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Maria Boxberg, geistliche Begleiterin des Synodalen Wegs Maria Boxberg, geistliche Begleiterin des Synodalen Wegs 

Nach Synodaler Weg-Eklat: Mehr Wahrhaftigkeit nötig

Maria Boxberg ist eine der zwei geistlichen Begleiter des Synodalen Wegs in Deutschland. Im Interview mit Radio Vatikan geht sie auf die aktuelle Bewährprobe des katholischen Reformprozesses ein. Es sei allen klar, dass gerade bei umstrittenen Themen auch Ablehnungen zu erwarten seien. Wie dies beim Text zum Thema Sexualmoral geschehen sei, habe jedoch bei vielen Enttäuschung, Trauer und Wut ausgelöst. Es brauche mehr Transparenz, Offenheit und Geschwisterlichkeit im Umgang miteinander.

Radio Vatikan: Maria Boxberg, bei der 4. Vollversammlung des katholischen Reformprozesses Synodaler Weg in Frankfurt haben sich die Ereignisse überschlagen und es gab Zerwürfnisse. Anlass war ein Papier zum Thema Sexualität. Wie geht es Ihnen damit?

Maria Boxberg, geistliche Begleiterin des Synodalen Wegs: Es ist eine schwere Situation, ich bin selbst ambivalent. Einerseits ist klar, es ist damit zu rechnen bei Abstimmungen und überhaupt bei dieser Brisanz auch der Themen, die zum Teil zur Abstimmung stehen, dass auch mal ein Text abgelehnt wird. Auf der anderen Seite - und das ist das überwiegende - ist der Schmerz sehr deutlich zu spüren, nicht nur bei den Menschen, die aus der queeren Community kommen und die im Forum unendlich viel und gründlich und solide gearbeitet haben an der Begründung des Textes und der Positionen. Das ist auch so bei allen, die mit Menschen zu tun haben, die davon betroffen sind. Und das geht quer durch alle Generationen.

Radio Vatikan Podcast: Interview mit Maria Boxberg, geistliche Begleiterin des Synodalen Wegs

Was zu der großen Enttäuschung und auch Wut bei vielen geführt hat: Wir merken, wir sind am Anfang dessen, was Synodalität heißt. Dass Texte abgelehnt werden können, ist allen klar. Aber die Art wie - das hat zu viel Ärger, Unverständnis, Enttäuschung, Trauer und Wut geführt. Dass Menschen sich nicht vorher klar zu Wort gemeldet haben, auch wenn dazu mehrfach aufgerufen war. Dass bei vielen, die abgelehnt haben, keine Stellungnahme vorausgegangen ist oder nicht erkennbar war.

„Wir merken, wir sind am Anfang dessen, was Synodalität heißt. Dass Texte abgelehnt werden können, ist allen klar. Aber die Art wie - das hat zu viel Ärger, Unverständnis, Enttäuschung Trauer und Wut geführt“

Ich war erstaunt - und gestehe auch bestürzt- , dass selbst Bischof Bätzing als Vorsitzender der Bischofskonferenz sagte, er habe das nicht gewusst und er wisse auch jetzt nicht, wer gegen den Text gestimmt hat. Und das ist der Hauptvorwurf, dass nicht genug Transparenz da war: Wer steht wie zu dem Text? So, dass man noch hätte in Dialog kommen können und miteinander streiten, nachfragen, aushandeln können, nachfragen können. Dass das nicht selbstverständlicher war und nicht geschehen ist, das hat vor allen Dingen viel Unmut ausgelöst. Viele sehen sich in Frage gestellt für ihre Mitarbeit auch weiterhin, wenn die Bedingungen sich nicht ändern. Wenn nicht mehr Offenheit - und ich würde sagen auch Geschwisterlichkeit, mehr sich gegenseitig etwas zumuten und zutrauen - in die Auseinandersetzung hinein kommt.

„Viele sehen sich in Frage gestellt für ihre Mitarbeit auch weiterhin, wenn die Bedingungen sich nicht ändern“

Radio Vatikan: Was bedeutet die aktuelle Lage denn jetzt für Sie als geistliche Begleiterin des Synodalen Wegs? Das ist in dieser Situation jetzt wahrscheinlich auch nicht so einfach?

Den Raum offen halten

Maria Boxberg: Ja, aber ich glaube genau dafür sind wir auch da. Die Situationen, so wie sie sind, mit zu leben und den Raum offen zu halten. Als Geistliche Begleitung habe ich natürlich auch kein Rezept dafür, wie es besser gehen könnte, außer was ich jetzt gesagt habe, was viele sagen, die im Prozess sind. Mir ist ein Anliegen, dem Prozess auch zu trauen, und zu vermitteln: Diese Ohnmacht, den Schmerz, die Wut, den Zorn, die Enttäuschung auszuhalten. Nicht vorschnell nach Begründungen zu suchen oder nach Hilfsmitteln zu suchen, sondern auszuhalten und wirklich dem Geist Gottes zuzutrauen, dass von daher etwas Neues möglich wird. Was wir jetzt auch noch nicht wissen.

„Wirklich dem Geist Gottes zuzutrauen, dass von daher etwas Neues möglich wird. Was wir jetzt auch noch nicht wissen“

Natürlich gibt es Erwartungen, was ich bereits sagte, dass mehr Transparenz und Dialog, mehr Synodalität geschieht. Ob Menschen sich dann trauen und ob sie die Situation ernst nehmen, dass sie sich in Gespräche und in Lernprozesse hineinbegeben - von denen sie vielleicht noch nicht wissen, wie es damit weitergeht - dazu zu ermutigen, wirklich zu den nächsten Schritten. Miteinander wurde viel überlegt in kleineren Gruppen, wie es weitergehen kann.

Betroffene sexueller und geistlicher Gewalt wollen weiter gehört werden

Ich fand es einen ganz starkes Zeichen und ein wertvolles Pfund, dass gerade von Seiten der Betroffenen sexualisierter und geistlicher Gewalt die Ermutigung kam, auf jeden Fall weiter zu machen. Und dass auch aus der queeren Community Menschen sagten: ,Genau, wir lassen uns die Stimme nicht nehmen, wir werden weiter mit arbeiten` und die anderen auch dazu ermutigt haben. So ist auch die Atmosphäre heute: Entschieden, abwartend, aber auch schmerzlich und beschwert.

„Die Atmosphäre heute: Entschieden, abwartend, aber auch schmerzlich und beschwert“

Was Hoffnung macht

Was ich mit vielen teile in der Synodalversammlung, ist die Hoffnung, dass durch diese Erschütterung mehr Wahrhaftigkeit, mehr Zugestehen der eigenen Schwäche, mehr Bereitschaft, sich auf Kommunikation und Gespräch einzulassen, wächst und für den Synodalen Weg insgesamt auch. Dass gerade diese Art der Auseinandersetzung, wo ich bisher finde, dass auch vieles davon gut gelungen ist, was in vielen Gesprächssituationen, Arbeitsgruppen, wo Menschen in Foren zusammenarbeiten, spürbar war: Sie lassen sich auf einen Prozess ein - dass das weiter wächst und auch in unserer Kirche überhaupt weiter wächst.

Die Fragen stellte Stefanie Stahlhofen

(vatican news-sst)


 

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09. September 2022, 15:18