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Papst Franziskus Papst Franziskus 

Papst-Interview: „Die Zukunft hängt von heutigen Entscheidungen ab“

Die Corona-Pandemie zeigt, dass ein auf die Gegenwart fixiertes Leben nicht mehr trägt: Jetzt seien wichtige Entscheidungen zu fällen, um den künftigen Generationen eine Lebenschance zu geben. Das hat Papst Franziskus in einem neuen Interview gesagt, das am Mittwoch veröffentlich wurde. Franziskus sprach mit der Journalistin Carmen Magallón, der Leiterin der spanischen Ausgabe der Illustrierten „Il mio Papa“.

Mario Galgano und Manuel Cubias – Vatikanstadt

Die Pandemie verändere die Welt und habe uns in eine Krise gebracht, so Papst Franziskus in dem Interview. Er besteht aber darauf, dass „man nicht irgendwie aus einer Krise herauskommt“. Es komme auf die heutigen Entscheidungen an. Entweder kommen wir besser oder wir kommen schlechter aus der Krise, so der Papst. Diesen Gedanken hatte Franziskus auch jüngst in seiner zum 75. Jahrestag ihres Bestehens herausgearbeitet.

Die Menschheit müsse sich die Frage stellen, welche Lebensweise sie der künftigen Generation hinterlassen wolle. Franziskus riet dringend, damit aufzuhören, „nur an uns selbst oder an unsere Gegenwart zu denken und stattdessen in die Zukunft zu blicken, in der Perspektive einer Menschheit, die als Teil der Schöpfung in der Zeit bleiben will“. „Wir müssen die Zukunft in die Hand nehmen und die Erde so hinterlassen, dass andere an ihr arbeiten können. Und das ist die Kultur, die wir in der Pandemie ausarbeiten müssen, nach diesem großen Prinzip, dass man aus einer Krise nicht genauso wieder herauskommt, wie man es zuvor war. Wir kommen schlechter oder besser heraus, aber nicht gleich.“

Umgang mit Trauer

Auf die Frage, wie der Trauer der Hinterbliebenen der Pandemieopfer zu begegnen sei, würdigte Franziskus all die kleinen und großen Gesten, die so viele Menschen auf der Welt gegenüber ihren Mitmenschen gemacht hätten, und sagte: „Wir können diese Trauer nur durch den Versuch überwinden, Anderen nahe zu sein. Es ist der Moment der Stille, der Nähe und des Tuns, was möglich ist, um zusammen zu sein.“

Engagement bis zum Ende

Franziskus sprach auch von den „Heiligen von nebenan“. Es seien „so viele“, fügte der Papst an und bezog sich dabei auf all die Menschen, die ihr Leben für die Bedürftigen gegeben hätten. Diese Menschen „wollten nicht 'fliehen', sondern stellten sich den Problemen und suchten nach praktischen Lösungen für sie.“

Eine grundlegende Tatsache stelle für ihn dar, dass sich unser Engagement für das Leben nicht auf die Gesundheit reduziere, sondern sich in der Sorge um die Ausgestoßenen und Bedrängten fortsetze, um das, was das System „wegwirft“, um diejenigen, die keine Arbeit haben. Die Welt sei mit „großen sozialen Herausforderung“ konfrontiert, „die uns vor Augen führen, wie die Wegwerf-Kultur unsere Art des Umgangs miteinander geprägt hat“. Aus diesem Grund könnten wir nicht mit dem gleichen Wirtschaftssystem fortfahren, das Ungerechtigkeit in seinen Grundlagen habe. Angesichts dessen lade uns die Auseinandersetzung mit der Pandemie dazu ein, uns daran zu erinnern, dass „jedes Leben wert ist und es verdient, verteidigt und respektiert zu werden“.

„Ich stieg die Treppe hinauf und betete, ich betete die ganze Zeit, und ich ging betend weg“

Die Journalistin Carmen Magallón, die das Interview führte, fragte den Papst auch, was am 27. März auf dem Petersplatz in seinem Herzen geschehen sei. An diesem Abend betete der Papst in einer internationale beachteten Zeremonie auf dem leeren Petersplatz für ein Ende der Pandemie und spendete einen außerordentlichen Segen Urbi-et-Orbi. Franziskus bekannte, er habe zu Beginn Angst gehabt, die Treppe hinaufzusteigen: „Mein Herz war in all dem leidenden Volk Gottes, in einer Menschheit, die diese Pandemie ertragen musste und die auf der anderen Seite den Mut hatte, vorwärts zu gehen. Ich stieg die Treppe hinauf und betete, ich betete die ganze Zeit, und ich ging betend weg. So habe ich jenen 27. März erlebt.“

Die Generalaudienzen ohne die Gläubigen seien eine schwierige Zeit für den Papst gewesen: „Es war wie ein Gespräch mit Geistern“. Doch er habe „diese physischen Abwesenheiten mit Telefon und Briefen wettgemacht“. Das habe ihm dabei geholfen, ein gutes Gefühl dafür zu bekommen, wie Familien und Gemeinden diese Zeit leben würden.

Das Gemeinwohl als Kriterium

Franziskus bekräftigt, es gebe kein Standardrezept, um aus der Krise herauszukommen. „Aber wir werden den Weg finden, wenn wir das wirtschaftliche Paradigma ändern: Beginnen wir mit den Peripherien (...) und für die Würde der Menschen.“ Und er fügt hinzu: „Ich habe von den Peripherien gesprochen, aber wir müssen auch das gemeinsame Haus mit einbeziehen, das die Welt, die Pflege des Universums ist.“

„Der Impfstoff gehört der Menschheit, der ganzen Menschheit, er ist universell“

In diesem Sinn sei seine kürzlich veröffentlichte Enzyklika „Fratelli tutti“ als Ansporn zu verstehen, die Geschwisterlichkeit zwischen den Menschen als einen der Schlüssel zum Aufbau der Zukunft zu verstehen. Als Beispiel nannte der Papst die Verteilung des Anti-Corona-Impfstoffs. „Der Impfstoff kann nicht Eigentum des Landes sein, in dem das Labors steht, das ihn entwickelt hat, oder einer Gruppe von Ländern, die sich dafür verbündet haben. Der Impfstoff gehört der Menschheit, der ganzen Menschheit, er ist universell; denn die Gesundheit unserer Völker ist, wie uns die Pandemie lehrt, ein gemeinsamer Besitz, sie gehört zum Gemeinwohl. Das muss das Kriterium sein.“

(vatican news)

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07. Oktober 2020, 11:29