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Berge und Himmel Berge und Himmel 

Stille schenken: „Keine leichte Übung, aber eine heilsame“

Weihnachten und Schenken – das gehört zusammen, nicht nur für Glaubende. Aber Stille schenken? Genau das schlägt die Akademie für Dialog und Evangelisation in Wien allen vor, die sich selbst und anderen etwas Gutes, im Wortsinn Gutes, tun wollen.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

„Stille schenken – täglich zehn Minuten innehalten“ läuft seit Dezember und zieht immer weitere Kreise. Was genau das ist und was das Schenken von Stille bewirken kann, darüber sprachen wir mit Otto Neubauer, dem Leiter der Akademie.

Stille schenken: Worum geht’s?

Otto Neubauer: Wir haben in Wien die Initiative gestartet mit vielen unterschiedlichen Menschen, die sich bereit erklärt haben, dass wir innehalten wollen, einmal am Tag. Gerade angesichts der schwierigen gesellschaftlichen Entwicklung ist es so wichtig, dass es etwas gibt, wo jeder und jede mitmachen kann, und dass es etwas braucht, wo wir innerlich zur Ruhe kommen. Das innerlich zur Ruhe Kommen, das Stillwerden und womöglich auch das Beten hilft uns, dass wir uns um die anderen mehr kümmern, eine größere Achtsamkeit für die anderen, für die Gesellschaft gewinnen.

„Das kann jeder machen, jeder Weltanschauung: Dankbarkeit üben“

Anderen Stille schenken: wie geht das?

Otto Neubauer: Wir haben es bewusst genannt: Stille schenken, sich selber Stille schenken und den anderen Stille schenken. Es geht ganz einfach: Auf der einen Seite ist es wichtig, Dankbarkeit zu üben, und wenn man dankt, dann weitet sich schon einmal das Herz. Das kann jeder machen, aus jeder Weltanschauung: Dankbarkeit üben. Und wir können es zu Gott hin ausrichten. Und sobald man das Herz weitet, denkt man an Menschen, die es schwer haben, denkt man an die Nöte der Gesellschaft. Und dann gibt es eine Herzensregung, die eine der schönsten ist, dass ich versuche, anderen ein Wohlwollen zu zeigen im Herzen, etwas Gutes den anderen zu wünschen. Das liegt uns in den Weihnachtstagen sehr am Herzen: Wir wollen den anderen etwas Gutes wünschen.

"10 Minuten Stille schenken": unser Podcast

Und Christinnen und Christen dürfen für andere bitten...

Otto Neubauer: Der Papst hat es bei einer Katechese bei der Generalaudienz gesagt: Das Gebet ist immer ein Gebet für die anderen, wir tragen die Welt in uns. Und dieses Zeitschenken für andere öffnet mein Herz für die anderen. Sodass wir bewohnt werden. Unser Herz wird mit der Zeit bewohnt vom anderen Menschen, die Sorgen haben. Und nachdem wir an den Heiligen Geist glauben und daran, dass der Herr unsere Bitte hört, so dürfen wir vertrauen, dass davon eine unglaubliche Kraft ausgeht.

„Weil jeder eigentlich spürt, dass das Stillwerden eine ganz große Kostbarkeit ist“

Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit der Aktion gemacht, welche Rückmeldungen erreichen Sie?

Otto Neubauer: Zum einen sind wir überwältigt, wie viele mitmachen. Ob das unsere muslimischen Freunde sind, agnostischen Freunde, viele aber auch in der Kirche. Zum anderen kommen natürlich viele Fragen. Wie kann ich das machen? Wie dankt man? Was sagt man, wenn man bittet? Sehr schlichte, aber schöne Fragen, die meines Erachtens so einen Geist der Kindschaft offenbaren. Das sind gerade Menschen, die kirchlich nicht sozialisiert sind. Es gab auch Rückmeldungen von prominenten Persönlichkeiten, die sagten, endlich gibt es etwas, was wir miteinander tun können. Leute aus dem Fernsehen, der Politik, der Wissenschaft, die einfach gesagt haben, da mache ich gerne mit. Weil jeder eigentlich spürt, dass das Stillwerden eine ganz große Kostbarkeit ist, die uns mit anderen verbinden kann. Es gab auch Rückmeldungen, die sagten, mein Gott, bitte ja nicht! Wenn ich was nicht kann, dann ist es stillwerden. Ich habe selten lange Mails bekommen von Leuten, die gesagt haben, sie tun sich schwer, aber die langen Mails zeigen auch, dass es an dem Punkt ein Bedürfnis, eine Not, eine Herausforderung gibt.

„Das Gewissen ist nicht das, was uns anklagt, sondern das, was uns unseren inneren Reichtum, die Größe unseres Geheimnisses zeigt.“

Manche empfinden es möglicherweise so, dass Corona uns eine unerwünschte Stille auferlegt – was ist da dran?

Otto Neubauer: Da ist ganz viel dran. Wir bekommen Rückmeldungen, die sagen, beim Stillwerden, beim Einsamwerden kommt ja auch Unfriede hoch, Unzufriedenheit. Und ich glaube, dass das auch eine Wirklichkeit in einem Leben ist, die unser Freund, der Bestsellerautor von „Ziemlich beste Freunde“ Philippe Pozzo di Borgo, so schön ausdrückt: Das Stillwerden ist notwendig, damit wir lernen, unsere eigene Zerbrechlichkeit und Not anzunehmen. Natürlich ist das auch ein Teil dessen, und gerade da wollen wir helfen, durch Dankbarkeit und Denken an andere das in eine gute Richtung zu bringen, die uns gleichsam heilt. Philippe Pozzo di Borgo sagt: Ich lerne auf die innere Stimme zu hören. Die lauten, unruhigen Stimmen, aber auch die Stimmen, die uns gleichsam eine Einsamkeit tiefer zeigen. Da muss man durchdringen, durch diese Stimmen, dass es zu tieferen, inneren Stimme kommt. Pozzo di Borgo nennt sie die Stimme des Gewissens. Das Gewissen ist nicht das, was uns anklagt, sondern das, was uns unseren inneren Reichtum, die Größe unseres Geheimnisses zeigt. Natürlich ist das auch eine Frage auch der Übung, der Einübung, und man braucht andere dazu. Deshalb versuchen wir Begleitung anzubieten und haben auf Facebook eine öffentliche Gruppe, wo man einander erzählen kann. Man braucht den Austausch dazu. Diese Übung ist eine Hilfe zu einer größeren Wahrhaftigkeit. Keine leichte Übung, aber eine sehr heilsame Übung.

„Weihnachten ist das Fest, dass jemand da ist“

Was hat Weihnachten mit Stille zu tun?

Otto Neubauer: Für mich ist Weihnachten das ganz große Fest der Nähe, der Gegenwart. Als Christin und als Christ darf ich glauben, dass immer jemand da ist. Das Kommen Jesu hat uns gezeigt: Gott hat nie jemanden allein gelassen. Stille hilft mir, dieser Gegenwart gewahr zu werden, bewusst zu werden. Es ist jemand da. Wenn ich die Stille beginne, dann ist es ruhig werden. Und ich sage: Du bist da. Weihnachten ist das Fest, dass jemand da ist und dass es jemanden gibt, nämlich Gott gibt, der uns unendlich lieb hat und uns mit dieser liebenden Gegenwart umgeben will. Wenn wir zur Stille einladen, dann ist es ein gemeinsamer Weg hin zu dieser Gegenwart, dass wir nicht allein sind Gott gegenüber und dass wir auch untereinander nicht allein sind.

(vatican news)

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23. Dezember 2020, 15:16