zu beginnen

Wenn mich der Gedanke bedrückt, dass sich nichts ändern wird

Jesus, gib mir die Kraft zu lieben und neu zu beginnen

 

4. Jesus begegnet seiner Mutter

Als Jesus die Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er […] zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. (Joh 19,26-27).

Jesus, die Deinen haben dich verlassen, Judas hat dich verraten, Petrus hat dich verleugnet: Du bist mit dem Kreuz allein gelassen worden. Aber da ist deine Mutter. Es bedarf keiner Worte, ihre Augen genügen, sie sind fähig, dem Leid ins Gesicht zu sehen und es auf sich zu nehmen. Jesus, in Marias tränen- und lichterfülltem Blick findest du die Erinnerung an die Zärtlichkeit, die Liebkosungen, die liebevollen Arme, die dich immer aufgenommen und unterstützt haben. Der mütterliche Blick ist der Blick der Erinnerung, der uns im Guten gründet. Wir kommen nicht ohne eine Mutter aus, die uns auf die Welt bringt, aber auch nicht ohne eine Mutter, die uns in der Welt wieder aufrichtet. Du weißt das, und vom Kreuz aus schenkst du uns deine eigene Mutter. Siehe, deine Mutter, sagst du zu dem Jünger, zu einem jeden von uns: Im Anschluss an die Eucharistie gibst du uns Maria, das letzte Geschenk, bevor du stirbst. Jesus, durch die Erinnerung an ihre Liebe wurdest du auf deinem Weg bestärkt; auch mein Weg bedarf der Erinnerung an das Gute. Ich stelle jedoch fest, dass mein Gebet arm an Erinnerung ist: eilig, geschäftig, eine Liste von Bedürfnissen für heute und morgen. Maria, gebiete meiner Eile Einhalt, hilf mir, mich zu erinnern: Die Gnade zu hüten, mich an Gottes Vergebung und Wundertaten zu erinnern, die erste Liebe neu zu beleben, die Wunder der Vorsehung wieder zu kosten, vor Dankbarkeit zu weinen.

Lasst uns gemeinsam beten: Herr, belebe in mir die Erinnerung an deine Liebe

Wenn die Wunden der Vergangenheit wieder zum Vorschein kommen

Herr, belebe in mir die Erinnerung an deine Liebe

Wenn ich den Sinn und den Zusammenhang der Dinge verliere

Herr, belebe in mir die Erinnerung an deine Liebe

Wenn ich die Geschenke aus den Augen verliere, die ich erhalten habe

Herr, belebe in mir die Erinnerung an deine Liebe

Wenn ich das Geschenk aus den Augen verliere, das ich selbst bin

Herr, belebe in mir die Erinnerung an deine Liebe

Wenn ich vergesse, dir zu danken

Herr, belebe in mir die Erinnerung an deine Liebe

 

5. Simon von Kyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie Simon, einen Mann aus Kyrene, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage. (Lk 23,26).

Jesus, wie oft maßen wir uns angesichts der Herausforderungen des Lebens an, es allein zu schaffen! Wie schwer fällt es uns, um Hilfe zu bitten, aus Angst, den Eindruck zu erwecken, dass wir der Aufgabe nicht gewachsen sind, wir, die wir immer darauf bedacht sind, einen guten Eindruck zu machen und uns in Szene zu setzen! Es ist nicht leicht, zu vertrauen und noch weniger, sich anzuvertrauen. Aber diejenigen, die beten, wissen, dass sie bedürftig sind, und du, Jesus, bist es gewohnt, dich im Gebet anzuvertrauen. Deshalb verschmähst du die Hilfe des Kyrenäers nicht. Du lässt ihn deine Schwächen erkennen, einen einfachen Mann, einen Bauern, der von den Feldern zurückkehrt. Ich danke dir, denn indem du dich in deiner Not unterstützen lässt, löschst du das Bild eines unverwundbaren und fernen Gottes aus. Du bist nicht unaufhaltsam in deiner Macht, sondern unbesiegbar in deiner Liebe, und du lehrst uns, dass Lieben bedeutet, die anderen eben bei jenen Schwächen zu unterstützen, für die sie sich schämen. Dann verwandeln sich Schwächen in Chancen. So geschah es dem Kyrenäer: Deine Schwäche veränderte sein Leben und er wird eines Tages erkennen, dass er seinem Retter beigestanden hat, dass er durch das Kreuz, das er trug, erlöst worden ist. Damit sich auch mein Leben verändert, bitte ich dich, Jesus: Hilf mir, meine Schutzschilde abzulegen und mich von dir lieben zu lassen; da, wo ich mich am meisten meiner selbst schäme.

Lasst uns gemeinsam beten: Jesus, heile mich!

Von aller Anmaßung der Selbstgenügsamkeit                                                         Jesus, heile mich!

Von dem Gedanken, es ohne dich und ohne die anderen zu schaffen                   Jesus, heile mich!

Von der Versessenheit zum Perfektionismus                                                           Jesus, heile mich!

Von meinem inneren Widerstand, dir mein Elend anzuvertrauen                           Jesus, heile mich!

Von meiner Eile, wenn ich unterwegs Bedürftigen begegne                                   Jesus, heile mich!

 

6. Veronika reicht Jesus das Schweißtuch

Gepriesen sei der Gott […] der Vater des Erbarmens und Gott allen Trostes. Er tröstet uns in all unserer Not, damit auch wir die Kraft haben, alle zu trösten, die in Not sind, […]. Wie uns nämlich die Leiden Christi überreich zuteilgeworden sind, so wird uns durch Christus auch überreicher Trost zuteil. (2 Kor 1,3-5).

Jesus, viele verfolgen das barbarische Spektakel deiner Hinrichtung und fällen, ohne dich zu kennen und ohne die Wahrheit zu kennen, Urteile. Sie verurteilen dich und begegnen dir mit Schmähung und Verachtung. Das geschieht auch heute, Herr, und dazu bedarf es nicht einmal eines makabren Festzugs. Es genügt eine Tastatur, um zu beleidigen und Urteile kundzutun. Doch während viele schreien und urteilen, bahnt sich eine Frau den Weg durch die Menge. Sie spricht nicht. Sie handelt. Sie schimpft nicht. Sie erbarmt sich. Sie schwimmt gegen den Strom: allein, mit dem Mut des Mitleids. Sie begibt sich aus Liebe in Gefahr, sie findet einen Weg, um zwischen den Soldaten hindurchzukommen, nur um deinem Antlitz den Trost einer Liebkosung zuteilwerden zu lassen. Ihre Geste wird in die Geschichte eingehen und es ist eine Gebärde des Trostes. Wie oft bitte ich dich um Trost, Jesus! Aber Veronika erinnert mich daran, dass auch du ihn brauchst: Du, der nahe Gott, bittest um meine Nähe; du, mein Tröster, willst von mir getröstet werden. Als ungeliebte Liebe suchst du auch heute noch in der Menge nach Herzen, die für dein Leiden, für deinen Schmerz sensibel sind. Du suchst wahre Beter, die im Geist und in der Wahrheit (vgl. Joh 4,23) bei dir, der verlassenen Liebe, bleiben (vgl. Joh 15). Jesus, entfache in mir das Verlangen, bei dir zu bleiben, dich anzubeten und dich zu trösten. Und mache, dass ich in deinem Namen für andere zum Trost werde.

Lasst uns gemeinsam beten: Mach mich zu einem Zeugen deines Trostes

Gott der Barmherzigkeit, du bist denen nahe, die ein verwundetes Herz haben

Mach mich zu einem Zeugen deines Trostes

Gott der Zärtlichkeit, der du mit uns fühlst

Mach mich zu einem Zeugen deines Trostes

Gott des Mitgefühls, du verabscheust die Gleichgültigkeit

Mach mich zu einem Zeugen deines Trostes

Der du traurig bist, wenn ich mit dem Finger auf andere zeige

Mach mich zu einem Zeugen deines Trostes

Der du nicht gekommen bist, um zu verurteilen, sondern um zu retten

Mach mich zu einem Zeugen deines Trostes

 

7. Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz

[Der jüngere Sohn] ging in sich und sagte: […] Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich […] versündigt. […] Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von Weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Da sagte der Sohn zu ihm: Vater, ich habe mich […] versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. Der Vater aber sagte […]: Dieser, mein Sohn, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden (Lk 15,17-18.20-22.24).

Jesus, das Kreuz wiegt schwer: Es trägt die Bürde der Niederlage, des Scheiterns, der Demütigung. Ich verstehe es, wenn ich mich von den Dingen erdrückt, vom Leben geplagt und von anderen missverstanden fühle; wenn ich das übermäßige und zermürbende Gewicht von Verantwortung und Arbeit spüre, wenn ich mich im Griff der Angst erdrückt fühle und von Melancholie überfallen werde, während ein erstickender Gedanke mir immer wieder sagt: Da kommst du nicht mehr raus, diesmal erhebst du dich nicht wieder. Aber es gibt Schlimmeres. Ich merke, dass ich den Tiefpunkt erreiche, wenn ich rückfällig werde: wenn ich in meine Fehler, in meine Sünden zurückfalle, wenn ich an anderen Anstoß nehme und dann feststelle, dass ich selbst nicht anders bin. Es gibt nichts Schlimmeres, als von sich selbst enttäuscht zu sein, erdrückt von Schuldgefühlen. Aber du, Jesus, bist mehrere Male unter der Last des Kreuzes gefallen, um mir beizustehen, wenn ich erneut falle. Mit dir endet die Hoffnung nie und nach jedem Sturz kann ich wieder aufstehen, denn wenn ich einen Fehler mache, wirst du meiner nicht müde, sondern bist mir noch näher. Ich danke dir, weil du auf mich wartest; danke, weil ich viele Male hinfalle und du mir unzählige Male vergibst: immer. Erinnere mich daran, dass Niederlagen zu entscheidenden Momenten des Weges werden können, weil sie mich dazu bringen, das Einzige zu verstehen, was zählt: dass ich dich brauche. Jesus, schreibe mir die wichtigste Gewissheit ins Herz: Dass ich mich nur dann wirklich wiederaufrichte, wenn du mich aufrichtest, wenn du mich von der Sünde befreist. Denn das Leben beginnt nicht mit meinen Worten neu, sondern mit deiner Vergebung.

Lasst uns gemeinsam beten: Jesus, richte mich wieder auf!

Wenn ich, durch Misstrauen gelähmt, traurig und niedergeschlagen bin

Jesus, richte mich wieder auf!

Wenn ich meine Unzulänglichkeit sehe und mich nutzlos fühle

Jesus, richte mich wieder auf!

Wenn ich mich schäme und Angst habe zu versagen

Jesus, richte mich wieder auf!

Wenn ich in die Versuchung gerate, die Hoffnung zu verlieren

Jesus, richte mich wieder auf!

Wenn ich vergesse, dass meine Stärke in deiner Vergebung liegt

Jesus, richte mich wieder auf!

 

8. Jesus begegnet den weinenden Frauen

Es folgte ihm eine große Menge des Volkes, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten (Lk 23,27).

Jesus, wer folgt dir auf deinem Kreuzweg bis zum Ende? Nicht die Mächtigen, die auf dem Kalvarienberg auf dich warten, nicht diejenigen, die aus der Ferne zuschauen, sondern die einfachen Menschen, die in deinen Augen groß und in den Augen der Welt gering sind. Es sind die Frauen, denen du Hoffnung geschenkt hast. Sie haben keine Stimme, aber sie verschaffen sich Gehör. Hilf uns, die Größe der Frauen zu erkennen, derjenigen, die dir an Ostern treu und nahe waren, die aber auch heute noch ausgegrenzt werden und Schmähungen und Gewalt erleiden. Jesus, die Frauen, denen du begegnest, schlagen sich an die Brust und beweinen dich. Sie beweinen nicht sich selbst, sondern sie weinen um dich, sie weinen über das Böse und die Sünde in der Welt. Ihr Gebet aus Tränen trifft dein Herz. Ist auch mein Gebet der Tränen fähig? Lasse ich mich von dir innerlich berühren, von dir, der du für mich gekreuzigt worden bist, von deiner gütigen und verwundeten Liebe? Beweine ich meine Verlogenheit und meine Wankelmütigkeit? Bleibt mein Herz angesichts der Tragödien in der Welt steinhart oder lässt es sich erweichen? Wie reagiere ich auf den Wahnsinn des Krieges, auf Kindergesichter, die nicht mehr lächeln können, auf Mütter, die sie unterernährt und hungrig sehen und keine Tränen mehr haben, die sie vergießen könnten? Du, Jesus, hast über Jerusalem geweint, du hast über unsere Hartherzigkeit geweint. Rüttle mich innerlich auf, gib mir die Gnade, beim Beten zu weinen und beim Weinen zu beten.

Lasst uns gemeinsam beten: Jesus, erweiche mein verhärtetes Herz

Der du die Geheimnisse des Herzens kennst                       Jesus, erweiche mein verhärtetes Herz

Der du über die Verstocktheit der Herzen trauerst             Jesus, erweiche mein verhärtetes Herz

Der du demütige und zerknirschte Herzen liebst                 Jesus, erweiche mein verhärtetes Herz

Der du Petrus´ Tränen durch Vergebung trocknest            Jesus, erweiche mein verhärtetes Herz

Der du unsere Klage in Gesang verwandelst                        Jesus, erweiche mein verhärtetes Herz

 

9. Jesus wird seiner Kleider beraubt

„Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen oder nackt und dir Kleidung gegeben? Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?“ Darauf wird der König ihnen antworten: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,37-40).

Jesus, das sind die Worte, die du vor deiner Passion gesprochen hast. Jetzt verstehe ich, dass du dich immer mit den Notleidenden identifizierst: Du wurdest gefangen genommen; du, ein Fremder, wurdest aus der Stadt geführt, um gekreuzigt zu werden; du bist nackt, deiner Kleider beraubt; du bist krank und verwundet; dich dürstet am Kreuz und du bist hungrig nach Liebe. Lass mich dich in den Leidenden erkennen und die Leidenden in dir, denn du bist gegenwärtig in denen, die ihrer Würde beraubt sind, in denen, die dir gleich, aus Überheblichkeit und Ungerechtigkeit gedemütigt werden, durch unfaire Gewinne, die in allgemeiner Gleichgültigkeit auf Kosten der Mitmenschen gemacht werden. Ich sehe dich an, Jesus, du bist deiner Kleider beraubt, und ich verstehe, dass du mich einlädst, mich vieler äußerlicher Dinge zu entledigen. Denn du schaust nicht auf den Schein, sondern auf das Herz. Und du willst kein steriles Gebet, sondern eines, das in der Liebe fruchtbar ist. Entblößter Gott, entblöße auch mich. Denn Reden ist einfach, aber liebe ich dich dann auch wirklich in den Armen, die dein verwundetes Fleisch sind? Bete ich für diejenigen, die ihrer Würde beraubt sind? Oder bete ich nur, um meine Bedürfnisse zu decken und mich in Sicherheit zu hüllen? Jesus, deine Wahrheit legt mich bloß und hilft mir, mich auf das zu konzentrieren, worauf es ankommt: auf dich, den Gekreuzigten und die gekreuzigten Brüder und Schwestern. Gib, dass ich das jetzt begreife, damit ich nicht ohne Liebe dastehe, wenn ich vor dich treten werde.

Lasst uns gemeinsam beten: Befreie mich, Herr Jesus!

Vom Hang zu Äußerlichkeiten                                                           Befreie mich, Herr Jesus!

Von dem Schutzschild der Gleichgültigkeit                                       Befreie mich, Herr Jesus!

Von dem Glauben, ich bräuchte anderen nicht zu helfen                Befreie mich, Herr Jesus!

Von einem Kult der Anständigkeit und der Äußerlichkeit                 Befreie mich, Herr Jesus!

Vom Glauben, dass alles in Ordnung ist, wenn es mir gut geht      Befreie mich, Herr Jesus!

 

10. Jesus wird an das Kreuz genagelt

Sie kamen an den Ort, der Schädelhöhe heißt; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher, den einen rechts von ihm, den andern links. Jesus aber betete: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lk 23,33-34).

Jesus, sie durchbohren deine Arme und Beine mit Nägeln und zerfleischen deinen Leib, und gerade jetzt, während der körperliche Schmerz am schlimmsten ist, kommt ein unvorstellbares Gebet über deine Lippen: Du vergibst denen, die dir die Nägel in die Handgelenke schlagen. Und das nicht nur einmal, sondern viele Male, wie das Evangelium berichtet, mit einem Verb, das eine wiederholte Handlung anzeigt. Du sagtest: „Vater, vergib ihnen“. So kann auch ich mit dir, Jesus, den Mut finden, den Weg der Vergebung zu wählen, die das Herz befreit und das Leben wieder erneuert. Herr, es genügt dir nicht, uns zu vergeben, du rechtfertigst uns auch vor dem Vater: Sie wissen nicht, was sie tun. Du verteidigst uns, machst dich zu unserem Anwalt, du trittst für uns ein. Jetzt, da deine segnenden und heilenden Hände festgenagelt sind, und deine Füße, mit denen du frohe Kunde gebracht hast, nicht mehr gehen können, zeigst du uns in deiner Ohnmacht die Allmächtigkeit des Gebets. Auf dem Gipfel von Golgotha enthüllst du uns die Größe des fürbittenden Gebets, das die Welt rettet. Jesus, gib, dass ich nicht nur für mich und meine Lieben bete, sondern auch für jene, die mich nicht lieben und die mir wehtun; dass ich gemäß deinem Herzenswunsch für diejenigen bete, die fern sind von dir; dass ich für jene Sühne leiste und bete, die dich ignorieren und so nicht die Freude kennen, dich zu lieben und von dir Vergebung zu erlangen.

Lasst uns gemeinsam beten: Vater, hab Erbarmen mit uns und mit der ganzen Welt

Aufgrund des schmerzhaften Leidens Jesu  Vater, hab Erbarmen mit uns und mit der ganzen Welt

Aufgrund der Macht seiner Wunden             Vater, hab Erbarmen mit uns und mit der ganzen Welt Aufgrund seiner Vergebung am Kreuz   Vater, hab Erbarmen mit uns und mit der ganzen Welt Aufgrund derer, die wegen deiner Liebe vergeben

Vater, hab Erbarmen mit uns und mit der ganzen Welt

Aufgrund der Fürsprache all derer, die glauben, anbeten, hoffen und dich lieben

Vater, hab Erbarmen mit uns und mit der ganzen Welt

 

11. Jesus schreit seine Verlassenheit heraus

Von der sechsten Stunde an war Finsternis über dem ganzen Land bis zur neunten Stunde. Um die neunte Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme: „Eli, Eli, lema sabachtani?“, das heißt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,45-46).

Jesus, welch ungeheuerliches Gebet: Laut schreist du zum Vater aus deiner Verlassenheit. Du, Gott des Himmels, gibst keine dröhnenden Antworten, sondern du fragst: Warum? Auf dem Höhepunkt deines Leidensweges fühlst du dich fern vom Vater und du nennst ihn auch nicht mehr Vater, wie sonst, sondern Gott, fast so, als könntest du sein Gesicht nicht mehr erkennen. Warum dies? Um bis in die abgründigen Tiefen unseres Schmerzes einzutauchen. Du hast das für mich getan, damit ich, wenn ich nur noch Dunkelheit sehe und erlebe, dass Gewissheiten einstürzen und mein Leben Schiffbruch erleidet, mich nicht mehr allein fühle, sondern daran glauben kann, dass du dann bei mir bist: du, Gott der Gemeinschaft, der du die Verlassenheit spürst, um mich nicht länger in der Geiselhaft der Einsamkeit zu belassen. Als du dein Warum herausgerufen hast, da hast du dies mit einem Psalm getan: So ließest du selbst die größte Verzweiflung zum Gebet werden. Das also ist in den Stürmen des Lebens zu tun: statt zu schweigen und die Gefühle zu unterdrücken, sollte man zu dir rufen. Ehre sei dir, Herr Jesus, denn du bist nicht vor meiner Verlorenheit geflohen, sondern hast dich selbst in sie hineinbegeben; Lob und Ehre sei dir, indem du alle Ferne auf dich genommen hast, bist du denen nahegekommen, die am weitesten von dir entfernt sind. Und im Dunkel meiner Fragen finde ich dich wieder, Jesus, du Licht in der Nacht. Und in dem Schreien so vieler Einsamer und Ausgeschlossener, Unterdrückter und Verlassener sehe ich dich wieder, mein Gott: Lass mich dich erkennen und dich lieben.

Lasst uns gemeinsam beten: Jesus, lass mich dich erkennen und lieben

In den ungeborenen und verlassenen Kindern                    Jesus, lass mich dich erkennen und lieben

In den vielen jungen Menschen, die darauf warten, dass jemand ihren Schmerzensschrei hört

Jesus, lass mich dich erkennen und lieben

In den vielen verlassenen alten Menschen

Jesus, lass mich dich erkennen und lieben

In den Gefangenen und Einsamen

Jesus, lass mich dich erkennen und lieben

In den ausgebeuteten und vergessenen Völkern

Jesus, lass mich dich erkennen und lieben

 

12. Jesus stirbt. Er überlässt sich ganz dem Vater und dem guten Schächer eröffnet er das Paradies

Einer der Verbrecher [am Kreuz] sagte: „Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ Jesus antwortete ihm: „Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“. Und Jesus rief mit lauter Stimme: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“. Mit diesen Worten hauchte er den Geist aus (Lk 23,42-43, 46).

Jesus, ein Übeltäter im Paradies! Er vertraut sich dir an, und du vertraust ihn zusammen mit dir dem Vater an. Gott des Unmöglichen, du machst aus einem Dieb einen Heiligen. Und nicht nur das: Auf dem Kalvarienberg änderst du den Lauf der Geschichte. Du machst aus dem Kreuz, dem Symbol der Todesqual, eine Ikone der Liebe; aus der Mauer des Todes eine Brücke zum Leben. Du verwandelst Dunkelheit in Licht, Trennung in Gemeinschaft, Schmerz in Tanz und sogar das Grab, die letzte Station des Lebens, in einen Ausgangspunkt für die Hoffnung. Doch diese Umwandlungen vollbringst du zusammen mit uns, niemals ohne uns. Jesus, denk an mich: Dieses aufrichtige Gebet hat es dir erlaubt, im Leben jenes Übeltäters Wunder zu wirken. Unermessliche Macht des Gebets. Manchmal denke ich, dass mein Gebet nicht erhört wird; doch es kommt darauf an, beharrlich zu bleiben, beständig zu sein und nicht zu vergessen, dir zu sagen: „Jesus, denk an mich“. Denk an mich, und meine Boshaftigkeit wird nicht mehr das Ende sein, sondern ein neuer Ausgangspunkt. Denk an mich: Nimm mich also wieder in dein Herz auf, auch wenn ich mich entferne, wenn ich mich im „Hamsterrad“ des Lebens verliere. Denk an mich, Jesus, denn wenn du an jemanden denkst – das zeigt der gute Schächer – bedeutet das, ins Paradies einzutreten. Erinnere mich vor allem daran, dass mein Gebet die Geschichte verändern kann.

Lasst uns gemeinsam beten: Jesus, denk an mich

Wenn die Hoffnung schwindet und Enttäuschung herrscht                        Jesus, denk an mich

Wenn ich nicht in der Lage bin, eine Entscheidung zu treffen                    Jesus, denk an mich

Wenn ich den Glauben an mich selbst und an andere verliere                   Jesus, denk an mich

Wenn ich die Größe deiner Liebe aus den Augen verliere                           Jesus, denk an mich

Wenn ich den Eindruck habe, dass mein Gebet nutzlos ist                         Jesus, denk an mich

 

13. Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt

Und Simeon […] sagte zu Maria, der Mutter Jesu: „Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele zu Fall kommen und aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird, - und deine Seele wird ein Schwert durchdringen“ (Lk 2,33-35).

Maria, nach deinem „Ja“ ist das Wort in deinem Schoß Fleisch geworden; jetzt liegt sein geschundener Leib in deinem Schoß. Das Kind, das du in deinen Armen gehalten hast, ist ein entstellter Leichnam. Doch auch jetzt, im schmerzlichsten Moment, leuchtet dein Opfer auf: Ein Schwert durchdringt deine Seele, und dein Gebet ist weiterhin ein „Ja“ zu Gott. Maria, wir sagen selten „Ja“ und oft „Wenn“: Wenn ich bessere Eltern gehabt hätte, wenn ich besser verstanden und mehr geliebt worden wäre, wenn meine Karriere besser verlaufen wäre, wenn es dieses Problem nicht gäbe, wenn ich bloß nicht mehr leiden würde, wenn Gott mich erhören würde... Ständig fragen wir uns, warum Dinge geschehen, und so fällt es uns schwer, die Gegenwart liebevoll zu leben. Du hättest so viele „Wenn“, die du Gott sagen könntest, aber du sagst weiterhin „Ja“. Stark im Glauben bist du gewiss, dass ein von Liebe durchwobener Schmerz Früchte des Heils trägt; dass das Leiden bei Gott nicht das letzte Wort hat. Und während du den leblosen Jesus in deinen Armen hältst, klingen seine letzten Worte an dich in dir nach: Siehe, dein Sohn. Mutter, ich bin dieser Sohn! Nimm mich in deine Arme und beuge dich über meine Wunden. Hilf mir, „Ja“ zu sagen zu Gott, „Ja“ zur Liebe. Mutter des Erbarmens, wir leben in einer unerbittlichen Zeit und wir brauchen Mitgefühl: Du, liebevoll und stark, salbe uns mit Sanftmut: Löse die Widerstände des Herzens und die Wirrsale der Seele.

Lasst uns gemeinsam beten: Nimm mich bei der Hand, Maria

Wenn ich mich in Klagen und Selbstmitleid verfalle

Nimm mich bei der Hand, Maria

Wenn ich aufhöre zu kämpfen und mich mit meinen Lügen abfinde

Nimm mich bei der Hand, Maria

Wenn ich zögere und nicht den Mut finde, zu Gott „Ja“ zu sagen

Nimm mich bei der Hand, Maria

Wenn ich nachsichtig mit mir bin und unnachgiebig gegenüber anderen

Nimm mich bei der Hand, Maria

Wenn ich will, dass die Kirche und die Welt sich verändern, aber ich mich nicht ändere

Nimm mich bei der Hand, Maria

 

14. Jesus wird in das Grab des Josef von Arimathäa gelegt

Gegen Abend kam ein reicher Mann aus Arimathäa namens Josef; auch er war ein Jünger Jesu. Er ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. […] Josef nahm den Leichnam und hüllte ihn in ein reines Leinentuch. Dann legte er ihn in ein neues Grab, das er für sich selbst in einen Felsen hatte hauen lassen (Mt 27,57-60).

Josef, der zusammen mit Maria am Beginn von Weihnachten steht, steht auch am Anfang des Osterereignisses. Josef von Nazaret träumte und nahm Jesus mutig mit sich, um ihn vor Herodes zu retten; du, Josef von Arimathäa, nimmst seinen Leichnam mit, nicht wissend, dass ein unmöglicher und wunderbarer Traum genau dort wahr werden wird, in dem Grab, das du Christus geschenkt hast, als du dachtest, er könne nichts mehr für dich tun. Doch es ist wahr, dass man für jedes Geschenk, das man Gott macht, überreich entlohnt wird. Josef von Arimathäa, du bist der Prophet des kühnen Mutes. Um einem Toten ein Geschenk zu machen, gehst du zu dem gefürchteten Pilatus und bittest ihn, um Jesus das Grab schenken zu können, das du für dich selbst bauen hast lassen. Dein Gebet ist beharrlich, und den Worten folgen Taten. Josef, erinnere uns daran, dass das beharrliche Gebet Früchte trägt und gar das Dunkel des Todes durchdringt; dass die Liebe nicht unerwidert bleibt, sondern neue Anfänge schenkt. Dein Grab, das – einmalig in der Geschichte – eine Quelle des Lebens sein wird, war neu, frisch aus dem Felsen gehauen. Und ich, was schenke ich Jesus an diesem Osterfest Neues? Ein wenig Zeit, um bei ihm zu sein? Ein wenig Liebe für die Mitmenschen? Meine begrabenen Ängste und Nöte, von denen Christus erwartet, dass ich sie ihm anbiete, wie du es mit dem Grab getan hast? Es wird wahrhaftig Ostern sein, wenn ich etwas von mir demjenigen schenke, der für mich sein Leben hingegeben hat. Denn wenn wir geben, empfangen wir; denn zum Leben finden wir, wenn wir es verlieren, und wir besitzen es, wenn wir es hingeben.

Lasst uns gemeinsam beten: Hab Erbarmen, Herr

Mit mir, der ich zu träge bin mich zu bekehren

Hab Erbarmen, Herr

Mit mir, der ich sehr gern empfange und weniger gern gebe

Hab Erbarmen, Herr

Mit mir, der ich unfähig bin, mich deiner Liebe zu ergeben

Hab Erbarmen, Herr

Mit uns, die wir uns bereitwillig der Dinge bedienen, aber nur zögerlich anderen dienen

Hab Erbarmen, Herr

Mit unserer Welt, die voll ist von den Gräbern des Egoismus

Hab Erbarmen, Herr

 

Schlussanrufungen (der Name Jesu, 14 Mal)

Herr, wir beten zu dir wie die Bedürftigen, die Gebrechlichen und die Kranken im Evangelium, die dich mit dem einfachsten und vertrautesten Wort anrufen: mit deinem Namen.

Jesus, dein Name rettet, denn du bist unser Heil.

Jesus, du bist mein Leben, und um mich auf meinem Weg nicht zu verirren, brauche ich dich, der du vergibst und aufrichtest, der du mein Herz heilst und meinem Schmerz einen Sinn verleihst.

Jesus, du hast meine Sünden auf dich genommen, und vom Kreuz aus zeigst du nicht mit dem Finger auf mich, sondern umarmst mich; der du gütig und von Herzen demütig bist, heile mich von Missgunst und Groll, befreie mich von Argwohn und Misstrauen.

Jesus, ich schaue auf dich am Kreuz und sehe vor meinen Augen die Liebe aufgehen, den Sinn meines Daseins und das Ziel meines Weges: Hilf mir zu lieben und zu verzeihen sowie Ungeduld und Gleichgültigkeit zu überwinden und nicht zu klagen.

Jesus, am Kreuz bist du durstig, und es dürstet dich nach meiner Liebe und meinem Gebet; damit willst du deine Pläne des Guten und des Friedens zur Vollendung zu bringen.

Jesus, ich danke dir für diejenigen, die deiner Einladung folgen und ausdauernd sind im Gebert; die den Mut haben, zu glauben, und die Beständigkeit, trotz aller Schwierigkeiten weiterzugehen.

Jesus, ich bringe dir die Hirten deines heiligen Volkes: Ihr Gebet gibt der Herde Halt; lass sie Zeit finden, vor dir zu stehen, lass sie ihr Herz dem deinen gleichgestalten.

Jesus, ich preise dich für die kontemplativen Ordensleute, deren Gebet, verborgen vor der Welt und dir wohlgefällig, die Kirche und die Menschheit beschützt.

Jesus, ich bringe die Familien und die Menschen vor dich, die heute Abend von zuhause aus gebetet haben, die Alten, besonders die Alleinstehenden, die Kranken, jene Edelsteine der Kirche, die ihre Leiden mit den deinen vereinen.

Jesus, dieses Fürbittgebet möge die Schwestern und Brüder erreichen, die in so vielen Teilen der Welt um deines Namens willen Verfolgung erleiden; diejenigen, die unter dem Drama des Krieges leiden, und diejenigen, die in dir Kraft schöpfen und schwere Kreuze tragen.

Jesus, durch dein Kreuz hast du uns alle eins werden lassen: Halte die Gläubigen in der Gemeinschaft zusammen, hilf uns, geschwisterlich und geduldig zu sein, zusammenzuarbeiten und miteinander unterwegs zu sein; bewahre die Kirche und die Welt im Frieden.

Jesus, heiliger Richter, der du mich beim Namen rufen wirst, befreie mich von vorschnellen Urteilen, von Klatsch und von verletzenden und beleidigenden Worten.

Jesus, bevor du stirbst, sagst du: „Es ist vollbracht“. In meiner Unvollkommenheit werde ich das nicht sagen können; doch ich vertraue auf dich, denn du bist meine Hoffnung, die Hoffnung der Kirche und der Welt.

Jesus, ein Wort möchte ich dir noch sagen und es immerzu wiederholen: Danke! Ich danke dir, mein Herr und mein Gott.

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29. März 2024, 12:00