ҽ

Papst beim Angelus: „Dialog entsteht oft aus Schweigen“

Die Heilung des Herzens beginnt mit dem Zuhören. Das hat der Papst an diesem Sonntag in seiner Katechese beim Angelus-Gebet verdeutlicht. Sie finden hier eine Kurzzusammenfassung und den Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung. Auf www.vatican.va können Sie in Kürze die offizielle Übersetzung finden.

 

Ausgehend von der Heilung eines Taubstummen durch Jesus, von der das Tagesevangelium erzählt, wandte sich Papst Franziskus insbesondere auch an Priester mit dem Aufruf, sich Zeit für die Menschen zu nehmen und sie wirklich anzuhören:

„Fragen wir uns einmal: Wie geht das mit dem Zuhören? Lasse ich mich vom Leben der Menschen berühren, weiß ich, wie ich den Menschen, die mir nahestehen, Zeit schenken kann, um ihnen zuzuhören? Das hier geht uns alle an, aber in besonderer Weise die Priester. Der Priester muss den Menschen zuhören, nicht in Eile weitergehen, er muss zuhören… Und schauen, wie er helfen kann, nachdem er angehört hat. Wir alle müssen zuerst zuhören, dann antworten.“

Franziskus erinnerte daran, wie wesentlich es dabei sei, auch einmal zu schweigen. Nur hier könne ein Zuhören, ein Wahrnehmen der Mühen unserer Mitmenschen und letztlich ein Dialog entstehen:

„Ein Dialog entsteht oft nicht durch Worte, sondern durch Schweigen, dadurch, dass man nicht auf etwas besteht, sondern geduldig wieder anfängt, dem anderen zuhört, seine Mühen wahrnimmt und das, was er in sich trägt. Die Heilung des Herzens beginnt mit dem Zuhören.“

(vatican news - pr)

 

Im Folgenden finden Sie eine Arbeitsübersetzung der Katechese; auf www.vatican.va können Sie in Kürze die offizielle Übersetzung finden.

Heilung des Herzens beginnt mit Zuhören

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Im Evangelium dieses Sonntags heilt Jesus einen Taubstummen. Auffallend an der Geschichte ist die Art und Weise, wie der Herr dieses wunderbare Zeichen vollbringt. Er macht es so: Er nimmt den Taubstummen zur Seite, steckt ihm die Finger in die Ohren und berührt seine Zunge mit seinem Speichel, dann blickt er zum Himmel auf, seufzt und sagt: „Effatà“, das heißt: „Öffne dich!“ (vgl. Mk 7,33-34). Bei anderen Heilungen von ebenso schweren Krankheiten wie Lähmung oder Aussatz wendet Jesus nicht so viele Gesten an. Warum tut er das alles jetzt, obwohl er doch nur gebeten wurde, dem Kranken die Hand aufzulegen (vgl. V. 32)? Vielleicht, weil der Zustand dieser Person einen besonderen symbolischen Wert hat und uns allen etwas zu sagen hat. Und was ist das? Er war taub-stumm. Der Mann konnte nicht sprechen, weil er nicht hören konnte. Um die Ursache seiner Krankheit zu heilen, steckt Jesus ihm erst einmal die Finger in die Ohren. Und dann der Mund, aber zuerste die Ohren.

Wir alle haben Ohren, aber oft können wir nicht hören. Warum? Brüder und Schwestern, es gibt in der Tat eine innere Taubheit, wo wir Jesus bitten können, sie zu berühren und zu heilen. Und diese innere Taubheit ist schlimmer als die körperliche, denn es ist die Taubheit des Herzens. Von Eile getrieben, in der wir tausend Dinge zu sagen und zu tun haben, finden wir keine Zeit, innezuhalten und denen zuzuhören, die zu uns sprechen. Wir laufen Gefahr, für alles undurchlässig zu werden und keinen Raum für diejenigen zu schaffen, die es nötig haben, dass man ihnen zuhört: Ich denke dabei an Kinder, Jugendliche, ältere Menschen, viele, die nicht so sehr Worte und Predigten brauchen, sondern dass man ihnen zuhört.

Fragen wir uns einmal: Wie geht das mit dem Zuhören? Lasse ich mich vom Leben der Menschen berühren, weiß ich, wie ich den Menschen, die mir nahestehen, Zeit schenken kann, um ihnen zuzuhören? Das hier geht uns alle an, aber in besonderer Weise die Priester. Der Priester muss den Menschen zuhören, nicht in Eile weitergehen, er muss zuhören…, und schauen, wie er helfen kann, doch nachdem er angehört hat. Wir alle müssen zuerst zuhören, dann antworten.

Denken wir auch an unser Familienleben: Wie oft sprechen wir, ohne vorher zuzuhören, wiederholen immer wieder das Gleiche. Oder wir lassen nicht zu, dass der andere zu ende redet und sich ausdrückt, und wir unterbrechen ihn. Ein Dialog entsteht oft nicht durch Worte, sondern durch Schweigen, dadurch, dass man nicht auf etwas besteht, sondern geduldig wieder anfängt, dem anderen zuhört, seine Mühen wahrnimmt und das, was er in sich trägt. Die Heilung des Herzens beginnt mit dem Zuhören. ,Aber Vater, es gibt so langweilige Leute, die immer dasselbe sagen…' – Hör ihnen zu! Und dann, wenn sie aufhören zu reden, sage deine Gedanken, aber höre alles an.

Jeden Tag ein wenig Stille

Das Gleiche gilt für den Herrn. Wir tun gut daran, ihn mit Bitten zu überhäufen, aber es wäre besser, wenn wir ihm zunächst einmal zuhören würden. Jesus bittet darum. Als er im Evangelium nach dem ersten Gebot gefragt wird, antwortet er: „Höre, Israel“. Dann fügt er hinzu: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen [...] und deinen Nächsten wie dich selbst“ (Mk 12,28-31). Doch zunächst sagt er: „Hört zu“.

„Jeden Tag ein wenig Stille und Zuhören, ein paar weniger unnütze Worte und ein paar mehr Worte von Gott.“

Denken wir daran, dass wir auf den Herrn hören sollen? Wir sind zwar Christen, aber wahrscheinlich finden wir unter den Tausenden von Worten, die wir jeden Tag hören, nicht einmal ein paar Sekunden, um die Worte des Evangeliums in uns nachklingen zu lassen. Jesus ist das Wort: Wenn wir nicht innehalten, um ihm zuzuhören, geht er an uns vorbei. Wenn wir nicht innehalten, um Jesus zu hören, geht er vorüber. Der heilige Augustinus sagte: „Ich habe Angst vor dem Herrn, wenn er vorübergeht.“ Und seine Angst war, ihn ohne ihn anzuhören vorbeigehen zu lassen! Wenn wir aber uns Zeit für das Evangelium nehmen, werden wir ein Geheimnis für unsere geistige Gesundheit finden. Hier ist die Medizin: jeden Tag ein wenig Stille und Zuhören, ein paar weniger unnütze Worte und ein paar mehr Worte von Gott. Immer das Evangelium in der Tasche haben, das hilft. Hören wir heute, wie am Tag unserer Taufe, die Worte Jesu: „Effatà - Öffne dich“! Öffne deine Ohren! Jesus, ich möchte mich für dein Wort öffnen,; Jesus, öffne mich, damit ich dir zuhöre; Jesus, heile mein Herz von Verschlossenheit, Eile und Ungeduld.

Die Jungfrau Maria, öffne uns für das Hören auf das Wort, das in ihr Fleisch geworden ist, sie helfe uns jeden Tag, ihrem Sohn im Evangelium und unseren Brüdern und Schwestern mit einem fügsamen, geduldigen und aufmerksamen Herzen zuzuhören.

(Arbeitsübersetzung: P. Werner Demmel)




Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

05. September 2021, 12:08

Das Angelus ist ein Gebet, dass in Erinnerung an das ewige Geheimnis der Menschwerdung drei Mal am Tag gebetet wird: 6 Uhr morgens, am Mittag und am Abend gegen 18 Uhr, jeweils wenn die Glocken zum Angelusgebet rufen.
Der Name ‚Angelus‘ stammt aus dem ersten Vers der lateinischen Version des Gebets - Angelus Domini nuntiavit Mariae. Es besteht aus der Lesung von drei schlichten Texten, bei denen es um die Menschwerdung Jesu Christi geht, gefolgt jeweils von einem Ave Maria.
Dieses Gebet wird vom Papst auf dem Petersplatz sonntags mittags und an Hochfesten gebetet. Direkt vor dem Gebet legt der Papst kurz die Lesungen des Tages aus. Nach dem Gebet folgen Grüße an die Pilger.
Von Ostern bis Pfingsten wird an Stelle des Angelusgebets das Regina Coeli gebetet, das an die Auferstehung Jesu Christi erinnert. Zum Abschluss dieses Gebets wird das „Ehre sei dem Vater“ drei Mal gesprochen.

Gebet des Angelus / Regina Coeli mit Papst

Alles lesen >