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Papst Franziskus mit Ordensschwestern Papst Franziskus mit Ordensschwestern 

Papst: „Alle Getauften haben das Recht, etwas für die Kirche zu tun“

Frauen in Spitzenämter der Kirchenverwaltung zu berufen, ist keine „feministische Mode“, sondern ein „Akt der Gerechtigkeit“. Das sagte Franziskus in einem ausführlichen Interview mit TVI/CNN Portugal, das an diesem Montagabend ausgestrahlt wurde. Dabei geht er auch auf die jüngsten Erlasse zur Liturgie ein, spricht über Ökumene und seinen Sinn für Humor.

Sowohl in der Kurie als auch in der Verwaltung des Vatikanstaates, dem Governatorat, seien mittlerweile Frauen in wichtigen Positionen tätig, erklärte Franziskus in dem Interview. Doch dabei handele es sich nicht um eine „feministische Mode“, sondern um einen „Akt der Gerechtigkeit“, da die Frauen in der Vergangenheit kulturell an den Rand gedrängt worden seien. „Alle Getauften“ hätten das Recht, „etwas für die Kirche zu tun“. „Das ist etwas, das nicht ich erfunden habe, sondern das seit 20 oder 30 Jahren läuft und langsam umgesetzt wird.“ Dabei spiele es keine Rolle, es ob sich um Priester, Ordensleute oder Laien handele.

Zum Nachhören - was der Papst sagte

Ein anderer, wertvoller Blick

Der Papst illustrierte in diesem Zusammenhang anhand von persönlichen Erlebnissen, was er an der Art der Frauen schätze. Sie hätten eine andere Methode, an die Dinge heranzugehen, und könnten mit ihrer „Mütterlichkeit“, die auch für die Kirche grundlegend sei, selbst unlösbar scheinende Konflikte lösen. Mit Blick auf die Aufnahme von weiblichen Mitgliedern ins Dikasterium für die Bischöfe betonte er, dass „die ausgereiftesten Berichte“, die er im Vorfeld der Priesterweihe über Seminaristen erhielt, „von Frauen aus den Vierteln stammten, in denen sie in der Pfarrei arbeiten sollten“.  

„Warum sollten Frauen nicht auch bei der Wahl von Bischöfen mitwirken?“

„Warum sollten Frauen nicht auch bei der Wahl von Bischöfen mitwirken?“, unterstrich Franziskus. Es sei „gut, dass es Frauen gibt, die darüber nachdenken, wie Bischöfe sein sollten“. Im Juli hatte er die Ordensschwestern Raffaella Petrini und Yvonne Reungoat sowie die geweihte Jungfrau Maria Lia Zervino zu Mitgliedern des Dikasteriums ernannt, in dem über Bischofsernennungen entschieden wird.

Frauen seien in der Lage, jene „Eigenschaft Gottes, die Zärtlichkeit ist“, weiterzugeben. Franziskus wiederholte an dieser Stelle seine Erinnerung an die Frauen, die er während seiner Zeit in Buenos Aires vor den Gefängnissen warten sah, um dort ihre Söhne zu besuchen. Sie hätten ihre Söhne nie im Stich gelassen, weil sie „Fleisch“ ihres Fleisches waren. Er ziehe Inspiration aus den großen Frauengestalten der Bibel, darunter Judith, die mutig ihr Volk verteidigt, und Maria, die „Frau schlechthin, in der Stärke, Dienstbereitschaft und Weiblichkeit vereint sind“.

Sorge um die Liturgie

Mit dem Motu proprio und dem Apostolischen Schreiben hatte Franziskus in jüngerer Zeit gleich zwei weitreichende Erlasse zur Liturgie vorgelegt. Franziskus bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass das „liturgische Problem“ wichtig sei. Es sei offenbar eine „Krisensituation“ entstanden, die wohl durch „eine schlechte liturgische Bildung“ verursacht wurde. Mit Traditiones Custodes sei es ihm darum gegangen, den Gebrauch des alten Ritus zu regeln, während das Apostolische Schreiben Desiderio desideravi dazu dienen sollte, „Horizonte zu öffnen“ und „liturgische Spiritualität“ zu vermitteln, „denn die Liturgie ist das große Werk der Kirche, sie ist das Werk der Anbetung und des Lobpreises. Eine Kirche, die die Liturgie nicht gut feiert, ist also eine Kirche, die nicht weiß, wie man Gott lobt, die nicht weiß, wie man in der Tiefe lebt. Für mich ist es wichtig, die Liturgie gut zu reglementieren,“ so der Papst.

Die Gnade des Humors

Er bevorzuge ein besonderes Gebet, so Franziskus auf eine Frage nach seinem Sinn für Humor: „Seit mehr als 40 Jahren bete ich das Gebet des heiligen Thomas Morus um Sinn für Humor. Ich spreche dieses Gebet. ,Ich bitte um diese Gnade, den Sinn für Humor‘. Es ist ein Gebet, das so beginnt: ,Gib mir, Herr, eine gute Verdauung und auch etwas zum Verdauen‘.“

Synodaler Prozess als Ort der Unterscheidung

Eine Passage des Interviews dreht sich auch um den synodalen Prozess der Weltkirche: So dürfe man sich diesen nicht als eine Art Parlament vorstellen, sondern er müsse ein „Ort der Unterscheidung“ sein, an dem der Heilige Geist „Hauptperson“ sei und aus der Vielfalt der Meinungen „Harmonie“ schafft. „Wenn der Heilige Geist nicht da ist, ist es ein Parlament, schön und gut, aber wir sollten es nicht Synode nennen“ - denn dann sei es tatsächlich ein „Parlament“, so der Papst. Der Weg sei in seinen Anfängen vom heiligen Paul VI. vorgezeichnet und mit der Gründung des Sekretariats der Bischofssynode unterstützt worden, ein Weg, auf dem die Kirche nun über 50 Jahre lang gelernt habe und auf dem es nicht an Spaltungen mangele, räumt Franziskus ein. Doch man müsse einen Prozess auch erst einmal an sein „Ende kommen lassen“. Dabei sei eine gute Begleitung durch die Hirten, durch die Bischöfe, nötig. Diese müssten nicht nur darauf achten, dass sich die Gläubigen, die schneller unterwegs seien, nicht „verirren“, sondern sich auch beim Volk in der Mitte aufhalten und denen nahe zu sein, die zögerlich Veränderungen gegenüberstünden. Es gehe darum, „universal gegenüber dem heiligen und gläubigen Volk Gottes“ zu bleiben und die „Perversion des Klerikalismus“ zu vermeiden.

Ökumene und interreligiöser Dialog

Was die Ökumene und den interreligiösen Dialog betreffe, so bekräftigt Franziskus einmal mehr, dass nur „der Dialog“ die siegreiche Waffe sein könne: Im Dialog, verstanden als Zuhören-Können und nicht als Gleichgewichtsspiel, „verliert man nie“ und Gott handelt.

Auf die abschließende Bitte um ein Wort, das den Weg der portugiesischen Kirche auf ihrem Weg zum Weltjugendtag erhellen solle, antwortet Franziskus: „Schließt euch nicht ein, schaut über euch hinaus, haltet den Horizont weit und weitet euer Herz“.

(vatican news/cnn - cs)

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06. September 2022, 11:27