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Corona-Patient auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Essen im März 2021 Corona-Patient auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Essen im März 2021 

Kritik an Plänen zu Behandlungsabbruch bei Triage

Die Pläne, bei einer Triage erstmals auch den Abbruch einer bereits begonnenen Behandlung zu erlauben, stoßen auf Kritik. „Das ist eine Karikatur des Schutzes vor Benachteiligung, um den es in der Verfassungsbeschwerde ging“, sagte der Hamburger Rechtsanwalt Oliver Tolmein dem Berliner „Tagesspiegel" (Samstag). Er war einer der Vertreter mehrerer Menschen mit Behinderungen und Vorerkrankungen in Karlsruhe.

Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber zu Jahresbeginn aufgegeben, „unverzüglich“ Vorkehrungen zum Schutz behinderter Menschen bei einer pandemiebedingten Triage zu treffen. Andernfalls sei zu befürchten, dass diese bei der Zuteilung intensivmedizinischer Behandlungsressourcen benachteiligt würden. Bei einer Triage muss entschieden werden, welche Patienten zuerst behandelt werden, wenn die Hilfe nicht für alle möglich ist.

Tolmein sagte jetzt, er sei erschüttert über die politische Umsetzung der Arbeitsanweisung aus Karlsruhe. Die Pläne verdeutlichten „die schwerwiegenden ethischen Mängel des gesamten Entwurfes“. Rechts- und Verfahrensschutz seien zudem erst gar nicht geregelt worden.

Behandlungsabbruch nach Triage?

Der „Tagesspiegel“ und zuvor das Redaktionsnetzwerk Deutschland hatten berichtet, bei knappen Kapazitäten während einer Pandemie solle es künftig rechtlich auch möglich sein, die intensivmedizinische Behandlung eines Menschen zugunsten eines Patienten mit einer höheren Überlebenschance abzubrechen. Das gehe aus einem überarbeiteten Gesetzesvorschlag von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für den Schutz von Menschen mit Behinderungen in einer Triage-Situation hervor.

Diese ethisch brisante „Ex-post-Triage“ soll nach dem Gesetzesvorschlag nur dann zulässig sein, wenn drei intensivmedizinisch erfahrene Fachärzte die Entscheidung einvernehmlich treffen, nachdem sie die Patienten unabhängig voneinander begutachtet haben.

Sorgen wegen möglicher Benachteiligung Behinderter

Bei der „Ex-ante-Triage“, bei der in einer Situation knapper medizinischer Kapazitäten vorab die Entscheidung über die Behandlung zwischen mehreren neu eingelieferten Patienten getroffen werden muss, reicht dem Entwurf zufolge die Zustimmung von zwei Fachärzten. Lauterbachs Vorlage werde gegenwärtig noch mit den anderen Ressorts abgestimmt, so die Zeitungen.

Grundsätzlich dürfe nach der von Lauterbach erarbeiteten „Formulierungshilfe“ für die Ampel-Fraktionen außerdem niemand aus „Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden“.

Nach Informationen des „Tagesspiegel“ wurde die Möglichkeit des Behandlungsabbruchs auf Wunsch von FDP-Justizminister Marco Buschmann aufgenommen, der andernfalls eine Regelungslücke befürchtet habe. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf heiße es dazu: „Infolgedessen dient die umfassende Regelung der Triage auch der Rechtssicherheit für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte, die auch in dieser Akutsituation, in der Entscheidungen zwangsläufig getroffen werden müssen, nicht zusätzlich strafrechtlichen Unwägbarkeiten ausgesetzt sein sollen.“

(kna - cs)

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08. Mai 2022, 11:30