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Angelus: „Gott wiegt die Dinge anders als wir“

Im Himmel werden wir „bestimmt“ die arme Witwe finden, die im Evangelium von diesem Sonntag vorkommt – dann werden wir sie „begrüßen“ können. Diese Überzeugung drückte Papst Franziskus an diesem Sonntag aus.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Bei seinem „Engel des Herrn“ am Petersplatz sprach er über die Evangeliums-Episode vom Scherflein der Witwe (vgl. Mk 12,38-44). Dabei beobachtete er zunächst, dass das Evangelium uns zwei „gegensätzliche Persönlichkeiten“ vor Augen stellt, nämlich „den Schriftgelehrten und die arme Witwe“.

„Der Schriftgelehrte steht für die wichtigen, reichen und einflussreichen Menschen, die Witwe hingegen für die letzten, die armen und die schwachen.“ Jesus verurteile die Schriftgelehrten – aber er meine damit keineswegs „die ganze Kategorie“, sondern nur „diejenigen unter ihnen, die ihre soziale Stellung zur Schau stellen, die sich gerne ehren lassen und gern an erster Stelle stehen“.

„Jesus entlarvt den perversen Mechanismus“

„Ihr Prunk ist vor allem religiöser Natur, denn sie beten lange, damit es jeder sieht, und benutzen Gott, um sich als Verteidiger seines Gesetzes in Szene zu setzen. Und diese Haltung von Überlegenheit und Eitelkeit führt dazu, dass sie diejenigen verachten, die wenig zählen oder sich in einer nachteiligen wirtschaftlichen Lage befinden, z.B. die Witwen.“

Zum Nachhören

Jesus entlarve diesen „perversen Mechanismus“, so der Papst: „Er verurteilt die Unterdrückung der Schwachen aus vorgeblich religiösen Motiven und sagt deutlich, dass Gott auf der Seite des Letzten steht.“ Und damit sich die Jünger das auch gut merken können, zeigt Jesus auf eine arme Witwe, „deren soziale Stellung gleich null war, weil ihr ein Mann fehlte, der ihre Rechte verteidigen konnte“. Diese Frau, so führte Franziskus aus, habe zwei kleine Münzen gespendet – und damit ihr ganzes Eigentum.

Formalismus und Kalkül vermeiden

„Sie gibt, was sie hat, und versucht dabei, fast schamhaft, unbemerkt zu bleiben. Aber gerade in dieser Demut vollbringt sie einen Akt von großer religiöser und spiritueller Bedeutung. Diese aufopferungsvolle Geste entgeht nicht dem aufmerksamen Blick Jesu, der darin das völlige Selbst-Opfer sieht, zu dem er seine Jünger erziehen will.“

Das sei eine Lehre, die Jesus uns auch heute erteile, so der Papst. „Die Waage des Herrn unterscheidet sich von unseren Waagen. Er wägt Menschen und ihre Gesten anders ab: Er misst nicht Quantität, sondern Qualität, er prüft das Herz und achtet auf die Reinheit der Absichten. Das bedeutet, dass unsere Gaben an Gott und an andere immer die Erstarrung im Ritual und Formalismus sowie jedes Kalkül vermeiden, dass sie vielmehr Ausdruck von Großzügigkeit sein sollten.“

„Im Himmel werden wir die arme Witwe finden“

Und dann wich Franziskus von seinem vorbereiteten Redemanuskript ab. „So wie Jesus es mit uns getan hat: Er hat uns „gratis“ erlöst, wir mussten für die Erlösung nichts zahlen! Er hat uns „gratis“ erlöst – und wir sollen die Dinge deshalb in einem Geist der Unentgeltlichkeit tun.“

Deshalb weise Jesus auf die „arme und großzügige Witwe“ als ein „Modell des christlichen Lebens“ hin. „Wir kennen ihren Namen nicht, aber wir kennen ihr Herz; und das ist es, was vor Gott zählt. Im Himmel werden wir sie finden, da können wir sie dann bestimmt einmal begrüßen!“

In Momenten, wo wir uns „wie die Pfauen“ aufspielen wollten, sollten wir doch an diese Frau denken, so der Papst. „Es wird uns guttun: Es wird uns helfen, uns von dem Überflüssigen zu befreien, auf das zu achten, was wirklich wichtig ist, und bescheiden zu bleiben.“

Nächste Woche: Zweiter Welttag der Armen

Soweit Franziskus‘ Kommentar zum Evangelium dieses Sonntags. Nach dem Gebet des „Engel des Herrn“ wies er aber noch auf den kommenden Sonntag hin: Da wird zum zweiten Mal überhaupt der von diesem Papst eingeführte Welttag der Armen gefeiert. „Auch hier auf dem Petersplatz wurde eine Gesundheitseinrichtung eingerichtet, die eine Woche lang bedürftige Menschen betreuen wird. Ich hoffe, dass dieser Tag dazu beitragen wird, dass sich die Aufmerksamkeit zunehmend auf die Bedürfnisse der am stärksten benachteiligten und marginalisierten Menschen richtet!“
(vatican news)
 

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11. November 2018, 13:14