D: „Heiliger Vater, retten Sie uns!“
Im Forschungsprojekt erfassen der Kirchenhistoriker Hubert Wolf und sein Team von der Universität Münster diese Bittschreiben, die in den vatikanischen Archiven lagern, und bereiten sie in einer kommentierten digitalen Edition für die Öffentlichkeit auf. Der Startschuss dazu fiel am Montagabend bei einer Debatte in der Katholischen Akademie Bayerns in München.
Wolf sprach dabei von einem „Paradigmenwechsel“ für die Forschung: Das auf zehn Jahre angelegte Projekt rücke bewusst „nicht den Papst und sein Handeln, sondern die jüdischen Bittsteller in den Fokus“.
Das Ziel bestehe darin, „jüdischen Menschen, deren Andenken die Nationalsozialisten auslöschen wollten, wieder eine Stimme zu geben“. Außerdem gehe es um „Rückschlüsse zu übergeordneten Fragestellungen“, etwa welche Schreiben dem Papst vorgelegt wurden und welche nicht, oder ob der Heilige Stuhl bei seiner Hilfe einen Unterschied zwischen getauften und nicht getauften Juden machte.
„Vergessen macht Gesellschaften hilflos“
Die frühere deutsche Kultusministerin und Vatikan-Botschafterin Annette Schavan würdigte den Einsatz für eine Erinnerungskultur, die aufkläre und Illusionen zerstöre. „Vergessen verklärt die Vergangenheit und macht Gesellschaften hilflos bei dem Versuch, sich selbst auf die Spur zu kommen und aus der Vergangenheit zu lernen“, so Schavan, die in ihrer Eigenschaft als Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ sprach.
Der Trierer Weihbischof Jörg Michael Peters sprach von der Hoffnung, dass die Bittgesuche aus den Archiven des Vatikans „ein wichtiger Teil unserer Erinnerungskultur werden“. Zumindest könnten sie den kommenden Generationen „eine Ahnung von dem geben, was es für die Einzelnen bedeutete, sozial geächtet und verfolgt zu werden“. Peters ist in der Deutschen Bischofskonferenz für den Dialog mit dem Judentum zuständig.
(dbk – sk)
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