Neujahrs-Angelus: Die Katechese im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Lasst uns das neue Jahr damit beginnen, es der Mutter Gottes anzuvertrauen. Das Evangelium der heutigen Liturgie spricht von ihr und beschwört für uns den Zauber der Krippe wieder herauf. Die Hirten eilen ohne zu zögern zur Grotte, und was finden sie dort? Sie fanden – so heißt es im Text – ?Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag“ (Lk 2,16). Halten wir bei dieser Szene inne und stellen wir uns Maria vor, die das Jesuskind – ganz zärtliche und fürsorgliche Mutter – gerade in die Krippe gelegt hat. Und in dieser Geste können wir ein Geschenk erkennen, das uns gemacht worden ist: Die Gottesmutter behält ihren Sohn nicht für sich, sie schenkt ihn uns; sie hält ihn nicht nur in ihren Armen, sondern legt ihn nieder, um uns einzuladen, ihn anzuschauen, ihn anzunehmen und anzubeten. Das ist die Mutterschaft Marias: den Sohn, der geboren wird, bietet sie uns allen an.
Und indem sie ihn so vor unseren Augen niederlegt, ohne ein Wort zu sagen, gibt sie uns eine wunderbare Botschaft: Gott ist nahe, er ist in unserer Reichweite. Er kommt nicht mit der Anmaßung dessen, der gefürchtet werden will, sondern mit der Zerbrechlichkeit dessen, der geliebt werden will; er richtet uns nicht von oben, von einem Thron aus, sondern blickt uns von unten an wie ein Bruder, ja wie ein Sohn. Er wird klein und bedürftig geboren, damit sich niemand mehr seiner selbst schämen muss: Gerade wenn wir unsere Schwäche und Bedürftigkeit erfahren, können wir Gott noch näher spüren, weil er sich uns auf diese Weise – schwach und bedürftig – gezeigt hat. Es ist das Gott-Kind, das geboren wurde, um niemanden auszuschließen. Damit wir alle Brüder und Schwestern werden.
Das neue Jahr beginnt also mit Gott, der im Arm seiner Mutter in eine Krippe gelegt wird und uns mit seiner Zärtlichkeit Mut macht. Und wir brauchen diese Ermutigung! Wegen der Pandemie leben wir immer noch in unsicheren und schwierigen Zeiten. Viele haben Angst vor der Zukunft, fühlen sich niedergedrückt von sozialen Situationen, persönlichen Problemen und der Last der Gefahren der ökologischen Krise, den Ungerechtigkeiten und wirtschaftlichen Ungleichgewichten unseres Planeten. Wenn ich Maria betrachte, die ihren Sohn im Arm hält, denke ich an die jungen Mütter und ihre Kinder, die vor Kriegen und Hungersnöten fliehen oder in Flüchtlingslagern ausharren. Wenn wir also Maria betrachten, wie sie Jesus in die Krippe legt und ihn für alle zugänglich macht, dann sollten wir auch nicht vergessen, dass sich die Welt nur dann verändert und das Leben aller nur dann besser wird, wenn wir uns für andere zur Verfügung stellen – und nicht darauf warten, dass sie es sind, die den ersten Schritt tun. Wenn wir zu Handwerkern der Geschwisterlichkeit werden, werden wir in der Lage sein, die Fäden einer von Krieg und Gewalt zerrissenen Welt wieder zusammen zu weben.
Heute feiern wir den Weltfriedenstag. Der Friede ist ?zugleich Gabe aus der Höhe und Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung“ (, 1). Er ist eine Gabe aus der Höhe: Er muss von Jesus erfleht werden, denn wir können ihn nicht aus eigener Kraft erhalten. Wir können nur dann wirklich Frieden schaffen, wenn wir ihn im Herzen tragen, wenn wir ihn vom Friedensfürsten empfangen. Aber der Frieden ist auch eine Verpflichtung: Er verlangt von uns, dass wir den ersten Schritt tun, er verlangt konkrete Gesten. Er wird aufgebaut mit der Aufmerksamkeit für die Geringsten, mit der Förderung der Gerechtigkeit, mit dem Mut der Vergebung, der das Feuer des Hasses zum Erlöschen bringt. Und er bedarf auch einer positiven Einstellung: wir dürfen – in der Kirche wie in der Gesellschaft – nicht immer nur auf das Böse schauen, das uns trennt, sondern müssen auch das Gute sehen, das uns vereinen kann! Es gibt keinen Grund, niedergeschlagen zu sein und zu klagen. Krempeln wir lieber die Ärmel hoch, um Frieden zu schaffen! Möge die Mutter Gottes, Königin des Friedens, zu Beginn dieses Jahres in unseren Herzen und in der ganzen Welt Eintracht schaffen.
(vaticannews - skr)
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