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Papst Franziskus im Hörsaal der Lateran-Universität Papst Franziskus im Hörsaal der Lateran-Universität 

Überraschungsbesuch des Papstes an der Uni: „Demografischen Winter“ überwinden

Am Dienstagmorgen hat Papst Franziskus der Lateranuniversität einen Blitzbesuch abgestattet. In seiner Betrachtung zur Tageslesung aus dem Buch Daniel, die den Bußteil des Gebetes der drei Jünglinge im Feuerofen thematisiert, zeigte sich Franziskus von der Logik der Bibel beeindruckt. Das Volk Israel werde in Zeiten der Bedrängnis an das Beispiel berühmter Vorfahren erinnert.

Claudia Kaminski - Vatikanstadt

Die Lesung des Tages enthält das Gebet von drei jungen Söhnen Israels, die vom babylonischen König Nebukadnezar in einen großen brennenden Ofen geworfen wurden, weil sie sich weigerten, seine goldene Statue anzubeten. Franziskus verwies im Zusammenhang mit ihrer überzeugten Entschlossenheit, Gott treu zu sein und den Märtyrertod auf sich zu nehmen auf das Leid der verfolgten Christen heute in einigen Teilen der Welt. Das Buch Daniel sei in Zeiten der Verfolgung Israels entstanden und habe dem Volk helfen sollen.

 

Demografischer Winter ist Folge von Egoismus

Die akademische Ausbildung an der Päpstlichen Universität solle die Studenten nicht isolieren, sondern sie mit kritischem Bewusstsein und Urteilsvermögen ausstatten, hofft der Papst. Die Beachtung des Evangeliums und die Annahme des reichen Erbes der Tradition der Kirche auf allen Ebenen zielten nicht darauf ab, das Denken zu blockieren. Sie könnten zu einem „freien, authentischen, wirklichkeitstreuen, und auch „gesunden“ Standpunkt der aktuellen Zeit gegenüber führen, betonte Franziskus.

Wie schon häufiger wandte sich der Papst scharf gegen den Individualismus und ließ die Studenten an seinem persönlichen Leid teilhaben: „Ich möchte einen Punkt ansprechen, der mich leiden lässt: unseren demografischen Winter. „Aber warum hast du nicht wenigstens ein oder zwei Kinder? - Nein, aber ich denke, ich würde gerne eine Reise machen, ich warte noch eine Weile....". Und so gehen Paare weiter ohne fruchtbar zu sein“.

Dieser demografische Winter, so der Papst, sei Folge dieses einzigartigen, egoistischen Denkens, das nur die eigene Verwirklichung suche. Franziskus mahnte die Studenten, darüber nachzudenken, und verwies auf die krankmachende Wirkung von zu viel Egoismus.

Evangelium ist Gegenmittel für Individualismus

Zudem sei es eine Schande, sich nicht um die Armen oder die Schöpfung zu kümmern. Aus der Betrachtung des Geheimnisses der Dreifaltigkeit Gottes und der Menschwerdung des Sohnes ergebe sich der Vorrang der Begegnung mit dem heiligen Geheimnis des anderen, der universellen Gemeinschaft mit der gesamten Menschheit als Berufung aller Quellen für das christliche Denken und für das Handeln der Kirche: „Veritatis Gaudium bekräftigt, dass das primäre und permanente Kriterium für die Erneuerung der kirchlichen Studien die Kontemplation und die geistliche, intellektuelle und existentielle Einführung in das Herz des Kerygma, d.h. der immer neuen und faszinierenden frohen Botschaft vom Evangelium Jesu, ist“.

Auch die ‚freudige Konzentration auf das Antlitz Gottes‘ führe dazu den Schrei der Armen und der Erde zu hören. Zur Erläuterung erzählte Franziskus den Studenten eine kleine Anekdote. Ein Junger Priester habe ihm eine Falle gestellt: „Sag mir, Vater, was ist das Gegenteil von ‚Ich‘? Und sofort antwortete ich: ‚Du‘. ‚Nein, Vater, selbst die Päpste liegen falsch, nein. Das Gegenteil von ‚Ich‘ ist ‚wir‘. Uns. Es ist das, was uns vor dem Individualismus bewahrt, sowohl vom ‚Ich‘ als auch vom ‚Du‘“. Das Evangelium gebe die radikalsten und tiefsten Gegenmittel, um dem Individualismus zu widerstehen, betonte Franziskus.

In einer weiteren Passage der Bibelstelle sieht der Papst einen seiner bevorzugten Wesenszüge Gottes angesprochen: Die jungen Israeliten im Feuerofen appellieren an die Barmherzigkeit Gottes.

„Es gibt Solidarität in der Sünde, die zur Solidarität im Glaubensbekenntnis wird“

„Sie spüren das Gewicht eines offenen Kontos mit dem Herrn und singen ein schönes Gebet, das eine Anerkennung der Schuld und eine Bitte um Vergebung ist. Die Sünden sind die der Väter, sie tragen die Konsequenzen, aber in diesem Moment bitten sie um Vergebung im Namen aller…Es gibt Solidarität in der Sünde, die zur Solidarität im Glaubensbekenntnis wird: Gott, der unendliche Barmherzigkeit ist, wird Erbarmen mit den Vätern und auch mit uns haben.“ Die Jugendlichen im Feuerofen hätten daran erinnert, dass die Geschichte der Menschen immer von der Barmherzigkeit Gottes geprägt gewesen sei. Sie zeigten sich überzeugt, dass es eine Zukunft geben wird, auch inmitten von Feindseligkeit und Verfolgung: „Und das, weil Gott immer treu ist und immer vergibt. Immer. Gott wird nie müde, zu vergeben.“

Logik der Aufklärung noch nicht überwunden

Das Studium, so Franziskus, werde für die angehenden Akademiker nur fruchtbar und nützlich sein, wenn sie sich der Zugehörigkeit zur ganzen Menschheit bewusst seien und lernten, das Leben zu interpretieren. Er hoffe auf einen radikalen Paradigmenwechsel in den Wissenschaften über die Kirche, die eine wahre evangelische Hermeneutik hervorbringe, um das Leben, die Welt und die Menschen besser zu verstehen. Dies brauche es auch, weil die Menschen die Logik der Aufklärung noch nicht überwunden hätten, mahnte Franziskus und verwies auf die sogenannten drei Sprachen: „Die Sprache des Geistes, die Sprache des Herzens, die Sprache der Hände, so dass man denkt, was man fühlt und tut; man fühlt, was man denkt und tut; man tut, was man fühlt und denkt. Diese Hermeneutik ist heute notwendig, um das Erbe der Aufklärung zu überwinden.“

Man brauche eine spirituelle Atmosphäre der Forschung und Gewissheit, die auf den Wahrheiten der Vernunft und des Glaubens beruhe, die nur mit offenem Verstand und auf Knien fruchtbar sein werde. Mit diesem Geist und dieser Disziplin könnten ihre Studien helfen, die Welt zu interpretieren und die Zukunft gemeinsam mit dem Herrn aufzubauen, gab Franziskus den Studenten mit auf den Weg.

(vatican news)

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Ein paar Eindrücke von dem Überraschungsbesuch
26. März 2019, 13:57