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Die Katechese bei der Generalaudienz im Wortlaut

Was der Papst in seiner Katechese bei der Generalaudienz gesagt hat: hier finden Sie den Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung. Den offiziellen engültigen Text finden Sie wie üblich in Kürze unter vatican.va, der offiziellen Internetseite des Vatikans.

 

Brüder und Schwestern, guten Morgen!


Wir setzen heute die Erklärung des Briefes des Apostels Paulus an die Galater fort. Das ist nichts Neues, diese Erklärung, oder von mir. Das, was wir hier vertiefen, ist das, was der heilige Paulus in einem sehr ernsten Konflikt den Galatern sagte. Das ist auch Wort Gottes, denn es ist in die Bibel eingegangen. Das sind keine Dinge, die jemand erfunden hat. Es sind Dinge, die in dieser Zeit geschehen sind und die sich wiederholen können. Wir haben in der Tat gesehen, dass sich das in der Geschichte wiederholt hat. Das ist einfach eine Katechese über das Wort Gottes, das im Paulusbrief an die Galater zum Ausdruck kommt – nichts anderes. Das muss man sich immer vor Augen halten.


In den vorangegangenen Katechesen haben wir gesehen, wie der Apostel Paulus den ersten Christen in Galatien gezeigt hat, wie gefährlich es ist, den Weg zu verlassen, den sie mit der Annahme des Evangeliums eingeschlagen hatten. Die Gefahr besteht darin, in Formalismus zu verfallen. Das ist eine der Versuchungen, die uns zur Heuchelei bringt, nicht wahr? Darüber haben wir ja das letzte Mal (bei der Generalaudienz der Vorwoche, Anm.) gesprochen. In Formalismus zu verfallen bedeutet, die neue Würde, die sie erhalten haben, zu leugnen, die Würde der durch Christus Erlösten. Der Abschnitt, den wir gerade gehört haben, beginnt den zweiten Teil des Briefes. - Lest diesen Brief, wenn ihr Zeit habt, lest ihn! - Bis zu diesem Punkt hat Paulus von seinem Leben und seiner Berufung gesprochen: davon, wie die Gnade Gottes seine Existenz verwandelt und sie ganz in den Dienst der Evangelisierung gestellt hat. An dieser Stelle stellt er den Galatern direkte Fragen: Er konfrontiert sie mit den Entscheidungen, die sie getroffen haben, und mit ihrem derzeitigen Zustand, der die Erfahrung der Gnade, die sie gemacht haben, zunichte machen könnte.


Die Formulierungen, mit denen der Apostel die Galater anspricht, sind keineswegs höflich, wie wir eben gehört haben. In anderen Briefen ist es leicht, den Ausdruck „Brüder und Schwestern“ oder „Geliebte“ zu finden, aber nicht hier. Er sagt, denn er ist wütend, ganz allgemein „Galater“ und nennt sie zweimal „unvernünftig“ – das ist kein höflicher Ausdruck – er nennt sie „Narren“. Er tut dies nicht, weil sie nicht intelligent sind, sondern weil sie, fast ohne es zu merken, Gefahr laufen, den Glauben an Christus zu verlieren, den sie so begeistert angenommen haben. Sie sind unvernünftig, weil sie nicht erkennen, dass die Gefahr darin besteht, den kostbaren Schatz, die Schönheit der Neuheit Christi, zu verlieren. Das Staunen und die Traurigkeit des Apostels sind offensichtlich. Nicht ohne Bitterkeit erinnert er diese Christen an seine erste Ankündigung, mit der er ihnen die Möglichkeit bot, eine bisher unverhoffte Freiheit zu erlangen.


Der Apostel stellt den Galatern Fragen, um ihr Gewissen aufzurütteln. Deshalb hat er diesen Ton. Diese Fragen sind rhetorisch, denn die Galater wissen sehr wohl, dass ihr Glaube an Christus die Frucht der Gnade ist, die sie durch die Verkündigung des Evangeliums erhalten haben. Sie führen sie an den Anfang der christlichen Mission. Das Wort, das sie von Paulus hörten, konzentrierte sich auf die Liebe Gottes, die im Tod und in der Auferstehung Jesu voll zum Ausdruck kam. Paulus konnte keinen überzeugenderen Ausdruck finden als den, den er ihnen in seiner Predigt wahrscheinlich mehrmals gesagt hatte: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Was ich nun im Fleische lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“. (Gal 2,20). Er wollte nichts anderes wissen als den gekreuzigten Christus (vgl. 1 Kor 2,2). Die Galater müssen auf dieses Ereignis schauen, ohne sich von anderen Ankündigungen ablenken zu lassen.


Kurz gesagt, Paulus will die Christen in die Enge treiben, damit sie sich bewusstwerden, was auf dem Spiel steht, und sich nicht von der Stimme der Sirenen verführen lassen, die sie zu einer Religiosität verführen wollen, die allein auf der peinlich genauen Einhaltung der Gebote beruht. Denn sie, diese neuen Prediger, die nach Galatien kamen, überzeugten sie davon, dass sie zurückgehen und sogar die Gebote übernehmen müssten, die vor dem Kommen Christi eingehalten und zur Vollkommenheit gebracht wurden, nämlich die Unentgeltlichkeit des Heils.
Die Galater verstanden hingegen sehr gut, worauf der Apostel anspielte. Sie hatten das Wirken des Heiligen Geistes in den Gemeinschaften sicher erfahren: Wie in den anderen Kirchen hatten sich auch bei ihnen die Nächstenliebe und verschiedene andere Charismen eingestellt. Als sie in die Enge getrieben waren, mussten sie antworten, dass das, was sie erlebt hatten, die Frucht der Neuheit des Geistes war. Am Anfang ihrer Hinwendung zum Glauben stand also die Initiative Gottes, nicht die der Menschen. Der Heilige Geist war der Protagonist ihrer Erfahrung; ihn jetzt in den Hintergrund zu stellen, um ihren eigenen Werken den Vorrang zu geben, also der Erfüllung der Gebote des Gesetzes, wäre töricht gewesen. Die Heiligkeit kommt vom Heiligen Geist und ist die Unentgeltlichkeit der Erlösung durch Jesus: Sie rechtfertigt uns.


Auf diese Weise lädt uns Paulus auch ein, darüber nachzudenken, wie wir unseren Glauben leben. Bleibt die Liebe des gekreuzigten und auferstandenen Christus als Quelle des Heils im Mittelpunkt unseres täglichen Lebens, oder begnügen wir uns mit ein paar religiösen Formalitäten zur Beruhigung unseres Gewissens? Wie leben wir unseren Glauben? Hängen wir an dem kostbaren Schatz, an der Schönheit der Neuheit Christi, oder bevorzugen wir etwas, das uns im Moment anzieht, uns dann aber innerlich leer lässt? Das Vergängliche klopft oft an die Tür unserer Tage, aber es ist eine traurige Illusion, die uns in Oberflächlichkeit verfallen lässt und uns daran hindert zu erkennen, wofür es sich wirklich zu leben lohnt. Liebe Brüder und Schwestern, wir sollten uns jedoch die Gewissheit bewahren, dass Gott auch dann, wenn wir versucht sind, uns abzuwenden, weiterhin seine Gaben schenkt.


Im Laufe der Geschichte, auch heute noch, geschehen Dinge, die dem ähneln, was den Galatern widerfuhr. Auch heute noch gibt es Leute, die uns mit den Worten „Nein, die Heiligkeit liegt in diesen Vorschriften, in diesen Dingen, ihr müsst dies und das tun“ in den Ohren liegen und die eine starre Religiosität vorschlagen, eine Starrheit, die uns die Freiheit im Geiste, die uns die Erlösung durch Christus schenkt, nimmt. Seid vorsichtig angesichts der Starrheit, die sie euch vorschlagen. Denn hinter jeder Starrheit steckt etwas Schlechtes, da ist kein Geist Gottes. Deshalb wird dieser Brief uns helfen, nicht auf diese etwas fundamentalistischen Vorschläge zu hören, die uns in unserem geistlichen Leben zurückwerfen. Er wird uns helfen, hingegen in der österlichen Berufung Jesu voranzuschreiten.

Dies bekräftigt der Apostel gegenüber den Galatern, wenn er sie daran erinnert, dass der Vater den Geist gibt und Machttaten unter euch wirkt (vgl. Gal 3,5). Er spricht im Präsens, er sagt nicht „der Vater hat den Geist reichlich gegeben“, Kapitel 3, Vers 5, nein: er sagt „gibt“; er sagt nicht „hat gewirkt“, nein: „wirkt“. Denn trotz aller Hindernisse, die wir seinem Handeln entgegensetzen können, auch trotz all unserer Sünden, lässt Gott uns nicht im Stich, sondern bleibt in seiner barmherzigen Liebe bei uns. Es ist wie bei dem Vater, der jeden Tag auf die Terrasse ging, um zu sehen, ob sein Sohn zurückkam: Die Liebe des Vaters wird nicht müde, uns zu lieben.


Wir bitten um die Weisheit, sich dieser Realität stets bewusst zu sein und die Fundamentalisten zu vertreiben, die ein Leben in künstlicher Askese vorschlagen, weit entfernt von der Auferstehung Christi. Askese ist notwendig, aber eine weise Askese, keine künstliche.


(vatican news)

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01. September 2021, 10:34

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