Papst Franziskus: „Beten macht uns menschlicher“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Vor allem an den und bis heute Gebetbuch der Kirche, kann man nach Auffassung des Papstes sehen, dass Beten nicht lebensfremd, sondern „die fundamentale Realität des Lebens“ ist.
Die Grenze, die uns vor uns selbst rettet
„Der Bezug auf das Absolute und das Transzendente ist das, was uns voll und ganz menschlich macht. Es ist die Grenze, die uns vor uns selbst rettet und verhindert, dass wir uns räuberisch und gefräßig in dieses Leben werfen. Das Gebet ist die Rettung des Menschen.“
Natürlich gebe es auch ein falsches Beten – etwa wenn man von anderen dafür bewundert werden wolle. „Der- oder diejenigen, die nur zur Messe gehen, um zu zeigen, dass sie zur Messe gehen, dass sie Katholiken sind oder um das neueste Modell zu zeigen, das sie erworben haben... um sozial gut dazustehen.“
Genau vor dieser Art des Betens, das oberflächlich sei, statt in die Tiefe zu gehen, habe Jesus eindringlich gewarnt. „Der schlimmste Dienst, der Gott und auch den Menschen erwiesen werden kann, ist das müde, gewohnheitsmäßige Beten. Beten wie Papageien, blah, blah, blah, blah, blah...“
Nein, nur „mit dem Herzen“ bete man richtig: wenn Gebet nicht nebenbei geschehe, sondern das heimliche „Zentrum des Lebens“ ausmache. Und auch unsere Mitmenschen buchstäblich mit ins Gebet nehme. „Wenn gebetet wird, wird auch der Bruder, die Schwester, wichtig. In der Tat, sogar der Feind… Wer Gott anbetet, liebt seine Kinder. Wer Gott respektiert, respektiert die Menschen!“
„Nicht abgewogen, sondern mit den Narben der Existenz“
Beten als „Beruhigungsmittel“ sei „mit Sicherheit nicht christlich“: Stattdessen mache rechtes Beten uns „verantwortlicher“ für andere. Und um dieses rechte Beten zu lernen, stelle das Buch der Psalmen im Alten Testament „eine großartige Schule“ dar. Vor allem lerne man hier, nicht nur mit „abgewogenen und freundlichen Ausdrücken“ zu beten, sondern mit den „Narben der Existenz“.
„Das Gebet der Christen hat diesen ‚Atem‘, diese spirituelle ‚Spannung‘, die den Tempel und die Welt zusammenhält. Das Gebet kann im Halbschatten eines Kirchenschiffs beginnen, aber dann durch die Straßen der Stadt laufen. Und umgekehrt kann es bei den täglichen Beschäftigungen aufkeimen und dann in der Liturgie seine Erfüllung finden. Die Türen der Kirchen sind keine Barrieren, sondern durchlässige ‚Membrane‘, die in der Lage sind, den Schrei der ganzen Welt zu hören.“
Auch in den Psalmen sei „die Welt immer gegenwärtig“, so Papst Franziskus. „Kurz gesagt: Wo Gott ist, da muss auch der Mensch sein… Wenn man viele Rosenkränze am Tag betet, dann aber über andere herzieht und innerlich einen Groll hegt, einen Hass auf andere, dann ist das reine Arglist, es ist nicht die Wahrheit, es ist nicht konsequent.“
Der alltägliche Atheismus
Es sei „Atheismus“, wenn man in den Mitmenschen nicht das Bild und Gleichnis Gottes erkenne. „Dieser alltägliche Atheismus: Ich glaube an Gott, aber mit anderen auf Distanz, und ich erlaube mir, andere zu hassen. Dies ist praktischer Atheismus. Die menschliche Person nicht als Ebenbild Gottes anzuerkennen, ist ein Sakrileg, es ist ein Gräuel, es ist das schlimmste Vergehen, das man im Tempel und am Altar begehen kann.“
Auf keinen Fall dürfe man so „leben und vielleicht sogar so beten, als ob es Gott – und als ob es die Armen nicht gäbe“, mahnte Franziskus. Das war, auch wenn er’s nicht aussprach, eine Anspielung auf die berühmte Wette von Blaise Pascal (1623-62): Es sei lohnender, so zu leben, als ob es Gott gäbe, lehrte der französische Philosoph. Sein Argument: „Wenn du gewinnst, gewinnst du alles. Wenn du verlierst, verlierst du nichts.“ Charakteristisch für Franziskus, dass er in diesem Zusammenhang auch „die Armen“ mit ins Spiel bringt.
Ohne Maske: „Wir grüßen uns aus der Ferne“
Am Vorabend, bei einem interreligiösen Friedensgebet auf dem Kapitolshügel in Rom, hatte der Papst erstmals in der Öffentlichkeit eine Maske getragen. Seine Mittwochsaudienz aber hielt er wieder ohne Mund-Nasen-Schutz, dafür aber mit gehörigem Sicherheitsabstand zu seinen Gästen in der vatikanischen Audienzhalle.
„Leider kann ich nicht das tun, was ich immer tue, nämlich mich Ihnen zu nähern, denn es passiert jedes Mal, wenn ich mich nähere, dass Sie alle zusammenlaufen und die Distanz zueinander verlieren - und da besteht für Sie die Gefahr der Ansteckung. Es tut mir leid, so zu handeln, aber es ist zu Ihrer eigenen Sicherheit. Anstatt in Ihre Nähe zu gehen, Hände zu schütteln und Sie zu grüßen, grüßen wir uns aus der Ferne…“
Eine Würdigung Johannes Pauls II.‘
In seinen Grußworten an die Pilger und Besucher erinnerte Franziskus daran, dass der Oktober der Missionsmonat ist. Und er würdigte seinen Vorgänger, den hl. Johannes Paul II: (1978-2005): Der Papst, der im Mai vor hundert Jahren in der polnischen Kleinstadt Wadowice geboren wurde, sei ein „Mann von tiefer Spiritualität“ gewesen.
(vatican news)
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