D: „Ö°ì³Ü³¾±ð²Ô±ð und Christentum sind nicht langweilig“
Ein bisschen verwirrend, das Ganze? Es zeigt jedenfalls die Buntheit des Christentums. verrät der orthodoxe Theologe Georgios Vlantis, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Bayern, wann und wie er Weihnachten feiert.
Interview
Vlantis: Die griechisch-orthodoxe Tradition feiert nach dem gregorianischen Kalender wie die meisten griechischsprachigen Kirchen, so wie auch die Rumänen und andere. Die meisten slawischen Kirchen – Russen, Serben und andere – feiern nach dem sogenannten julianischen Kalender. Die haben zum Beispiel Weihnachten am 7. Januar. Meine Tradition folgt, dem westlichen Kalender, insofern feiern wir zusammen.
Die katholischen und evangelischen Christen feiern gemeinsam mit Ihnen als orthodoxe Christen. Wie feiern Sie denn das Weihnachtsfest?
Das Ganze fängt mit einer Fastenzeit an, die etwa 40 Tage dauert. Es ist keine so strenge Fastenzeit, für orthodoxe Verhältnisse zumindest, weil auch Fischgerichte erlaubt werden. An den letzten Tagen vor dem Fest isst man allerdings streng vegan. Am Morgen des 24. Dezember machen sich die Kinder auf, um mit ihren Weihnachtsliedern, den "Kalanta", von Haus zu Haus zu ziehen und die Geburt Christi anzukündigen. Für ihren Gesang werden sie mit Geld und Süßigkeiten belohnt.
Am frühen Morgen des 25. geht die ganze Familie zur Kirche zur Messe, die bei uns ganz früh stattfindet. Traditionsgemäß fängt der Gottesdienst am Morgen um 5 Uhr an, damit wir beim Sonnenaufgang die Liturgie, also die Begegnung mit der Sonne der Gerechtigkeit feiern können. Danach darf man sich natürlich auf die festlichen Speisen freuen, auf die Süßigkeiten, die reichlich angeboten werden, die Bescherung und alles, was dazugehört.
Jetzt haben wir auch gemeinsam in den beiden Konfessionen den Jahreswechsel und Neujahr am 1. Januar gefeiert. Wie findet das bei Ihnen statt, vom alten ins neue Jahr überzugehen?
Genauso wie am 24. Dezember gehen am 31. Dezember, also am letzten Tag des Jahres, die Kinder noch einmal von Haus zu Haus, um mit ihren Liedern die Ankunft des neuen Jahres anzukündigen. Und sie werden noch einmal beschenkt mit Süßigkeiten, mit Geld. Der 1. Januar ist für die Orthodoxen nicht nur das Fest der Beschneidung Jesu Christi, sondern auch der Gedenktag des heiligen Basilius von Caesarea, eines Kirchenvaters des vierten Jahrhunderts, der in der griechischen Tradition und darüber hinaus die Funktion sowohl vom Nikolaus und Weihnachtsmann in der westlichen Tradition übernimmt. Und daher findet die richtige Bescherung der Kinder – und nicht nur der Kinder – am 1. Januar statt.
Erwähnenswert ist auch der Neujahrskuchen, der sogenannte "Vasilopita", vom Namen des heiligen Basilius/Vasilios, wo eine Münze eingebacken wird. Und wer sie in seinem Stück findet, der kann auf viel Glück im neuen Jahr hoffen. Jede Familie schneidet so einen Kuchen und derjenige, der die eingebackene Münze findet, der darf sich natürlich freuen.
Der hat vielleicht auch besonders viel Glück im nächsten Jahr ...
Ist für Sie dann dieser Tag ein Höhepunkt des Weihnachtsfestes? Kann man das so sagen?
Ich würde sagen, es ist einer der Höhepunkte der Feierlichkeiten dieser zwei Wochen oder dieser zwölf Tage, also vom Weihnachtstag bis zum Fest der Taufe Jesu Christi am 6. Januar, wo die Segnung der Gewässer auch stattfindet.
Was hat es mit dieser Großen Wasserweihe auf sich?
Wir feiern das auch in München in den letzten Jahrzehnten und das bezieht sich auf die Taufe Jesu Christi. Ein Priester wirft das Kreuz in einen Fluss, in München etwa in die Isar. Oder in meiner Heimat überall, wo es das Meer gibt, also am Hafen, wirft der Priester das Kreuz ins Meer. Und dann versuchen die Leute, das Kreuz zu fangen. Es gehört zu den Sitten und Bräuchen. Sie springen ins Wasser. Dazu braucht man viel Mut, weil die Temperaturen wirklich nicht besonders einladend sind. Aber derjenige, der das schafft und als erster das Kreuz fängt, gilt auch als gesegnet.
Letztendlich geht es auch darum, dass die ganze Schöpfung gesegnet wird durch Jesus Christus, durch seine Ankunft in der Welt und seine ganze Tätigkeit. Die Weihnachtsbotschaft ist eine Hoffnungsbotschaft und sie verbindet und eint uns Christen aus allen Konfessionen. Dass Gott Mensch wird um des Heils der Menschen willen – wie kann so etwas möglich sein? Aber das ist die Hauptbotschaft des Christentums, dass genau Gott Mensch wird für uns alle. Das ist das Revolutionäre und das ist der Kern unserer Hoffnungsbotschaft.
Sie sprechen von Ökumene – an welchem Punkt sind wir in der Ökumene angekommen, wenn wir die Christen in dieser Welt ansehen?
Ökumene ist mit Hoffnung verbunden. Ich komme aus einem monokonfessionellen Land – oder fast monokonfessionellen: Die überwiegende Mehrheit der griechischen Bevölkerung ist griechisch-orthodox. Es hat für mich auch persönlich gedauert, bis ich Gespräche mit Christen aus anderen Konfessionen begann. In Griechenland sind die katholischen, die evangelischen Minderheiten zu klein und ich würde auch zugeben, dass mein Blick nicht scharf genug war, um sie wahrzunehmen und um feststellen zu können, dass dieses Gespräch wichtig bzw. nötig ist und interessant sein kann.
Hier in Deutschland, wo eine größere konfessionelle Vielfalt vertreten wird, habe ich so einen Paradigmenwechsel erlebt. Und ich genieße es. Ich darf entdecken, dass das Christentum vielfältig und bunt ist. Eine große Vielfalt von verschiedenen Traditionen wird vertreten, freilich nicht nur in Deutschland, sondern darüber hinaus in der ganzen Welt.
Und die Tatsache, dass wir heute, im 21. Jahrhundert, Strukturen haben, die den Dialog der verschiedenen Konfessionen ermöglichen, schenkt sehr viel Hoffnung. Das war nicht selbstverständlich. Und ich persönlich bin gegen dieses Gejammer: Die Ökumene hat nicht so viel erreicht, wann werden wir weitere Fortschritte sehen? – Wir haben unglaublich viel erreicht. Ich warne vor maximalistischen Erwartungen, die nur Frustrationen erzeugen. Jeden Tag erreichen wir viel in den verschiedenen Gremien der Ökumene, mit unserem Dialog, mit den Veranstaltungen, mit den Gottesdiensten, mit den Gesprächen, mit den karitativen Projekten, mit der Tatsache, dass so eine unglaubliche Vielfalt vertreten wird.
Bei uns in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Bayern (ACK Bayern) sind 22 Kirchen als Mitglieder oder Gast-Mitglieder dabei, von Äthiopisch-Orthodoxen bis zu den Mennoniten und den Baptisten, von den Syrisch-Orthodoxen und den Rumänen bis zu den freien evangelischen Gemeinden und zu den Adventisten. Eine breite Vielfalt, eine spannende Vielfalt – und für mich eine Quelle der Hoffnung und der Freude. Ökumene ist nicht langweilig. Das Christentum ist nicht langweilig. Ganz im Gegenteil.
(podcast himmelklar/domradio – sk)
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