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Papst Franziskus bei der Messe in Erbil Papst Franziskus bei der Messe in Erbil 

Papstmesse in Erbil: „Weisheit des Kreuzes“

Papst Franziskus hat die Christen des Irak ermutigt, Werkzeuge des Friedens und der Versöhnung zu sein. Bei einer großen Messe in der nordirakischen Stadt Erbil am dritten Fastensonntag ermutigte er sie dazu, trotz aller Entbehrungen eine geschwisterliche Gesellschaft aufzubauen.

Anne Preckel – Vatikanstadt

Letzter großer Programmpunkt der Papstreise im Irak war eine Messe mit Gläubigen in der kurdischen Regionalhauptstadt Erbil. Das Franso-Hariri-Stadion war aufgrund der Anti-Corona-Bestimmungen nur ein Drittel gefüllt; immerhin konnten aber etwa 10.000 Menschen mit dem ersten Papst im Irak feiern. Vor Beginn der Messe fuhr der Papst einige Runden winkend im Papamobil durch das Sportstadion, flankiert von Sicherheitskräften, bevor er sich auf die weiße Tribüne begab. Gläubige winkten von den Rängen und dem Rasen aus begeistert Fähnchen, orientalisch-rhythmischer Gesang verbreiteten abwechselnd mit modernen Melodien eine fröhliche Stimmung. 

Papst Franziskus im Papamobil im Stadion von Erbil, die einzige Fahrt in diesem Gefährt während seiner Reise
Papst Franziskus im Papamobil im Stadion von Erbil, die einzige Fahrt in diesem Gefährt während seiner Reise

Lebendiges Kirchesein unter schwierigen Bedingungen

Im Rahmen der Messfeier im römischen Ritus waren Arabisch, Kurdisch, Chaldäisch und andere lokale Dialekte zu hören, der Papst wandte sich selbst auf Italienisch an seine Zuhörer, seine Worte wurden abschnittsweise ins Arabische übersetzt. In seiner zweiten und letzten Predigt auf irakischem Boden würdigte Franziskus die Kirche des leidgeprüften Landes als lebendige Glaubensgemeinschaft, die sich selbstlos für die Bedürftigsten einsetzt:

„Selbst unter großer Armut und Schwierigkeit haben viele von euch den Armen und Leidenden großherzig konkrete Hilfe und Solidarität angeboten. Dies ist einer der Gründe, die mich dazu veranlasst haben, als Pilger zu euch zu kommen, um euch zu danken und euch im Glauben und im Zeugnis zu stärken. Heute kann ich sehen und mit Händen greifen, dass die Kirche im Irak lebendig ist, dass Christus in diesem seinem heiligen gläubigen Volk lebt und am Werk ist.“

Papstmesse in Erbil am 7.3.2021

Werkzeuge des Friedens und der Versöhnung

Der Papst ermutigte die Christen dazu, angesichts der Gewalt und Spaltungen im Irak Werkzeuge des Friedens und der Versöhnung zu sein. Der Weg dafür sei der Weg Jesu, die „Weisheit des Kreuzes“, die in Hingabe für den Nächsten, Erbarmen und Vergeben bestehe. Franziskus setzte hier die Wunden Christi in Bezug zu den Leiden des irakischen Volkes:

„Wie viele eurer Brüder und Schwestern, Freunde und Mitbürger hier im Irak tragen die Wunden des Krieges und der Gewalt, sichtbare und unsichtbare Wunden! Die Versuchung besteht darin, auf diese und andere schmerzliche Tatsachen mit einer menschlichen Kraft, mit einer menschlichen Weisheit zu antworten. Jesus hingegen zeigt uns den Weg Gottes, den Weg, den er beschritten hat und auf den er uns gerufen hat, ihm nachzufolgen.“

Das Stadion von Erbil
Das Stadion von Erbil

Keine Hass und keine Rache

Abwege von diesem Weg seien etwa Machtdemonstrationen, das Streben nach Profit und trügerischen Sicherheiten sowie von Heuchelei und Falschheit, so Franziskus. Wie Jesus die Händler aus dem Tempel vertrieb, gelte es die Herzen und die Kirche von solchem Unheil zu befreien, betonte er. Diese Läuterung führe ins Reale und Konkrete, knüpfte er daran an: „Um das Herz zu reinigen, müssen wir uns die Hände schmutzig machen: Wir müssen uns verantwortlich fühlen und dürfen nicht einfach zuschauen, wenn der Bruder oder die Schwester leidet.“

Der Weg Jesu sei Geschwisterlichkeit und Liebe, machte der Papst deutlich. Und er erteilte dem Hass unter allen Umständen eine Absage:

„Er befreit uns von einer Art und Weise, den Glauben, die Familie, die Gemeinschaft zu begreifen, die spaltet, die gegeneinanderstellt, die ausschließt, damit wir eine Kirche und Gesellschaft aufbauen können, die offen sind für alle und sich um unsere bedürftigsten Brüder und Schwestern kümmern. Und zugleich stärkt er uns, damit wir der Versuchung widerstehen können, nach Rache zu suchen, die in eine endlose Vergeltungsspirale versinken lässt.“

Begeisterte Gläubige im Stadion von Erbil an diesem Sonntag
Begeisterte Gläubige im Stadion von Erbil an diesem Sonntag

Mission durch Zeugnis

Jesu Auftrag an die Christen sei Mission durch Zeugnis, nicht Proselytismus, betonte Franziskus weiter. Die weltverändernde Kraft der Christen liege gerade darin, „Werkzeuge des Friedens“ zu sein, mit Geduld und Mut eine „neue gesellschaftliche Ordnung“ zu gestalten und dabei bescheiden und einfach zu agieren.

Vor den Gläubigen in der Kurdenregion - viele davon Opfer gewaltsamer Vertreibungen und Flüchtlinge im Nordirak - verwies der Papst dann auf die erneuernde Kraft des Glaubens an Jesus Christus, der „unsere Gemeinschaften aus den von der Ungerechtigkeit, der Spaltung und dem Hass verursachten Trümmern auferstehen lassen kann“:

„Durch seine Wunden sind wir geheilt (vgl. 1 Petr 2,24); in seinen Wunden, liebe Brüder und Schwestern, finden wir den Balsam seiner barmherzigen Liebe; denn er, der barmherzige Samariter der Menschheit, will jede Wunde salben, jede schmerzliche Erinnerung heilen und eine Zukunft des Friedens und der Geschwisterlichkeit in diesem Land anregen.“

Die Altarinsel im Stadion von Erbil
Die Altarinsel im Stadion von Erbil

Gemeinsame christliche Märtyrer 

Der chaldäisch-katholische Erzbischof von Erbil, Bashar M. Warda, dankte dem Papst am Ende der Messe für seine „mutige“ Reise und die „kraftvolle Botschaft der Geschwisterlichkeit und Vergebung“, die er allen Menschen im Irak zum Geschenk gemacht habe. Im Irak gebe es viel Gewalt, Streitigkeiten und Leid unter den Menschen, so Warda. „Dass Sie in unser unruhiges Land kommen, in einer Zeit von Pandemie und Krise, verwirklicht für uns die Worte Christi 'Fürchtet euch nicht'“, wandte sich Erbils Erzbischof an Papst Franziskus.

Papst Franziskus richtete dann an den in Erbil residierenden Katholikos-Patriarchen der Assyrischen Kirche des Ostens, Mar Gewargis III. ein Grußwort. Die Assyrische Kirche des Ostens ist eine eigenständige Ostkirche syrischer Tradition und eine der ältesten Kirchen. Franziskus erinnerte an die christlichen Märtyrer, die eine Ökumene des Blutes verkörpern, wie der Papst mit folgenden Worten verdeutlichte:

„Danke, lieber Bruder! Zusammen mit ihm (Patriarch Mar Gewargis III., Anm.) umarme ich die Christen der verschiedenen Bekenntnisse: Viele haben hier ihr Blut auf demselben Boden vergossen! Unsere Märtyrer erstrahlen aber gemeinsam, wie Sterne am selben Himmel! Von oben bitten sie uns, den Weg in Richtung der vollen Einheit ohne Zögern gemeinsam zu gehen.“

Einsatz für Wiederaufbau gibt Hoffnung

Franziskus würdigte dann den Einsatz der lokalen Kirchen und der Mitglieder des R.O.A.C.O.-Hilfswerke-Verbundes für den Wiederaufbau und die gesellschaftliche Zukunft des Irak. Er habe während seines Irakbesuches dank dieses Einsatzes neben „Stimmen des Schmerzes und der Angst“ auch „Stimmen der Hoffnung und des Trostes“ hören können, formulierte der Papst.

„Der Irak wird immer bei mir bleiben, in meinem Herzen“

Es sei nun der Moment für ihn gekommen, vom Irak Abschied zu nehmen, so Franziskus am Vortag seines Rückfluges nach Rom:

„Aber der Irak wird immer bei mir bleiben, in meinem Herzen. Ich bitte euch alle, Brüder und Schwestern, gemeinsam vereint für eine Zukunft in Frieden und Wohlstand zu arbeiten, wo niemand zurückgelassen und niemand diskriminiert wird. Ich verspreche euch mein Gebet für dieses geschätzte Land. Insbesondere bete ich darum, dass die Mitglieder der verschiedenen Religionsgemeinschaften gemeinsam mit allen Männern und Frauen guten Willens zusammenarbeiten, um Bande der Geschwisterlichkeit und Solidarität zu knüpfen im Dienst für das Gemeinwohl und den Frieden.“

„Salam, salam, salam! Shukrán! [Danke] Gott segne euch alle! Gott segne den Irak! Allah ma’akum! [Gott sei mit euch!]“

Hier zum Hören

Rückkehr nach Bagdad und am Montag Rom

Nach diesem langen und letzten Tag seiner Irakreise kehrt Papst Franziskus am Sonntagabend nach Bagdad zurück, am Montagmorgen geht’s für ihn dann zurück in den Vatikan.


(vatican news – pr)
 

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07. März 2021, 16:10