Weihnachtsinterviews mit Bischof Bätzing und Kardinal Schönborn
Georg Bätzing ist seit September 2016 Bischof des Bistums Limburg und seit März 2020 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. I sprach Bätzing (61) am Donnerstag in Limburg über das bevorstehende Weihnachtsfest im Schatten des Ukraine-Krieges und der Energiekrise, aber auch über das Tempo kirchlicher Reformen, Papst Franziskus und die Versäumnisse frühere Bischofsgenerationen beim Thema Missbrauch.
„Gerade jetzt muss es Weihnachten geben. Die Botschaft des Festes ist wichtiger denn je: Friede auf Erden durch den Retter, den Gott gesandt hat. Die Idee von einem wohligen, zufriedenen, friedlichen Weihnachtsfest hat eigentlich nie zugetroffen. Das war schon bei der ersten Weihnacht so: Die Heilige Familie war unterwegs, getrieben von den Besatzern, die einen Zensus machen wollten, in einem sehr unruhigen Land", erklärte der Limburger Bischof mit Blick auf ein Weihnachtsfest in Zeiten von Krieg und Krisen. Mit Blick auf die Energiekrise erklärte er, s gebe die Empfehlung, die Heiztemperaturen in Kirchen auf 5 oder 6 Grad abzusenken. Es gebe auch Gemeinden, die Heiligabend und Weihnachten mehr heizen wollten, um Menschen nicht vom Besuch der Weihnachtsgottesdienste abzuhalten. „Das trage ich gerne mit", so Bätzing.
Reformtempo flott
Der Vorsitzende der DBK äußerte sich auch zu kirchlichen Veränderungen in Deutschland. „Sagen Sie mir mal, in welchen Jahren und in welchen Generationen es Bischöfe gab, die überhaupt ein solches Tempo an den Tag gelegt haben?" Er fügte hinzu: „Ich wünschte, es ginge schneller, aber wir müssen auch möglichst zusammenbleiben und möglichst viele mitnehmen." Auf die Frage, ob er selbst mutig genug sei, um das umzusetzen, was er für richtig halte, sagte Bätzing: „Wenn ich täglich die Kritik lese, die ich auch bekomme, würde ich schon sagen: Du hältst schon manches aus, du gehst deinen Weg geradeaus nach vorne. Ich würde mal sagen: Das ist nicht wenig Mut in dieser Zeit." Ihn bewege derzeit die Frage einer möglichen Priesterweihe von verheirateten Männern, sogenannten viri probati („bewährte Männer"). " Zuletzt habe ich verheiratete Diakone geweiht und mich innerlich gefragt: Warum sollen die nicht Priester sein können?"
Aus Sicht des Limburger Bischofs ist Papst Franziskus „eindeutig ein Reformer". Die fast zehn Jahre Franziskus seien „ein Glücksfall für die katholische Kirche, nicht nur wegen seiner eigenen Glaubwürdigkeit im Leben und Verkünden, sondern auch mit Blick auf die Wege, die er öffnet." Der Bischof fügte hinzu: „Auch wenn er uns in Deutschland manchmal kritisch gegenübersteht. Er sieht: Kirche wird nur überleben, wenn alle gehört werden. Dahinter werden wir nicht mehr zurückfallen können." Bätzing sieht allerdings „noch viel Luft nach oben, wenn es um transparente Entscheidungswege geht, die viele einbeziehen".
Geänderte Haltung bei Missbrauchsaufarbeitung
Auf die Frage, warum frühere Bischofsgenerationen beim Thema Missbrauch weggeschaut hätten, sagte Bätzing: „Offensichtlich galt die Maxime: Die Institution ist um jeden Preis zu schützen. Das Leid der Opfer wurde schlicht und ergreifend nicht gesehen, nicht zur Kenntnis genommen, auch weil es keinen direkten Kontakt mit den Betroffenen gab." Und die Betroffenen selbst seien in der Regel nicht soweit gewesen, „dass sie aufstehen konnten, sie hatten keine Stimme". Das habe sich Gott sei Dank geändert, „und das verändert uns alle". Der Bischof fügte hinzu: „Die Kirche selbst, wir haben uns in weiten Teilen unglaubwürdig gemacht, für Viele." Ihm sei das Ausmaß der Wut und Frustration bei Gläubigen bewusst. Er wolle erreichen, „dass die Kirche wieder Heimat wird für die Menschen".
Kardinal Schönborn im Weihnachtsinterview
Schönborn zu Migrationspolitik
Schönborn sprach von einem gewaltigen globalen Migrationsdruck, der mit Armut, dem Klimanotstand, Kriegen, sozialer Ungerechtigkeit oder Hungersnöten zu tun habe. „Solche Migrationsströme kann man nicht mit Zäunen eindämmen. Die hat es immer in der Geschichte gegeben", so der Wiener Erzbischof.
Krieg als Folge schlechter Politik
Das Leiden dieser und vieler anderer Länder „ist die Folge einer schlechten Politik, dem Gegenteil einer friedensorientierten und an den Menschen orientierten Politik". Es erschüttere ihn, so der Kardinal, „dass es den großen Mächten der Welt nicht gelingt, den Menschen ein friedvolles Zusammenleben zu ermöglichen".
Botschaft an alle: Solidarisch sein
Zur Frage, ob es hinsichtlich eines Nachfolgers als Erzbischof von Wien Neuigkeiten gibt, meinte der Kardinal: „Nicht, dass ich wüsste. Der Papst hat eine Bemerkung gemacht, dass er meine Mitarbeit schätzt. Er hat noch nicht von meinem Nachfolger gesprochen, aber es wird ihn sicher geben."
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