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Franziskus bei seiner Ankunft im Stadion Franziskus bei seiner Ankunft im Stadion

Marseille: Papst hofft auf einen „Ruck des Glaubens“

Papst Franziskus setzt auf einen neuen Frühling des Christentums in Frankreich und Europa. Das sagte er an diesem Samstag bei einer großen Messfeier in Marseille.

Vor 67.000 Menschen erinnerte der Papst im Stadion der französischen Hafenstadt daran, dass Frankreichs Geschichte „reich an Heiligkeit, Kultur, Künstlern und Denkern“ sei. Das habe viele Generationen inspiriert. „Auch heute braucht unser Leben, das Leben der Kirche, das Leben Frankreichs und Europas dies: die Gnade eines Rucks, eines neuen Rucks des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung.

Wörtlich sagte Franziskus: „Wir müssen die Leidenschaft und den Enthusiasmus wiederfinden, den Geschmack am Engagement für die Geschwisterlichkeit wiederentdecken, erneut das Wagnis der Liebe in den Familien und gegenüber den Schwächsten eingehen und im Evangelium eine Gnade auffinden, die das Leben verwandelt und schön macht.“

Multikulti-Fürbitten

Die Messe in dem Multifunktions-Stadion, das von überall in der Stadt aus sichtbar ist und in dem häufig die städtische Fußballelf Olympique Marseille antritt, war der Schluss- und wohl auch der Höhepunkt der knapp dreißigstündigen Reise des Papstes in Frankreichs älteste und zweitgrößte Stadt. 800 Chorsänger, 700 Priester und 150 Bischöfe – letztere nicht nur aus Frankreich, sondern aus dem ganzen Mittelmeerraum – nahmen an der Feier teil. Hauptzelebrant war Kardinal Jean-Marc Avéline; der Papst stand der Messe vor.

Fürbitten wurden unter anderem auf Spanisch, Armenisch, Türkisch und Arabisch vorgetragen – ein Beleg für den Multikulti-Charakter von Marseille, wo über achtzig Prozent der Einwohner einen „Migrationshintergrund“ haben. Am Samstagvormittag hat Franziskus an der Schlusssitzung einer Mittelmeerkonferenz teilgenommen, die sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Migration beschäftigt hat.

Streit um Macrons Teilnahme an Papstmesse

Auch der französische Präsident Emmanuel Macron, der dem Papst am Morgen einen Empfang in einem Palast am Mittelmeer ausgerichtet hatte, ließ es sich nicht nehmen, zur Messfeier des Papstes ins Stadion zu kommen. Dafür musste „Monsieur le Président“ Kritik aus dem politisch linken Lager in Paris einstecken, das ihm einen Verstoß gegen das Laizitäts-Prinzip des französischen Staates vorwarf. Der Elysée-Palast hielt dem entgegengehalten, das „laicité“-Gesetz von 1905 schließe nicht aus, dass Repräsentanten des Staates Beziehungen zu religiösen Gruppen unterhalten. Übigens nahm auch Christine Lagarde, die erste Frau auf dem Chefsessel der Europäischen Zentralbank (EZB), an der Messe von Marseille teil.

In seiner Predigt beschäftigte sich Papst Franziskus mit der biblischen Erzählung vom Besuch Mariens bei Elisabeth (vgl. Lk 1,39-45). „In diesen beiden Frauen, Maria und Elisabet, erweist sich Gottes Kommen zu den Menschen: Die eine ist jung und die andere alt, die eine ist Jungfrau und die andere unfruchtbar, und doch sind beide auf ‚unmögliche‘ Weise schwanger.“ Hier werde ersichtlich, dass Gott auch Unmögliches möglich mache.

Nicht gleichgültig bleiben angesichts der Leidenden

„Brüder und Schwestern, fragen wir uns aufrichtig: Glauben wir, dass Gott in unserem Leben am Werk ist? Glauben wir, dass der Herr auf verborgene und oft unvorhersehbare Weise in der Geschichte handelt, Wunder wirkt und auch in unseren Gesellschaften, die von einem weltlichen Säkularismus und einer gewissen religiösen Gleichgültigkeit geprägt sind, am Werk ist?“

Elisabeth sei vom Besuch Mariens „ergriffen“ gewesen: Das sei „das Gegenteil eines stumpfen, kalten Herzens, das sich im ruhigen Leben eingerichtet hat, das mit Gleichgültigkeit gepanzert ist und undurchdringbar wird, das sich verhärtet“. Der Papst warnte vor Gleichgültigkeit und Verhärtung gegenüber Migranten, ungeborenen Kindern oder einsamen alten Menschen. „An all dem kann man in unserer europäischen Gesellschaft krank werden: Zynismus, Enttäuschung, Resignation, Unsicherheit, ein allgemeines Gefühl der Traurigkeit.“

„Wir wollen Christen sein, die beben“

So wie Elisabeth bei Mariens Besuch das Kommen des Herrn gespürt habe, sollten gläubige Menschen die Anwesenheit Gottes in der Welt wahrnehmen und sich angesichts der Herausforderungen der Gesellschaft voller „Leidenschaft“ engagieren, um „eine neue Welt aufzubauen“. „Gott ist Beziehung, und er kommt oft in menschlichen Begegnungen zu uns, wenn wir es verstehen, uns dem anderen zu öffnen, wenn wir uns für das Leben derer interessieren, die täglich an uns vorbeigehen, und wenn unsere Herzen nicht teilnahmslos und unempfindlich gegenüber den Wunden der Schwächsten bleiben.“

Das gelte auch, ja gerade in europäischen Ländern wie Frankreich, in denen verschiedene Kulturen und Religionen zusammenlebten. „Wir wollen Christen sein, die Gott im Gebet und ihren Brüdern und Schwestern in Liebe begegnen; Christen, … die beben, die das Feuer des Geistes aufnehmen und sich dann von den Fragen von heute verzehren lassen, von den Herausforderungen des Mittelmeerraums, vom Schrei der Armen, von den ‚heiligen Utopien‘ der Geschwisterlichkeit und des Friedens, die darauf warten, verwirklicht zu werden.“

(vatican news – sk)

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23. September 2023, 17:00