„Veritatis gaudium“: Franziskus richtet katholische Unis neu aus
Die neue Apostolische Konstitution „Veritatis gaudium“, zu Deutsch „Freude der Wahrheit“, soll ab dem kommenden akademischen Jahr 2018/2019 Anwendung finden.
Anne Preckel
Es gehe um eine „weise und mutige Erneuerung der kirchlichen Studien“, „wie sie die missionarische Neuausrichtung einer Kirche im Aufbruch erfordert“, schreibt der Papst in der Einleitung von „Veritatis gaudium“. Die Kirche befinde sich in einer „neuen Etappe der Evangelisierung“, was einen „entschiedenen Prozess der Unterscheidung, der Läuterung und der Reform“ verlange. Diese neue Phase der Sendung der Kirche sei „durch das Zeugnis der Freude gekennzeichnet (…), die aus der Begegnung mit Jesus und der Verkündigung seines Evangeliums erwächst“, setzt der Papst seine Konstitution „Freude der Wahrheit“ in Zusammenhang mit seinem Apostolischen Schreiben „“, „Freude des Evangeliums“, aus dem er stellenweise zitiert.
Neue Leadership-Kultur soll globale Probleme lösen
„Veritatis gaudium“ knüpfe an die Apostolische Konstitution „Sapientia christiana“ aus dem Jahr 1979 an, so Franziskus. Die Ergänzung der damals von Papst Johannes Paul II. verfassten Apostolischen Konstitution sei einerseits Entwicklungen der letzten Jahre im Bereich der akademischen Studien sowie internationalen Empfehlungen an den Heilige Stuhl geschuldet.
Andererseits sei die Weiterentwicklung aufgrund des „weltweit gewandelten soziokulturellen Kontextes“ nötig, führt der Papst weiter aus. Mit Blick auf diesen Weltkontext spricht Franziskus von „einer umfassenden anthropologischen und sozio-ökologischen Krise“, einem „regelrechten Zeitenwandel“. Die Welt habe mit schnellen Veränderungen und auch Verschlechterungen zu kämpfen, täglich seien „Symptome eines Bruchs“ zu bemerken. Beispielhaft erwähnt der Papst Naturkatastrophen, gesellschaftliche Krisen und „Finanzkrisen“. Vor diesem Hintergrund sei es notwendig, „das Modell globaler Entwicklung in eine [andere] Richtung [zu] lenken“ und „Fortschritt neu zu definieren“. Dafür müsse eine neue Kultur von „Leadership“ ausgebildet werden, die hier Lösungswege aufzeigen könne und zu der das weltweite Netz kirchlicher Unis und Fakultäten einen „entscheidenden Beitrag“ leisten könne, so der Papst. Es gehe um nicht weniger, als einen „radikalen Paradigmenwechsel“ voranzutreiben, eine „mutige kulturelle Revolution“ im Bildungs- und Wissenschaftsbereich.
Die christliche Religion besser vermitteln
Wissensvermittlung könne niemals alleiniges Ziel der kirchlichen Studieneinrichtungen sein, erläutert der Papst weiter. Katholische Universitäten und Fakultäten müssten die Studierenden vielmehr dazu befähigen, intellektuelle Instrumente für die Verkündigung in einer ethisch-religiös pluralistischen Welt zu entwickeln. Dafür brauche es ein fundiertes theologisches Bewusstsein und die „Fähigkeit, Systeme zur Darstellung der christlichen Religion zu entwerfen, auszuarbeiten und zu verwirklichen; eine Darstellung, die tief in verschiedene kulturelle Systeme eindringen kann“. Dies bringe eine Qualitätssteigerung der wissenschaftlichen Forschung und des Niveaus des theologischen Studiums und der verwandten Wissenschaften mit sich. Es gehe einerseits darum, „das Feld der Diagnose zu erweitern und die Datenmenge zu vermehren, die zur Verfügung steht, um die Wirklichkeit zu verstehen“, so der Papst. Andererseits gehe es um eine Vertiefung, „um so die Wahrheit des Evangeliums in einem bestimmten Kontext bestmöglich mitzuteilen, ohne auf die Wahrheit, das Gute und das Licht zu verzichten, die eingebracht werden können, wenn die Vollkommenheit nicht möglich ist".
Vier Grundprinzipien
Konkret soll sich die Reform der kirchlichen Studien laut Papst Franziskus an vier Grundprinzipien orientieren. Erstes Prinzip: Kontemplation und Verinnerlichung der Frohbotschaft des Evangeliums Jesu im Leben der Kirche und der Menschheit. Hier gehe es um die Erfahrung, als Kirche eine „Mystik des Wir“ und der universalen Brüderlichkeit zu leben, den Kosmos als „Gewebe von Beziehungen“ zu begreifen und daraus letztlich zu einer „Spiritualität der globalen Solidarität“ zu gelangen, so der Papst.
Zweites Leitkriterium sei „Dialog auf allen Gebieten“, und zwar nicht aus „taktischen“ Gründen, sondern aus einer gemeinsamen Suche nach Wahrheit heraus: Wissenschaftler, Lehrende und Studenten müssten eine „Kultur der Begegnung“ mit Vertretern anderer Religionen und Menschen anderer Überzeugungen pflegen, so Franziskus: „Es ist notwendig, dorthin zu gelangen, wo die neuen Geschichten und Paradigmen entstehen“.
Drittens müsse das kirchliche Studiensystem inter- und transdisziplinär sein - inhaltlich wie methodisch, hält Franziskus fest. Die kirchlichen Studiengänge sollten „eine Pluralität an Wissensgebieten“ anbieten, die dem Reichtum der Wirklichkeit entsprächen, so der Papst.
Ein viertes Anliegen ist die Gründung eines Netzwerkes der verschiedenen Einrichtungen, „die auf der ganzen Welt die kirchlichen Studien pflegen und fördern“. Hier gehe es um „Synergien“ mit akademischen Einrichtungen anderer Länder, Kulturen und Religionen. Darüber hinaus möchte der Papst, dass „Forschungseinrichtungen ins Leben gerufen werden, die sich auf das Studium der epochalen Probleme, welche die Menschheit heute bedrücken, spezialisieren und geeignete, realistische Lösungsvorschläge machen“. Hierbei müsse das Bild einer zusammenhängenden Welt Ausgangspunkt sein, „das Polyeder, welches das Zusammentreffen aller Teile wiedergibt, die in ihm ihre Eigenart bewahren“.
(vatican news - pr)
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