Gebetswoche für die Einheit der Christen: Gott im Fokus
Antonella Palermo und Stefanie Stahlhofen – Vatikanstadt
Der heutige Montag ist für Papst Franziskus ein besonderer Tag – denn er leitet die Gebetswoche für die Einheit der Christen ein, die bis kommenden Montag andauert. „Beten wir in diesen Tagen einmütig, auf dass sich der Wunsch Jesu erfüllen möge: ,Alle sollen eins sein‘ (Joh 17,21). Die Einheit, die immer dem Konflikt überlegen ist“, rief Papst Franziskus bereits am Sonntag nach seinem Angelus-Gebet auf. Wie üblich wird er auch die Schlussvesper kommenden Montag, am 25.Januar, in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern gemeinsam mit anderen christlichen Gemeinden halten. Auf der Südhalbkugel, in Ländern, in denen die Wintermonate Ferienzeit sind, wird die Gebestwoche übrigens zu einem anderen Termin begangen – beispielsweise zu Pfingsten. Doch seit wann wird überhaupt gemeinsam eine Woche lang für die Einheit der Christen gebetet?
Der Beginn der Ökumene-Bewegung
Los ging es im Jahr 1740 in Schottland, dort entwickelte sich eine Pfingstbewegung mit Beziehungen nach Nord-Amerika, die zur Erneuerung des Glaubens und zum gemeinsamen Gebet aller Kirchen aufrief. Der evangelikale Prediger Jonathan Edwards lud damals zu einem Gebets- und Fastentag für die Einheit der Kirche und gemeinsamem missionarischen Schwung auf. Im Jahr 1902 verfasste dann der ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Joachim III., seine Enzyklika „Lettera irenica“, in der dazu aufrief, für die Wiederherstellung der Einheit der Christen zu beten. Sechs Jahre später lud dann Reverend Paul Wattson in Graymoor (New York) erstmals zu Ottavarien des Gebets für die Einheit, vom 18. bis zum 25. Januar – verbunden mit dem Wunsch, dies möge allgemeine Praxis werden.
Weitere wichtige Ereignisse
Die Texte der Gebetswoche
Die Gebetswoche 2021
Dieses Jahr waren die Schwestern der Gemeinschaft von Grandchamp in der Schweiz für die Texte zur Gebetswoche für die Einheit der Christen zuständig. Das Motto lautet: „Bleibt in meiner Liebe und ihr werdet reiche Frucht bringen“ (Joh 15,8-9). Das Motto geht geht zurück auf die Berufung der Gemeinschaft von Grandchamp zu Gebet, Versöhnung und Einheit in der Kirche und der Menschheitsfamilie.
An den insgesamt acht Gebetstagen laden die Ordensfrauen dazu ein, über verschiedene weitere Zitate des Evangelisten Johannes zu meditieren.
Diesen Montag geht es um Berufung; dazu lautet das gewählte Bibelzitat: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“ (Johannes 15,16a), am Dienstag geht es um Innerliches Reifen, das Zitat dazu : „Bleibt in mir und ich bleibe in euch“ (Johannes 15,4a), der Mittwoch befasst sich mit der Einheit der Christen: Ein Leib sein – das Zitat dazu: „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe“ (Johannes 15,12b). Am vierten Tag der Gebetswoche für die Einheit der Christen geht es um gemeinsames Beten - „Ich nenne euch nicht mehr Knechte ... Vielmehr habe ich euch Freunde genannt“ (Johannes 15,15) haben die Schwestern von Grandchamp dazu ausgewählt. Tag fünf der Gebetswoche, der Freitag, befasst sich mit dem Thema Sich durch das Wort verändern lassen – und dem Bibelzitat „Ihr seid schon rein durch das Wort.“ (Johannes 15,3) . Am 6. Tag der Gebetswoche für die Einheit der Christen geht es darum, Andere willkommen (zu) heißen gemäß dem Wort des Johannesevangeliums „Ich habe euch ... dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt“ (Johannes 15,16b) . Wachsende Einheit steht im Zentrum des 7. Tags der Gebetswoche, diesen Sonntag also, mit dem Bibelwort: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“ (Johannes 15,5a). Für das Ende der Gebetswoche am kommenden Montag, 25. Januar 2021, wählten die Schwestern von Grandchamp das Thema Versöhnung mit der ganzen Schöpfung – „damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird“ (Johannes 15,11)..
Gebet in Quarantäne
Die Gemeinschaft von Grandchamp, die die Texte der Gebetswoche für dieses Jahr erarbeitet hat, besteht aktuell aus rund 50 Ordensfrauen verschiedener Nationalität und christlicher Traditionen. Die ökumenische Gemeinschaft wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrunderts gegründet und hat starke Bindungen zu Taizé sowie zu Pater Paul Couturier, der eine Schlüsselfigur in der Geschichte der Gebetswoche für die Einheit der Christen ist. Er war einer der Pioniere der ökumenischen Bewegung und der Gebetswoche für die Einheit der Christen, wie wir sie heute kennen. Eine tiefe Verbundenheit wuchs zwischen ihm und den ersten Schwestern, und er war ihnen ein treuer Begleiter auf ihrem geistlichen Weg.
Doch nicht nur die Vergangenheit, auch die Gegenwart und die Krisen der heutige Zeit haben Einfluss auf die Gebetswoche im Jahr 2021: Aufgrund der Coronapandemie sind die Ordensfrauen von Grandchamp seit dem 5. Januar zu Quarantäne verpflichtet. Für sie, die es gewohnt sind, das Charisma der Begegnung und des Dialogs zu leben, war es nicht einfach, sich für die Gebetswoche umzuorganisieren und auf die Gemeinschaft zu verzichten. Jede Schwester betet nun allein in ihrem Zimmer, geplante Feierlichkeiten der Gebetswoche mussten gestrichen werden. Der Glockenschlag zu Mittag erklingt jedoch weiter und: „Die Pandemie stoppt Gebete nicht“, berichtet Schwester Svenja Pope.
Sie und die anderen. „Wahrscheinlich ist diese besondere Zeit (der Quarantäne) eine Gelegenheit, das persönliche Gebet zu stärken und die von uns vorbereiteten Texte noch mehr zu vertiefen“, heißt es auf der Facebookseite der Schwestern. Die Schwestern betonen auch, wie bedeutend das Gebet Jesu für die Einheit der Christen ist und laden dazu ein, „zu ihm zurückzukehren und uns in der Konsequenz auch einander anzunähern und über unsere Vielfalt zu freuen“.
Weltweite Herausforderungen
Die Texte für die Gebetswoche zur Einheit der Christen, die ja jedes Jahr aus unterschiedlichen internationalen Kontexten kommen, spiegeln immer wieder auch die verschiedenen Herausforderungen in verschiedenen sozialen und religiösen Kontexten wieder – ganz gemäß der Tatsache, dass Ökumenismus und Gebet für die Einheit auch mit dem Alltag der Menschen zu tun haben und nicht nur mit theologischen Debatten. Frühere Texte zur Gebetswoche für die Einheit der Christen aus Brasilien und Malta thematisierten so beispielsweise besonders die Frage einer Willkommenskultur. In Indien, wo Christen weiter eine Minderheit bilden, ging es darum, was Jesus Gläubigen abverlangt; bei Texten aus Lettland spielte die Schöpfung eine große Rolle; in Deutschland das Thema Versöhnung und in Indonesien war besonders das Thema Gerechtigkeit im Fokus.
(vatican news - sst)
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