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Papst Franziskus Papst Franziskus 

Papstinterview: „Wer mit Jugend nur über Keuschheit redet, vergrault alle"

Papst Franziskus hat erneut für eine umsichtige Jugendpastoral in der Kirche geworben. Man liege falsch, wenn man eine bloß sexualmoralische Sicht auf den Weg habe, den junge Menschen zu gehen hätten, sagte er in einem langen Interview mit der spanischen katholischen Zeitschrift Vida Nueva, in dem es auch um eine Reihe anderer Themen ging.

Franziskus verwies auf eine erfolgreiche Jugend-Sozialaktion in seiner Heimatstadt Buenos Aires, die nach wie vorstattfinde. Dabei schwärmen junge Menschen aus, um Obdachlosen zu helfen, zuvor hören sie einen Abschnitt aus dem Evangelium und beten. Ein Priester habe die Aktion einmal als „Zeitverschwendung“ bezeichnet, weil die Jugendlichen danach miteinander schlafen würden. „Ich sagte ihm, er solle sich nicht in solche Angelegenheiten einmischen“, erklärte der Papst, man müsse den jungen Leuten Freiraum lassen, Jugendseelsorge sei langfristig angelegt.

„Wenn wir sie heute dazu erziehen, sich für die Armen zu engagieren, ist das eine Saat für die Zukunft und wird alles andere beeinflussen“, zeigte sich der Papst überzeugt. Einzig (sexual-)moralische Maßstäbe anzulegen, sei verkehrt. „Wenn man eine Gruppe junger Menschen zusammenbringt, die nichts mit der Kirche zu tun haben, und sie für etwas zusammenbringt, das sie anspricht und das ihnen gefällt, bringt man sie näher an Jesus und das Evangelium. Aber wenn man mit ihnen nur über die Keuschheit redet, vergrault man sie alle!“, sagte Franziskus. Das sei „eine ideologische Pastoral“, die jungen Menschen schade. Kluge Jugendseelsorger nutzten stattdessen „die Sprache der Hände“ und „die Sprache der Beine“, also das gemeinsame Tun und das gemeinsame Gehen.

Reformen und die Frage eines Dritten Konzils

„Vida Nueva“ veröffentlichte das Interview an diesem Freitag, während Franziskus beim katholischen Weltjugendtag in Portugal etliche hunderttausend junge Menschen trifft. Die spanischen Medienschaffenden befragten den Papst darin auch über eine Reihe anderer Themen wie Migration, Friedensverhandlungen für die Ukraine, die bevorstehende Weltsynode und ein eventuelles Drittes Vatikanisches Konzil und seine Reisepläne.

Mit Blick auf Reformen der Kirche vermerkte Franziskus, die Zeit sei nicht reif für ein Drittes Vatikanischen Konzil. Das Zweite Vatikanische Konzil, das 1962-1965 stattfand, sei bis heute nicht „in Gang gesetzt" worden. Außerdem wies der Papst den Verdacht zurück, mit der Weltsynode wolle sich die katholische Kirche den Altkatholiken angleichen, bei denen verheiratete Männer und Frauen Priester werden können.

Deutscher Synodaler Weg: Zu viel Eile, zu wenig Evangelium

Eine besondere Gefahr sieht Franziskus beim Anliegen der Reform der katholischen Kirche darin, das Evangelium auszublenden, um rasch zu Lösungen zu kommen. Dieser Versuchung sei der Synodalen Weg in Deutschland erlegen. „Manchmal wird die Kirche in ihrem Wunsch, ein ,Feldlazarett´ zu sein, zu voreilig und macht einen Fehler, weil sie zu schnell ist“, erklärte Franziskus. „So geraten wir in eine Schieflage, in der wir eine Lösung anbieten, die in der Richtung richtig ist, aber die Lösungen sind nicht aus der Betrachtung des Evangeliums heraus entstanden“, sondern „aus dem gesunden Menschenverstand, den menschlichen Möglichkeiten“. Franziskus räumte ein, er verstehe das Problem, dass enttäuschte Gläubige aus der Kirche austreten. Ohne die Inspiration des Evangeliums sei aber eine Reform der Kirche nicht durchführbar.

Reise in den Kosovo

In große europäische Länder werde er erst reisen, wenn er alle kleinen besucht habe, sagte der 86 Jahre alte Papst. Gearbeitet werde an einer Reise in den Kosovo, das sei aber noch nicht fix. Argentinien stehe weiterhin auf dem Programm, vielleicht „nach dem Wahljahr“, bestätigte Franziskus; viele Beobachter registrieren aufmerksam, dass er sein Heimatland in zehn Jahren als Papst noch nicht besucht hat. Auch Uruguay habe er im Blick.

Zur Beendigung des Ukraine-Kriegs sagte der Papst, der Vatikan führe eine Reihe von Initiativen durch, eine „Friedensoffensive“, unter anderem unter Mithilfe seines Sondergesandten Kardinal Matteo Zuppi, der jüngst Moskau besucht hatte. Der wichtigste Erfolg, den er sehe, betreffe die Rückkehr entführter ukrainischer Kinder aus Russland, erklärte Franziskus.

(vatican news - gs)

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04. August 2023, 13:40