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Und er schweigt nicht: Benedikt XVI. mit Kardinal Raimundo Damasceno in den Vatikanischen Gärten Und er schweigt nicht: Benedikt XVI. mit Kardinal Raimundo Damasceno in den Vatikanischen Gärten 

Benedikt XVI. schreibt zum christlich-jüdischen Dialog

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat erneut zur Feder gegriffen und in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Communio" einen Beitrag zum christlich-jüdischen Dialog veröffentlicht. Der deutsche Papst schreibt von Nachschärfungsbedarf bei wichtigen Paradigmen des jüdisch-christlichen Dialogs.

Ziel des Benedikt-Textes sei zunächst nur eine private Reflexion auf die nachkonziliare Absage an die sogenannte „Substitutionstheorie" und die Rede vom „nie gekündigten Bund" gewesen, erläuterte Kardinal Kurt Koch in seinem Geleitwort. Er habe den emeritierten Papst jedoch von der Veröffentlichung des im Oktober 2017 entstandenen Dokumentes überzeugen können. Benedikt sei der jüdisch-christliche Dialog stets ein großes Anliegen gewesen.


Zweifacher Nachschärfungsbedarf

 

Tatsächlich bietet der mit „Joseph Ratzinger - Benedikt XVI." signierte und auf den 26. Oktober 2017 datierte Text eine durchaus kritische Reflexion bisheriger „Standards" im jüdisch-christlichen Dialog bzw. im nachkonziliaren theologischen Nachdenken über das Verhältnis von Judentum und Christentum. Konkret sieht Benedikt XVI. bei den beiden Stichworten „Substitutionstheorie" und „nie gekündigter Bund" Nachschärfungsbedarf: „Beide Thesen - dass Israel nicht durch die Kirche substituiert werde, und dass der Bund nie gekündigt worden sei - sind im Grunde richtig, sind aber doch in vielem ungenau und müssen kritisch weiter bedacht werden", schreibt Benedikt.

So habe es eine „Substitutionstheorie" - also die Vorstellung, die Kirche sei an die Stelle Israels getreten – „als solche nicht gegeben", stellt der emeritierte Papst unter Verweis auf einschlägige Lexika klar. Mehr noch komme dem Judentum aus christlicher Sicht stets ein besonderer Status zu, insofern das Judentum „nicht eine Religion unter anderen" sei, sondern „in einer besonderen Situation steht und daher auch als solches von der Kirche anerkannt werden muss". In Folge erläutert er seine These anhand der bleibenden Differenzen zwischen Judentum und Christentum, konkret: im Blick auf den Tempelkult, die Kultgesetze, die Stellung der Tora, die Messias-Frage und die Landverheißung.

 

Messias-Frage sei „die eigentliche Streitfrage zwischen Juden und Christen

 

Gerade die „Messias-Frage" stelle dabei „die eigentliche Streitfrage zwischen Juden und Christen" dar, hält Benedikt XVI. fest: Ist die jüdische Messias-Erwartung auf einen - auch politisch verstandenen - Friedensbringer fokussiert, so müsse man aus christlicher Sicht darauf verweisen, dass Jesus „nicht unmittelbar die vollendete neue Welt des Friedens bringen wollte (...), sondern den Menschen, auch den Heiden, Gott zeigen wollte".

Es bleibe also ein gewisser Verheißungsüberschuss, insofern die Zeit Jesu „nicht eine Zeit einer kosmischen Umwandlung ist, in der die endgültigen Entscheidungen zwischen Gott und Mensch schon gefallen sind, sondern eine Zeit der Freiheit", so Benedikt XVI.

 

Absage an „politischen Messianismus"

 

Abgelehnt wird in Folge kirchlicherseits auch jeder „politische Messianismus", der sich etwa in einer theologischen Deutung der Errichtung des Staates Israel 1948 als Erfüllung der biblischen Landverheißung versteht. Die vatikanische Anerkennung des Staates Israel wurzle daher auch nicht in einer theologischen Überlegung, sondern in der Anerkennung des „naturrechtlichen Anspruchs" der Juden auf ein eigenes Land, so Benedikt XVI. weiter: „In diesem Sinn hat der Vatikan den Staat Israel als einen modernen Rechtsstaat anerkannt und sieht in ihm eine rechtmäßige Heimat des jüdischen Volkes, deren Begründung freilich nicht unmittelbar aus der Heiligen Schrift abgeleitet werden kann, aber dennoch in einem weiteren Sinn die Treue Gottes zum Volk Israel ausdrücken darf."

Auch die Frage des „nie gekündigten Bundes" zwischen Gott und den Juden - eine Aussage, die auf Johannes Paul II. zurückgeht und zum heute selbstverständlichen Deutungshorizont des Judentums aus christlicher Sicht gehört - verlange laut Benedikt XVI. nach Differenzierungen.

Zwar ist die Aussage prinzipiell „als richtig anzusehen, aber im einzelnen doch noch vieler Präzisierungen und Vertiefungen bedürftig": Etwa in dem Sinne, dass es nicht nur den einen Bund zwischen Gott und seinem Volk gab, sondern viele Bünde. Zudem gehöre das Wort von der Kündigung eines Bundes nicht zur theologischen Begriffswelt des Alten Testamentes und auch die damit transportierte Vorstellung eines Vertrages auf Augenhöhe entspreche nicht der biblischen Theologie.

„Die Formel vom 'nie gekündigten Bund' mag in einer ersten Phase des neuen Dialogs zwischen Juden und Christen eine Hilfe gewesen sein, taugt aber nicht auf Dauer, um die Größe der Wirklichkeit einigermaßen angemessen auszudrücken", so Benedikts abschließendes Urteil.

(kap - ck) 

 

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06. Juli 2018, 14:44