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Papst: Staaten müssen kooperieren statt isolieren

Es herrscht derzeit ein „ungutes Klima“ in der Weltpolitik, resümierte der Papst an diesem Donnerstag vor den Mitgliedern der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften. Er empfing die Teilnehmer der Vollversammlung im Vatikan in Audienz.
Zum Nachhören

Mario Galgano – Vatikanstadt

Es waren klare Worte gegen jene „Politik der Souveränisten“, die derzeit im Westen sehr viel Zulauf bekommt: Papst Franziskus prangerte in seiner Rede an die Mitglieder der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften den politischen Kurs an, der die eigene Nation in den Vordergrund stelle. „Einige Nationalstaaten setzen ihre Beziehungen eher im Geiste der Opposition als der Zusammenarbeit um“, so der Papst wörtlich. Es brauche Kooperation statt Isolation, so sein Ratschlag.

Bis Freitag werden die Mitglieder der päpstlichen Institution in der „Casina Pio IV“ in den Vatikanischen Gärten über „Nation, Staat, Nationalstaat“ debattieren. Dazu wolle der Papst einige Überlegungen mitgeben:

„Die Grenzen der Staaten fallen nicht immer mit der Abgrenzung homogener Bevölkerungsgruppen zusammen und viele Spannungen ergeben sich aus einem übermäßigen Souveränitätsanspruch der Staaten, oft gerade in Bereichen, in denen sie nicht mehr in der Lage sind, wirksam zum Schutz des Gemeinwohls zu handeln.“

Aus Laudato si und Diplomaten-Rede zitiert

In seiner Analyse zitierte Franziskus mehrmals aus seiner Enzyklika „Laudato si“ sowie aus der Rede vor den Mitgliedern des Diplomatischen Corps in diesem Jahr. In beiden Beiträge machte er „auf die globalen Herausforderungen der Menschheit wie integrale Entwicklung, Frieden, Pflege des gemeinsamen Hauses, Klimawandel, Armut, Krieg, Migration, Menschenhandel, Organhandel, Schutz des Gemeinwohls, neue Formen der Sklaverei“ aufmerksam machte. Er zitierte auch den heiligen Thomas und wie dieser den Begriff „Volk“ verstanden habe:

„Wie die Seine in Frankreich kein Fluss ist, der durch das fließende Wasser bestimmt wird, sondern durch einen genauen Ursprung und ein Flussbett, und so immer als derselbe Fluss betrachtet wird, obwohl das fließende Wasser unterschiedlich ist, so ist ein Volk immer dasselbe und zwar nicht wegen der Identität einer Seele oder eines Menschen, sondern wegen der Identität des Territoriums und noch mehr für die Gesetze und die Lebensweise, die sie pflegen, wie Aristoteles im dritten Buch der Politik sagt.“

Die Kirche beobachte mit Sorge das Wiederaufleben „fast überall auf der Welt“ von aggressiven Strömungen gegenüber Ausländern, insbesondere Einwanderern, sowie den wachsenden Nationalismus, der das Gemeinwohl vernachlässige, so der Papst:

„Die Kirche hat immer die Liebe des eigenen Volkes, des Landes, die Achtung vor dem Schatz der verschiedenen kulturellen Ausdrucksformen, der Bräuche und Gewohnheiten und der gerechten Lebensweisen, die in den Völkern verwurzelt sind, gefordert. Gleichzeitig hat die Kirche die Menschen, Völker und Regierungen vor den Abweichungen dieser Bindung gewarnt, wenn es darum geht, andere auszuschließen und zu hassen, wenn es um konfliktträchtigen Nationalismus geht, der Mauern, sogar Rassismus oder Antisemitismus, errichtet.“

Dem Markt unterworfen

Es sei allgemein anerkannt, dass „der Staat im Dienste der Menschen und der natürlichen Personengruppen steht“,  so Franziskus weiter. Allzu oft seien aber Staaten den Interessen einer marktbeherrschenden Gruppe unterworfen, „größtenteils aus Gründen des wirtschaftlichen Profits“, fügte er an.

Die Aufgabe der Regierungen besteht darin, „Migranten zu schützen und die Migrationsströme mit der Kraft der Umsicht zu regulieren“, bemerkte der Papst und fügte an, dass man die lokale Bevölkerung auf die Aufnahme vorbereiten müsse.

Das Gemeinwohl sei etwas, was weltweit gelte, und deshalb müssten die Nationen sich „zu ihrem eigenen Nutzen zusammenschließen“ und „eine besondere Autoritätsbehörde einrichten, die juristisch und in Übereinstimmung miteinander“ anerkannt sei. Der Papst nannte dann einige der globalen Herausforderungen der heutigen Zeit: Klimawandel, neue Sklaverei, Frieden und, als positive Beispiele, nannte er die Zusammenarbeit und den Frieden zwischen den verschiedenen Ländern in Europa sowie Simón Bolivars Vision von einem Lateinamerika als einer großen Heimat, die jedes einzelne Volk zu schätzen wisse.

Der Papst bezog sich dann auf „zwischenstaatliche Institutionen“, in denen alle Staaten „effektiv vertreten“ seien und wo sie in der Lage seien, „die Logik von Rache, Herrschaft, Unterdrückung und Konflikt durch die Logik von Dialog, Vermittlung“ zu ersetzen, weil alle derselben Menschheit angehören. Und so ermutigte er die Päpstliche Akademie der Sozialwissenschaften, „den Prozesse zu suchen, die in der Lage sind, das Trennende zu überwinden und neue Wege der Zusammenarbeit vorzuschlagen“. In Bezug auf den Frieden zeige sich „die bittere Tatsache, dass heute die Zeit der multilateralen nuklearen Abrüstung veraltet scheint“.

Daraus ergebe sich der Aufruf jedes einzelnen Staates zu einer größeren Verantwortung, damit jeder bei der Verfolgung des Wohls seines eigenen Volkes den Aufbau des Wohls der gesamten Menschheit nicht vernachlässige.

(vatican news)

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Eindrücke von der Audienz im Vatikan
02. Mai 2019, 13:20