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Lesesaal des Apostolischen Archivs im Vatikan Lesesaal des Apostolischen Archivs im Vatikan 

Schweiz: Warum ein Nuntiaturarchiv nicht immer zugänglich ist

In der Schweiz sorgt nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie durch die Universität Zürich für Debatten, dass das Archiv der Nuntiatur in Bern nicht zugänglich war. Der Botschafter des Papstes in der Schweiz, Erzbischof Martin Krebs, verwies auf Anfrage der Zeitung „SonntagsBlick“ auf das weltweit gültige Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen von 1961. Demnach sind Botschaftsarchive „jederzeit unverletzlich, wo immer sie sich befinden“.

Mario Galgano - Vatikanstadt

Das Pilotprojekt, das unter anderem von der Schweizer Bischofskonferenz in Auftrag gegeben wurde, war der erste systematische Versuch, sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in der Schweiz wissenschaftlich zu erfassen. Eine umfassende Studie soll nun in spätestens drei Jahren folgen. Bisher haben Forschende der Universität Zürich eine „Bestandsaufnahme“ der Archive durchgeführt. Die vatikanischen Archive sowie das Archiv der Nuntiatur in Bern wurden oder konnten nicht durchsucht werden.

Archive tragen Sorge für rechtliche und administrative Belange ihrer Träger. Wie das „Historische Lexikon der Schweiz“ betont, sind Archive „Einrichtungen, die der systematischen Sammlung, Aufbewahrung und Erschließung von Schrift-, Ton- und Bildträgern dienen“. Das gilt auch für das Archiv der Nuntiatur sowie die Archive im Vatikan. Bei modernen Beständen bestehen jeweils Schutzfristen für die öffentliche Einsicht, meistens 30 Jahre für allgemeine Akten und 100 Jahre für personenbezogene Akten. Während dieser Zeit sind die Akten zwar nicht gesperrt, aber es ist ein Einsichtsgesuch nötig und es können Nutzungsauflagen gemacht werden wie beispielsweise Anonymisierungen, was in der Missbrauchsstudie der Universität Zürich gemacht wurde.

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Privatarchive wie Adels- und Firmenarchive haben hingegen ihre eigenen Regeln und sind nicht an die gesetzlich garantierte allgemeine Zugänglichkeit der öffentlichen Archive gebunden. Für das Nuntiaturarchiv, das dem Heiligen Stuhl und damit einem eigenständigen Staat gehört, gilt das Wiener Übereinkommen von 1961, ein völkerrechtlicher Vertrag, der die diplomatischen Beziehungen zwischen Staaten regelt.

Zugang zu vatikanischen Archiven

Was die vatikanischen Archive betrifft, so dürfen nur Gelehrte oder Doktorierende mit einem entsprechenden Empfehlungsschreiben einen Antrag auf Zugang zu der Sammlung stellen. Das Apostolische Archiv – ehemals Geheimarchiv – sowie die Bibliothek liegen direkt unter den Vatikanischen Museen. Das Archiv umfasst ca. 85 Regalkilometer Akten. Für die Schweizer Forscherinnen und Forscher wären aber sicherlich auch die Archive des Staatssekretariats und des Dikasteriums für die Glaubenslehre – ehemals Glaubenskongregation – von Interesse.

Das Archiv des Dikasteriums für die Glaubenslehre (ADDF) ist eine Einrichtung des Heiligen Stuhls, die qualifizierten Gelehrten offensteht. Der Zugang zum Archiv erfordert einen Fach- oder Master-Abschluss oder einen anderen gleichwertigen nicht-italienischen Hochschulabschluss. Für Geistliche reicht das Abitur. Gegenwärtig ist die Einsichtnahme in die Dokumente bis zum Ende des Pontifikats von Pius XII. (9. Oktober 1958) gestattet. Der Zugang zur Einsichtnahme ist nur nach einem Antrag auf Zulassung möglich, in dem das Thema und die Gründe für die Nachforschungen angegeben werden müssen.

(vatican news/vatican.va/kath.ch)

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18. September 2023, 10:32