Generalaudienz: Wahre Ruhe kommt von Gott
Christine Seuss - Vatikanstadt
Das Gebot, den Ruhetag einzuhalten, scheine ein „leicht zu befolgendes“ Gebot zu sein, führte der Papst die Pilger auf dem Petersplatz in seine Überlegungen ein. Doch dies sei ein Irrglaube, denn es gebe die „wahre“ und die „falsche Ruhe“, betonte Franziskus mit Blick auf Tendenzen der Gegenwart.
„Die heutige Gesellschaft dürstet nach Vergnügen und Ferien. Die Industrie der Ablenkung – hört gut zu, die Industrie der Ablenkung – blüht zusehends und die Werbung zeichnet die ideale Welt wie einen großen Spielplatz, auf dem alle Spaß haben. Das Konzept von Leben, das heute vorherrscht, hat seinen Schwerpunkt nicht in der Aktivität und im Einsatz, sondern in der Ablenkung. Verdienen, um Spaß zu haben, Befriedigung zu finden.“
Doch diese Mentalität sorge dafür, dass der Mensch immer mehr in die Unzufriedenheit abgleite, ging Franziskus hart mit dem modernen Hedonismus ins Gericht. Bei der ständigen Jagd nach Vergnügen handele es sich nämlich keineswegs um echte „Ruhe“, sondern um eine „Flucht vor der Realität“, so die Diagnose des Papstes. Dies führe zu dem Paradox, dass der Mensch heutzutage zwar besonders viel Freizeit zum Ausruhen habe, doch gleichzeitig nie so viel Leere verspürte, wie dies heute der Fall sei, fuhr er fort:
„Die Möglichkeiten, sich zu vergnügen, hinaus zu kommen, die Kreuzfahrten, die Reisen, so viele Dinge, die dir nicht die Fülle des Herzens schenken. Im Gegenteil: sie geben dir keine Ruhe.“
Die Worte des Dekalogs hingegen führten ins Zentrum des Problems, indem sie einen anderen Blickwinkel darauf zuließen, was Ruhe tatsächlich bedeute. Die Besonderheit des Gebots, so erläuterte der Papst, liege darin, dass es auch eine „Begründung“ mitliefere: „Die Ruhe im Namen des Herrn hat einen klaren Grund: ,Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der Herr den Sabbattag gesegnet und ihn für heilig erklärt.´ (Ex 20,11)“ Dies weise zurück auf die Vollendung der Schöpfung, als Gott voller Zufriedenheit auf die von ihm geschaffene Welt blicke, so der Papst weiter. „Und dann beginnt der Ruhetag, der die Freude von Gott darüber ist, was er geschaffen hat. Es ist der Tag der Beschaulichkeit und der Segnung.“
Beschaulichkeit und Lobpreis
Damit werde deutlich, was die Ruhe tatsächlich ausmache: Beschaulichkeit und Lobpreis, nicht „Zerstreuung“. Dies bedeute allerdings, die Realität als solche zu akzeptieren und deren positive Seiten anzuerkennen, im Gegensatz zur „Flucht vor der Realität“:
„Für uns Christen ist das Zentrum des Tages des Herrn, des Sonntags, die Eucharistie, was ,Danksagung´ bedeutet. Es ist der Tag, um Gott zu sagen: danke, danke Herr, danke für das Leben, für deine Barmherzigkeit, für alle deine Gaben. Der Sonntag ist nicht der Tag, um alle anderen Tage auszulöschen, sondern um sich an sie zu erinnern, sie zu segnen und sich mit dem Leben zu versöhnen. Wie viele Menschen gibt es, so viele, die viele Möglichkeiten haben, sich zu vergnügen, und dennoch nicht in Frieden mit ihrem Leben leben.“
Der Sontag sei der Tag, an dem man diesen Frieden mit dem Leben schließen könne, indem man anerkenne, dass das Leben „kostbar“ sei, auch wenn es „nicht einfach“, manchmal sogar „schmerzlich“ sei, fuhr Franziskus fort. Zwar sei die Einführung in die authentische Ruhe ein Werk Gottes in uns, doch dies verlange gleichzeitig die Abkehr vom „Fluch“ und seiner „Faszination“: denn wahrer Frieden komme nicht durch Zufall, sondern durch reife Entscheidungen des Herzens zustande, betonte der Papst.
„Es ist notwendig, sich mit der eigenen Geschichte zu versöhnen, mit den Tatsachen, die man nicht akzeptiert, mit den schwierigen Teilen der eigenen Existenz. Ich frage euch: hat jeder von euch seinen Frieden mit der eigenen Geschichte geschlossen? […] Der wahre Frieden bedeutet nicht, die eigene Geschichte zu ändern, sondern sie anzunehmen und sie aufzuwerten, so, wie sie passiert ist.“
Eine wertvolle Lektion könnten dabei Menschen geben, die trotz schwieriger Lebensumstände ein heiteres Gemüt bewahrten und wahre Freude auch über kleine und unbedeutende Gaben empfänden, gab der Papst zu bedenken:
„Wann wird unser Leben schön? Wenn man beginnt, gut von ihm zu denken, welcher Art auch immer unsere Geschichte sei. Wenn sich die Gabe eines Zweifels Bahn bricht: derjenige, dass alles Gnade ist, und dieser heilige Gedanke lässt die innere Mauer der Unzufriedenheit in sich zusammenfallen, und öffnet für die wahre Ruhe.“ Das Leben werde dann wirklich schön, betonte der Papst abschließend, wenn sich „das Herz der Vorsehung“ öffne und das als „wahr“ erkenne, was der Psalm aussagt: „,Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe´â€œ.
(vatican news)
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