Papst an Ungarns Kirche: Baut Brücken und fördert den Dialog
Anne Preckel - Vatikanstadt
In seiner Rede vor Ungarns Bischöfen im Museum der Schönen Künste in Budapest ermunterte Franziskus zu „erneuerter Leidenschaft“ und „neuen Wegen“ bei Verkündigung des Evangeliums. Der Papst wandte sich hinter verschlossenen Türen an die Oberhirten; die geplante Live-Übertragung wurde nicht durchgeführt. Der Vatikan veröffentlichte den Redetext des Papstes im Anschluss. Abweichend vom Redetext ergänzte Franziskus, dass für Bischöfe stets die Nähe eine besondere Rolle spielen müsse: Nähe zu Gott, Nähe und Einheit untereinander, Nähe zu den Priestern, sowie Nähe zum Gottesvolk. Er ermutigte zudem, die Laien einzubinden.
Lebendige Glaubenstradition
Die christliche Tradition sei „kein Behältnis für tote Dinge“, sondern „der Fluss neuen Lebens“ in Christus, so der argentinische Papst, der hier eine Formulierung seines Vorgängers Papst Benedikt XVI. aufgriff. „Die Kirche kommt also von der Quelle, die Christus ist, und sie wird auf den Weg gebracht, damit das Evangelium wie ein Fluss lebendigen Wassers – unendlich viel größer und einladender als eure große Donau – die Dürre der Welt und des Herzens des Menschen erreicht, reinigend und den Durst stillend.“
Den Bischöfen komme dabei eine „prophetische“ Aufgabe zu: Ihr Amt diene nicht dazu, „eine Botschaft der Vergangenheit zu wiederholen“, sondern dieses lebendige Elixier weiterzuleiten, worauf auch das Motto des Eucharistischen Weltkongresses „All meine Quellen entspringen in dir“ (Psalm 87) verweist.
Im Renaissance-Saal des Museums waren neben dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz Bischof, András Veres, auch der Primas von Ungarn und Erzbischof von Esztergom-Budapest, Kardinal Peter Erdö, und das ungarische Episkopat vertreten.
Zeugen der Geschwisterlichkeit
Franziskus rief die ungarischen Bischöfe dazu auf, in ihrem Heimatland als „Zeugen der Geschwisterlichkeit“ und Brückenbauer zu wirken. Das „multikulturelle Milieu“, das im historischen Vielvölkerstaat Ungarn heute herrsche, stelle auf die Probe, sei aber auch eine große Chance, so der Papst. Heute seien auch in Ungarn verschiedene Ethnien und Minderheiten, Religionen und Migranten zu finden: „Die Verschiedenheit macht immer ein wenig Angst, weil sie die erworbenen Sicherheiten aufs Spiel setzt und die erreichte Stabilität angreift. Zugleich ist es eine große Gelegenheit, das Herz der Botschaft des Evangeliums zu öffnen: ,Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe‘ (vgl. Joh 15,12).“
Im Umgang mit den Unterschieden sei eine mögliche Haltung, in eine „starre Verteidigung unserer sogenannten Identität“ überzugehen, so der Papst. Man könne sich aber auch der Begegnung öffnen und einen „Traum der Geschwisterlichkeit“ kultivieren, schlug er vor. Ungarns Kirche bat er an dieser Stelle, „neue Brücken des Dialoges zu errichten“ und Zeichen zu setzen, damit das Evangelium „auch hier in Ungarn eine geschwisterlichere und solidarische Gesellschaft aufblühen“ lasse:
„Daher bitte ich euch, als Bischöfe, gemeinsam mit den Priestern und den pastoralen Mitarbeitern, das wahre Angesicht der Kirche sichtbar zu machen: ein Angesicht, das gegenüber allen, auch gegenüber dem, der von außen kommt, empfänglich, geschwisterlich und dialogbereit ist. Ihr sollt Hirten sein, denen die Geschwisterlichkeit am Herzen liegt. Nicht Beherrscher der Herde, sondern Väter und Brüder. Der Stil der Geschwisterlichkeit, den ich euch mit den Priestern und mit dem ganzen Volk Gottes zu pflegen bitte, soll ein leuchtendes Zeichen für Ungarn werden. (…) Die Kirche in Ungarn baue Brücken und fördere den Dialog!“
Seelsorge leisten und Hoffnung spenden
Das mitteleuropäische Land mache heute wie überhaupt Europa „große Veränderungen“ durch, so der Papst. Ungarn habe nach Ende der Diktatur Freiheit wiedererlangt, diese Phase sei aber auch durch gesellschaftliche Gegensätze und neue Probleme gezeichnet. Explizit nannte der Papst moralischen Verfall und eine Zunahme des organisierten Verbrechens wie Drogen- und Menschenhandel sowie Armut, Probleme der Jugend und Familien und ein „Umfeld, in dem sich die Demokratie noch festigen muss“, ohne hier konkreter zu werden. Angesichts dieser gesellschaftlichen und sozialen Probleme habe die Kirche einen wichtigen seelsorglichen Auftrag; sie müsse „Stifterin von Nähe sowie Spenderin von Aufmerksamkeit und Trost für die Menschen sein, damit sie sich nie das Licht der Hoffnung rauben lassen“, bekräftigte der Papst.
Mit Blick auf die zunehmende Säkularisierung und Glaubensferne in der Gesellschaft regte der Papst die ungarischen Bischöfe zu neuem Schwung bei der Glaubensverkündigung an. Dabei sollten sie sich nicht an die Institutionen oder Strukturen klammern, sondern „Freudenboten“ sein, die nach „neuen Wegen“ der Verkündigung suchten - „nicht die bürokratische Verwaltung der Strukturen, nicht die Suche nach Privilegien und Vorteilen, sondern die brennende Leidenschaft für das Evangelium, so wie es ist.“ Dabei sollten sie alle Mitglieder der Kirche mit einbeziehen, so Franziskus, vor allem auch die Laien: „Habt keine Angst, dem Wort Gottes Raum zu geben und die Laien dabei einzubeziehen: sie werden die Kanäle sein, durch die der Fluss des Glaubens von neuem Ungarn bewässern wird.“
Würdigung ungarischer Ordensschwestern in Buenos Aires
Am Ende seiner Rede dankte der Papst der Kirche Ungarns „für alles, was ihr tut“. Eine besondere Würdigung ging an die , die er persönlich in Argentinien kennengelernt hatte, nachdem sie wegen der religiösen Verfolgung ihre Heimat hatten verlassen müssen. Sie hatten in der Stadt Plátanos (Buenos Aires) das Kolleg „Maria Ward“ gegründet. „Von ihrer Tapferkeit, ihrem Mut, ihrer Geduld und ihrer Liebe zur Heimat habe ich viel gelernt; sie waren für mich ein Zeugnis. Indem ich sie heute hier erwähne, möchte ich auch den vielen Männern und Frauen die Ehre erweisen, die ins Exil gehen oder sogar ihr Leben für die Heimat und den Glauben geben mussten.“
Die Geschichte der ungarischen Kirche sei eine Geschichte „aus Martyrium und Blut“; dort habe es viele Glaubenszeugen gegeben, die „das, was sie auf dem Altar zelebrierten, auch persönlich erlebt“ hätten, formulierte der Papst. Deshalb gebe es eine besondere Verbindung dieser Kirche mit dem Opfer Christi, so Franziskus, der anlässlich des Eucharistischen Weltkongresses nach Ungarn gereist war.
Grusswort des Bischofskonferenz-Vorsitzenden
In seinem Grußwort an den Papst sprach der Vorsitzende der ungarischen Bischofskonferenz, Bischof András Veres laut verbreitetem Redetext, von einer „unerschütterlichen Treue“ Ungarns zum Papst seit der Christianisierung unter König Stephan I. Als dringendste und wichtige Aufgabe der Kirche heute benannte er die Verkündigung des Evangeliums in einem Kontext, der durch Säkularisierung, Glaubensverlust und eine bewegte ungarische Geschichte gezeichnet sei. Eine Herausforderung dabei sei der Priestermangel und der Rückgang der Berufungen, so der Bischofskonferenz-Vorsitzende.
In sind 17 Bischöfe, der Militärordinarius und der Abt von Pannonhalma vertreten. Neben den katholischen Diözesen gibt es ein Apostolisches Exarchat für Katholiken des byzantinischen Ritus. Die ungarische Bischofskonferenz ist Mitglied des
(vatican news - pr)
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