Generalaudienz: Papst hält Rückschau auf Marseille-Besuch
Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
Auf dem Petersplatz wurde Franziskus von Klängen begrüßt, die für einen Argentinier eher ungewöhnlich sein dürften: während der Papst unter strahlendem Sonnenschein im offenen Papamobil noch eine Runde drehte, sorgte der Chor des Jodelclubs Wülfingen für stimmungsvolle musikalische Begleitung. Unterstützt wurde er von einem tschechischen Jugendchor, der am Fest des Nationalheiligen Wenzel mit einer Delegation nach Rom gekommen war. Das übliche Programm bereichernd, nahm daher diese Woche erstmals auch ein tschechischer Lektor an der Generalaudienz teil.
Auf das Treffen, das den Dialog und die Verständigung zwischen den Anrainerstaaten des Mittelmeers fördern soll zurückblickend, gab Franziskus seinem Wunsch Ausdruck, diese Region möge „ihre Berufung wiederfinden, Werkstatt der Zivilisation und des Friedens zu sein.“
„Das Mittelmeer ist, wie wir wissen, eine Wiege der Zivilisation, und eine Wiege steht für Leben! Es ist nicht hinnehmbar, dass es zu einem Grab, einem Ort des Konflikts wird. Das Mittelmeer ist das, was dem Zusammenprall der Zivilisationen, dem Krieg, dem Menschenhandel am meisten entgegensteht. Es ist das genaue Gegenteil, denn das Mittelmeer verbindet Afrika, Asien und Europa, Nord und Süd, Ost und West, Menschen und Kulturen, Völker und Sprachen, Philosophien und Religionen,“ beschrieb der Papst die Herausforderungen, vor denen wir angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen stehen, die nach Europa strömen.
In diesem Zusammenhang zitierte Franziskus den heiligen Papst Paul V., der bereits in seiner Enzyklika zur „Schaffung einer menschlicheren Welt für alle“ aufgerufen hatte. Einer Welt, „wo alle geben und empfangen können, ohne dass der Fortschritt der einen ein Hindernis für die Entwicklung der anderen ist“ (Nr. 44).
Wir müssten uns also fragen, ob wir den Migranten mit Gleichgültigkeit oder im Geist der Geschwisterlichkeit begegnen wollten. Und dabei helfe uns der Blick auf den Menschen und der Blick der Hoffnung, gab der Papst zu bedenken.
Menschen müssen in voller Würde entscheiden können, ob sie auswandern wollen oder nicht...
„Das ist heute erstaunlich: Wenn man Zeugen zuhört, die unmenschliche Situationen erlebt oder miterlebt haben, und dann gerade diese Menschen ein Bekenntnis der Hoffnung ablegen. Das ist auch ein Blick der Geschwisterlichkeit. Und diese Geschwisterlichkeit kann und darf nicht „verpuffen“ – im Gegenteil, sie muss sich organisieren, in lang-, mittel- und kurzfristigen Aktionen Gestalt annehmen. Und das bedeutet, darauf hinzuwirken, dass Menschen in voller Würde entscheiden können, ob sie auswandern wollen oder nicht.“
Hier käme die Hoffnung ins Spiel, betonte Franziskus mit Blick besonders auf die junge Generation.
Die Krankheit des Individualismus und des Konsumismus
„Wie sollen junge Menschen, denen es an Hoffnung fehlt, die nur auf sich selbst konzentriert sind und mit ihrer eigenen Unsicherheit zu kämpfen haben, offen sein für die Begegnung und den Austausch mit anderen?,“ fragte der Papst.
Unsere an Individualismus, Konsumismus und leerer Realitätsflucht erkrankten Gesellschaften müssten sich öffnen – erst dann könnten sie die Krise als Chance begreifen und ihr positiv begegnen.
„Möge die Gottesmutter, die von den Bürgern Marseilles als „Notre Dame de la Garde“ verehrt wird, den Weg der Völker des Mittelmeers begleiten, damit diese Region wieder zu dem wird, wozu sie schon immer berufen war: ein Mosaik der Zivilisation und der Hoffnung,“ so der abschließende Wunsch von Papst Franziskus.
(vaticannews - skr)
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