Kenia: Das große Potential behinderter Kinder erschließen
Von Sr. Roselyne Wambani Wafula FSP
„Als katholische Ordensschwestern und insbesondere als Franziskanerinnen von der heiligen Anna sind wir dazu berufen, denen zu dienen, die am verletzlichsten sind. Unser Engagement für die Linderung von Leid und für positive Veränderungen drängt uns immer wieder, unsere Stimme für die vielen uns anvertrauten Schwachen zu erheben“, sagt Sr. Beatrice Jane. Sie leitet die Förderschule „St. Martin de Porres“ in Kisumu, Kenia, die von über 300 Kindern mit verschiedenen Behinderungen besucht wird. Sie berichtet nicht nur von ihren Erfahrungen, sondern ruft auch zu einem Paradigmenwechsel in Bezug auf Fürsorge, Unterstützung und Mitgefühl für vulnerable Menschen auf.
Der Weg von Sr. Beatrice begann als Lehrerin an Regelschulen. Eine tief verwurzelte Berufung führte sie jedoch dazu, sich mit der Sonderpädagogik zu beschäftigen. Dies begann 2003, als man ihr nahelegte, in einer Schule für Hörgeschädigte zu arbeiten. „Obwohl ich keine Erfahrung mit der Gebärdensprache hatte“, sagt sie gegenüber Pope, „trieben mich meine Entschlossenheit und mein Mitgefühl an.“ Heute kommuniziert sie fließend mit Gehörlosen.
Sr. Beatrice ist für ihre Schüler Vertraute, Ratgeberin, Mentorin und Mutterfigur. Ihre Rolle geht weit über den Spracherwerb hinaus. „Ich betreue eine Gemeinschaft von über 300 Kindern, die mit verschiedenen Behinderungen zu kämpfen haben, von zerebralen Lähmungen über körperliche Beeinträchtigungen bis hin zu geistigen Behinderungen und anderes.“
Der Weg zur Aufnahme in die Schule ist nicht einfach. Damit die Kinder eine richtige Diagnose erhalten und angemessen in die Schule eingewiesen werden können, müssen sich die Eltern durch ein komplexes System medizinischer und pädagogischer Beurteilungen bewegen, bevor ihre Kinder zugelassen werden. „Unsere Schule ist ein Zuhause für diese Kinder“, erklärt die Schwester. „Viele von ihnen müssen sonst einfach zu Hause bleiben, werden als Last behandelt und sind unsichtbar für die Welt. Diese Isolation verschlimmert die Verwundbarkeit der Kinder und schränkt ihre Möglichkeiten ein.“
Die Schule ist für viele ein Rettungsanker, ein Ort, an dem sie sich angenommen fühlen, wo sie Freiheit, Freundschaft, ein Gefühl der Zugehörigkeit, Möglichkeiten zum Lernen und Wachsen und vor allem Liebe finden. Der unerschütterliche Glaube von Sr. Beatrice an das Potenzial ihrer Schüler hat sich als inspirierend erwiesen. Sie sieht keine Behinderungen, sondern ungenutzte Fähigkeiten. Ihre positive Einstellung ist ein Beweis für ihre Philosophie: „Behinderung ist keine Unfähigkeit.“ Sie sieht mehr als die besonderen Herausforderungen, die die Kinder zu bewältigen haben, und erkennt das Potenzial, das in jedem Einzelnen steckt.
„Die Leitung der Schule ist ein ständiger Kampf“, sagt sie und weist auf die immensen Herausforderungen hin: unzureichende staatliche Unterstützung, fehlende Ressourcen und die hohen Anforderungen, die ihre Schüler stellen. Die Gesellschaft sieht diese Kinder oft als Belastung, was für Sr. Beatrice und ihr Team zusätzlichen Druck mit sich bringt.
Viele Eltern können sich nicht einmal das Nötigste leisten, ganz zu schweigen von den Kosten für spezielle Betreuung und Bildung. Eltern, die mit den Herausforderungen eines behinderten Kindes überfordert sind, wenden sich oft an die Großeltern, um Unterstützung zu erhalten. „Die Regierung bietet nur minimale Hilfe und überlässt es Einrichtungen wie der unseren, die Last dieser Herausforderungen zu tragen“, so Sr. Beatrice. Auch ihre Ordensgemeinschaft hat zu kämpfen, um die hohen Bedürfnisse ihrer Schüler zu erfüllen. Doch die Schwester und ihr Team halten durch und sorgen nicht nur für die Ausbildung, sondern kümmern sich auch um die notwendige Versorgung mit Lebensmitteln, Kleidung und medizinischer Hilfe.
Die vielleicht erschütterndste Herausforderung ist die Gleichgültigkeit der breiteren Öffentlichkeit. Anstatt Unterstützung zu bieten, wird die Schule oft als Ressource betrachtet, die man ausnutzen kann. Die Schule und ihre Schüler werden aufgefordert, sich an kirchlichen Aktivitäten zu beteiligen, erhalten aber meist kaum finanzielle Unterstützung. In einem Interview mit Pope sagt Frau Claris Achieng Olare, deren Sohn an Cerebralparese leidet, dass sie als Eltern unter einem Stigma leiden, denn die Leute würden denken, die Eltern hätten etwas falsch gemacht und das sei nun die Konsequenz. Sie appelliert an die Gesellschaft, die Tatsache zu akzeptieren, dass es solche Fälle gibt und dass es darauf ankommt, diese Kinder ohne Vorurteile anzunehmen und ihnen die nötige Pflege und Unterstützung zukommen zu lassen.
Trotz dieser Hürden gibt es Momente außergewöhnlicher Triumphe. Eine junge Frau, die einmal weder lesen noch schreiben konnte, hat sich zu einer Predigerin entwickelt und ist zu einer Quelle der Inspiration für ihre Altersgenossen geworden. „Solche Geschichten beflügeln meine Leidenschaft und treiben mich an, mich weiterhin um diese Kinder zu kümmern, um eine Welt zu schaffen, in der jedes Kind, unabhängig von seinen Fähigkeiten, geschätzt und unterstützt wird“, sagt Sr. Beatrice und fügt hinzu: „Diese Kinder werden gefeiert, nicht bemitleidet.“
Abschließend fordert die Ordensschwester dazu auf, die Träume und das Potenzial von Kindern mit Behinderungen zu fördern: „Schließen Sie sich uns an, um eine Welt zu schaffen, in der Behinderung keine Unfähigkeit, sondern ein Katalysator für außergewöhnliche Leistungen ist!“
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