Angelus am Stefanitag: Die Katechese im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, ein gutes Fest!
Gestern haben wir das Hochfest der Geburt des Herrn gefeiert, und die Liturgie, die uns helfen soll, ihn besser zu empfangen, verlängert die Dauer dieses Festes bis zum 1. Januar: um acht Tage. Überraschenderweise schließen diese Tage auch das Gedenken einiger dramatischer Märtyrer-Heiligen ein. Heute zum Beispiel den ersten christlichen Märtyrer Stephanus; übermorgen die Unschuldigen Kinder, die von König Herodes getötet wurden, weil er befürchtete, dass Jesus ihm den Thron streitig machen könne (vgl. Mt 2,1-18). Die Liturgie scheint uns also von der Welt der Lichter, der Schlemmerei und der Geschenke wegführen zu wollen, von der wir uns in diesen Tagen vielleicht nur allzu gern einlullen lassen. Doch warum?
Weil Weihnachten nicht das Märchen von der Geburt eines Königs ist, sondern das Kommen des Erlösers, der uns vom Bösen befreit, indem er unser Böses auf sich nimmt: Egoismus, Sünde und Tod. Das sind unsere Übel: der Egoismus, den wir in uns tragen. die Sünde - denn wir sind alle Sünder -, und der Tod. Und die Märtyrer sind Jesus am ähnlichsten. Das Wort Märtyrer bedeutet ja auch Zeuge: Märtyrer sind Zeugen, das heißt Brüder und Schwestern, die uns durch ihr Leben Jesus zeigen, der das Böse mit der Barmherzigkeit besiegt hat. Und auch in unserer Zeit gibt es viele Märtyrer. Heute mehr als früher. Heute beten wir für diese verfolgten Brüder und Schwestern, für diese Märtyrer, die Zeugnis ablegen für Christus. Aber fragen wir uns: Legen wir Zeugnis ab für Christus? Und wie können wir uns besser Zeugnis ablegen für Christus? Ein Blick auf den heiligen Stephanus kann hier hilfreich sein.
Die Apostelgeschichte berichtet zunächst, dass er einer der sieben Diakone war, die die Jerusalemer Gemeinde für den Dienst an den Tischen, also für die Werke der Nächstenliebe geweiht hatte (vgl. 6,1-6). Und das bedeutet, dass er sein erstes Zeugnis nicht in Worten gegeben hat, sondern durch die Liebe, mit der er sich in den Dienst der Bedürftigen stellte. Doch Stephanus hat sich nicht nur auf diese Art der Hilfe beschränkt. Denen, die er traf, erzählte er von Jesus: Er teilte seinen Glauben im Licht des Wortes Gottes und der Lehre der Apostel (vgl. Apg 7,1-53.56). Denn das ist die zweite Dimension seines Zeugnisses: das Wort annehmen und seine Schönheit weitergeben; erzählen, wie die Begegnung mit Jesus das Leben verändert. Das war Stephanus so wichtig, dass er sich nicht einmal von den Drohungen seiner Verfolger einschüchtern ließ, auch nicht, als er sah, dass sich die Dinge für ihn zum Schlechten wendeten (vgl. V. 54). Nächstenliebe und Verkündigung: das war Stephanus. Sein größtes Zeugnis bestand jedoch in etwas anderem: dass er es verstanden hat, Nächstenliebe und Verkündigung zu vereinen. Und dieses Zeugnis hat er uns im Moment seines Todes hinterlassen, als er – wie Jesus – seinen Mördern vergeben hat (vgl. V. 60; Lk 23,34). Nächstenliebe, Verkündigung, Vergebung.
Unsere Antwort auf die Frage lautet also: Durch Nächstenliebe unseren Brüdern und Schwestern gegenüber, durch Treue zum Wort Gottes und durch die Vergebung können wir unser Zeugnis verbessern. Nächstenliebe, Wort, Vergebung. An der Vergebung zeigt sich, ob wir wirklich Nächstenliebe üben und das Wort Jesu leben. Die Vergebung ist in der Tat ein größeres Geschenk, ein Geschenk, das wir anderen machen, weil wir zu Jesus gehören und er uns vergeben hat. Ich vergebe, weil mir vergeben wurde, und das vergessen wir... Denken wir - ein jeder von uns - darüber nach, wie es um unsere Fähigkeit zum Vergeben steht, in diesen Tagen, in denen wir vielleicht auch Menschen begegnen, mit denen wir uns nicht verstehen, die uns verletzt haben und mit denen wir uns nie versöhnt haben. Bitten wir den neugeborenen Jesus um eine Neuheit: die Neuheit eines Herzens, das zur Vergebung fähig ist. Wir alle brauchen ein Herz, das vergibt. Bitten wir den Herrn um diese Gnade: Herr, lehre mich, zu vergeben; bitten wir um die Kraft, für die zu beten, die uns übel mitgespielt, uns verletzt haben - und darum, Zeichen der Offenheit und der Versöhnung zu setzen. Der Herr schenke uns heute diese Gnade.
Maria, Königin der Märtyrer, hilf uns, in der Nächstenliebe, in der Liebe zum Wort und in der Vergebung zu wachsen.
(vaticannews - übersetzung: silvia kritzenberger)
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