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Pater Fischer in Vilnius Pater Fischer in Vilnius 

Litauen: „Bischöfe müssten mehr Sprachrohr der Sprachlosen sein“

Die Bischöfe Litauens müssten in Fragen sozialer Ungerechtigkeit offener Stellung beziehen und selbst gerechten Lohn zahlen. Diese Anregung kommt von dem deutschen Pater Hans Friedrich Fischer, der seit 21 Jahren in Vilnius wirkt und hier unter anderem sieben Jahre das Priesterseminar leitete. Die litauische Bevölkerung finde im Übrigen großen Gefallen an Papst Franziskus.

Gudrun Sailer sprach mit dem aus dem Eichsfeld gebürtigen Oratorianer und fragte ihn zunächst, wie er die Kirche in Litauen charakterisieren würde.

Hans Friedrich Fischer: „Zum ersten ist es eine junge Kirche. Sehr viele junge Leute sind in dieser Kirche aktiv und engagieren sich, vor allem auch in den neuen geistlichen Bewegungen, und ich freue mich, dass die jungen Kapläne, die ich teils mit ausgebildet habe, verstanden haben, was die Zeichen der Zeit sind. Das zweite, dass es eine traditionsbewusste Kirche ist. Wenn ich Gottesdienst habe, muss ich auch am Werktag jeden Tag im Beichtstuhl sitzen. Und dann ist die Kirche in Litauen auch eine Kirche, die noch besser verstehen müsste, die Rolle wieder einzunehmen, die sie früher mal hatte, nämlich Sprachrohr der Sprachlosen zu sein. Die Bischöfe müssten sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, noch mehr zum Sprachrohr der zu kurz Gekommenen machen.“

Vatikan News: Welche Menschen meinen Sie damit speziell?

Hans Friedrich Fischer: „Es gibt in Litauen eine größer werdende Kluft zwischen arm und reich. Es wäre gut, wenn unsere Bischöfe zu dem ungerechten sozialen Verhalten von Arbeitgebern ähnlich deutliche Worte finden würde wie der Papst in Italien. Etwa zur gerechten Bezahlung. Es wäre nötig, dass die Kirche auch selber als Arbeitgeber sich an die eigene katholische Soziallehre hält und nicht mit denselben Mätzchen arbeitet wie ein litauischer Unternehmer. Die Kirche muss Vorbild sein.“

Pope: Sie haben insgesamt sieben Jahre das Priesterseminar von Vilnius geleitet. Wie haben sich in den Jahren seit der Unabhängigkeit 1990 die Berufungszahlen entwickelt?

Hans Friedrich Fischer: „Am Anfang ein großer Zulauf, weil in der Sowjetzeit viele junge Männer, die gern Priester geworden wären, es nicht konnten. Deswegen wurde ein neues Seminar gebaut, weil das alte zu klein war. 2001 war der Höhepunkt, da kamen über 60 Priesteramtskandidaten. Dann kam eine Krise, und zwar überhaupt in Europa, und ein demografischer Knick in Litauen. Zum anderen bin ich überzeugt, es gibt nicht eine Krise der Berufungen, sondern eine Krise der Art und Weise, wie Priester leben.

Pope: Wie meinen Sie das?

Hans Friedrich Fischer: „Meine Erfahrung ist, es gibt Gemeinden, aus denen fast jedes zweites Jahr eine Berufung kommt. Und es gibt Gemeinden, aus denen seit 50 Jahren keine Berufung kommt. Sehen Sie sich die Priester an, die in den Gemeinden arbeiten, dann wissen Sie auch, warum das so ist. Ich meine, dass Priester versuchen müssen, überzeugender ihr Priestertum zu leben.“

Pope: Vor 25 Jahren kam Johannes Paul II. nach Litauen, der erste Papst, der das Land besuchte. Nun der Lateinamerikaner Papst Franziskus. Wie kommt er bei den Litauern an?

Hans Friedrich Fischer: „Ich denke, dass auch große Erwartungen an ihn da sind. Die Art, wie er das Amt ausübt, gefällt den Menschen in Litauen. Sie verfolgen schon, was er sagt und wie er ess sagt. Und gerade auch seine kritischen Positionen gegenüber Missbräuchen kommen hier gut an. Obwohl mein Eindruck ist: in Litauen ist das größte Problem unter dem Priestern Alkoholismus, und nicht Missbrauch.“

(Pope – gs)

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21. September 2018, 22:16