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1. Advent 1. Advent 

Unser Sonntag: Die Wiederkunft Christi

Auch zum 1. Advent geht es bei Pfarrer Stephan Rüssel um die letzten Dinge. Wir wissen, dass die Welt vergänglich ist; und die Botschaft unseres Herrn Jesus Christus ist klar: Gott, der die Welt am Anfang geschaffen hat, wird auch das letzte Wort haben. Mit Kardinal Newman betont der Priester aber: Der wahre Christ ist einer, der sein Leben ausrichtet auf die Wiederkunft Christi.

Pfarrer Stephan Rüssel

1. Adventssonntag, Lesejahr B

Mk 13, 24-37

Das Universum könnte heute schon zu Ende gehen, so schreibt die amerikanische Astrophysiker Katie Mack von der University auf North Carolina in ihrem neuesten Buch „The End of Everything". „Es gibt eine Variante des Weltendes, der durch die jüngsten Ergebnisse in der Teilchenphysik gestützt wird, nämlich den sogenannten Vakuumzerfall“, schreibt sie. Beim Vakuumzerfall des Universums geht es um die Vermutung, dass es irgendwo eine kleine Anomalie, eine Instabilität im Higgs-Feld, - das ist eine Art Energiefeld -,gibt. Wenn eine Anomalie, eine Instabilität im Higgsfeld auftritt, dann könnte es irgendwo im Weltraum einen Übergang im Higgsfeld geben, der eine Blase einer anderen Art von Raum schaffen würde, in dem die Gesetze der Physik anders sind als in unserem Universum.

Unser Sonntag - hier zum Nachhören

Diese Blase würde sich mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnen und alles im Universum zerstören. Alles das kann ohne Vorwarnzeit und im Prinzip jederzeit passieren, so betont Katie Mack. Dabei werden nicht nur die großen Strukturen des Universums, die Galaxienhaufen, Galaxien und Sterne vernichtet, sondern auch die Elementarteilchen. Es wäre das Ende des gesamten Universums in seinem jetzigen Zustand. Selbst, wenn eine solche ultimative Vernichtungswelle in einem fernen Winkel des Weltalls jetzt bereits eingesetzt hätte, würden wir davon nichts bemerken, bis wir schließlich selbst davon erfasst werden.

Das Evangelium stimmt auf die Endzeit ein

Eigentlich sagt uns das heutige Evangelium des 1. Adventssonntags nichts anderes: „In jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.“ Das heutige Evangelium ist ein Teil der 'Endzeitrede' im Evangelium des heiligen Markus. Es ist ein Vorspiel für die angekündigte Wiederkunft des Menschensohnes, der mit großer Macht und Herrlichkeit vor aller Augen sichtbar wird. Die Wiederkunft des Herrn ist dann auch verbunden mit der Auferstehung der Toten.
Wenn Christus, - wie wir eben im Evangelium hörten, - über das Ende der Welt sagt: „Amen ich sage euch: diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft“, so könnte man auf den ersten Blick glauben, der Herr hätte hier geirrt. Allerdings ist die Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, die wir in der Heiligen Messe benutzen, an dieser Stelle etwas ungenau. Im griechischen Originaltext steht das Wort „genea", von "genos". Zu deutsch: das Geschlecht, das Volk, die Nation. Genau übersetzt müsste es also heißen: dieses Geschlecht, dieses Volk, diese Nation, wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht. Sie ahnen vielleicht die politische Sprengkraft dieses Satzes. Nicht nur bezogen auf die jüngste deutsche Vergangenheit im Dritten Reich, sondern auch bezogen auf die aktuelle politische Lage im Nahen Osten, sprich: die Existenz des Staates Israel. Vielleicht war den Übersetzern die Übersetzung mit Volk dann doch politisch zu heiß, so dass sie das nicht ganz korrekte Wort „Generation“ wählten.

Der Feigenbaum steht für das Volk Israel

Denn der Zusammenhang ist hier eindeutig. Vorher ist nämlich von dem im Winter verdorrten Feigenbaum die Rede, der im Sommer Blätter treibt. Gemeint ist mit dem Feigenbaum das Volk Israel. Die Zuhörer Jesu verstanden diese Sprache genau. Dieses Geschlecht, dieses Volk, das nicht vergehen wird, bis ans Ende der Welt, ist also nichts anderes als das Volk Israel. Und so haben es im Übrigen schon die Kirchenväter in den Anfängen der Christenheit ausgelegt.
Unmittelbar nach Seinem Einzug in Jerusalem verflucht Jesus den unfruchtbaren Feigenbaum, der daraufhin bis in die Wurzeln verdorrt. Dieses Bild vom Feigenbaum erfährt im heutigen Evangelium eine bedenkenswerte Veränderung: „Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Genauso soll die erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür steht.“
Für den verdorrten Feigenbaum gibt es also Hoffnung auf einen neuen Sommer. Das bedeutet: „dieses Geschlecht, dieses Volk, diese Nation wird nicht vergehen“, sondern aufblühen und Frucht bringen: nämlich die Frucht der gläubigen Hinwendung zum wahren Messias. Wenn das geschieht, dann steht das Ende unmittelbar bevor. Vor dem Ende der Welt kommt also die Bekehrung des Volkes Israel.

Bekehrung ist Werk Gottes

Die Bekehrung des Volkes Israel ist aber nicht unsere Aufgabe, sondern Werk Gottes. Er lässt den verdorrten Feigenbaum aufblühen und Frucht bringen. Die Existenz von schätzungsweise 200.000 messianischen Juden weltweit, - davon etwa 30.000 in Israel, deren Zahl in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen ist, - ist vielen Christen unbekannt. An dieser Stelle dürfen wir aber auch noch einen Schritt weitergehen. Das „neue Volk Israel“, sind wir, die Christen. Dann hieße dieser Satz: dieses Geschlecht, dieses Volk, - also das Christentum, - wird nicht untergehen bis ans Ende der Welt.

Es geht im heutigen Evangelium um die letzten Dinge. Schon das Alte Testament spricht im Buch Daniel von den endzeitlichen Bedrängnis. Dies geschieht dort im Zusammenhang mit dem Tag Jahwes im Hinblick auf das Zorngericht Gottes. Die endzeitliche Drangsal, von der das Evangelium spricht, erinnert uns daran, dass nicht nur alles Leben in dieser Welt dem Tod geweiht ist, sondern dass auch die Welt als Ganzes unaufhaltsam ihrem Ende entgegeneilt. Das heutige Evangelium erinnert uns daran, dass die Geschichte dieser Welt nicht endlos weitergehen wird, sondern dass unser Universum einmal ein Ende haben wird. Sprich: der kosmische Tod wird das letzte Wort haben. „Denn die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen“, so drückt es der heilige Apostel Paulus in seinem Brief an die Römer aus.

„Gott, der einst das erste Wort gesprochen hat, wird auch einmal das letzte Wort haben.“

Obwohl wir wissen, dass die Welt vergänglich ist, fällt es uns doch meist schwer, sich recht vorzustellen, dass das alles einmal aufhören wird. Aber die Botschaft unseres Herrn Jesus Christus ist klar: Gott, der am Anfang die Welt geschaffen hat, wird sie einmal zu Ende gehen lassen. Gott, der einst das erste Wort gesprochen hat, wird auch einmal das letzte Wort haben.
Es ist noch nicht lange her, da haben die Naturwissenschaften diese Auskunft der Heiligen Schrift über die zeitliche Begrenzung unserer Welt, nicht ernst genommen. Das hat sich inzwischen aber grundlegend geändert. Heute rechnen sie meist ganz selbstverständlich mit dem, was wir den Untergang der Welt nennen. Wie das aber im Einzelnen vor sich gehen soll, darüber sind sie sich nicht einig. Ob nun der Kosmos verbrennen oder erfrieren wird, ob es zum Vakuumzerfall kommt, welche Ereignisse diesem Prozess vorausgehen und welche ihn begleiten werden, darüber sind sie sich nicht einig. Während aber die bisherigen Theorien das Ende des Universums in ferner Zukunft sahen, so ist es bei der neuen Theorie des Vakuumzerfalls so, dass das Ende plötzlich und überraschend kommen kann, also heute oder morgen, ohne jede Vorwarnung.
Wir dürfen auch nicht übersehen, dass wir durch den technischen Fortschritt heute in der Lage sind, Prozesse in Gang zu setzen, die uns entgleiten können. Die in einer Kettenreaktion die Welt zerstören können. War das bis in die Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts vor allem die Angst vor der atomaren Zerstörung, so ist es heute eher die Angst vor Umweltkatastrophen und Klimaveränderung.

Der Mensch bleibt - kein Mensch vergeht

Wie auch immer das Ende kommen mag, es ist nicht das Letzte. Die die Welt vergeht zwar, und zerfällt wieder ins Nichts, aus dem sie hervorgegangen ist. Das gilt aber nicht für den Menschen. Der Mensch bleibt. Kein Mensch vergeht, im übrigen auch nicht die Ungeborenen. Gott hat alle zum ewigen Leben berufen für eine neue, für eine bessere Welt, für eine Welt, die der Mensch nicht vermasselt hat.
Die Botschaft vom Ende ist also keine Schreckensbotschaft, sondern eine Freudenbotschaft. Denn wir erwarten die Wiederkunft Christi voll Zuversicht. In jeder Heiligen Messe heißt es unmittelbar nach dem „Vater unser“: „Bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Herrn Jesus Christus erwarten“. Wir bekennen also, dass wir voll Zuversicht das Ende der Zeiten erwarten. Wir erwarten mit Freude die Wiederkunft, die zweite Ankunft unseres Herrn Jesus Christus auf Erden, denn so beten wir auch in jeder Heiligen Messe „Deinen Tod, O Herr, verkünden wir und Deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst /bis Du wiederkommst in Herrlichkeit.“

„Der wahre Christ ist einer, der sein Leben ausrichtet auf die Wiederkunft Christi.“


John Henry Kardinal Newman brachte das auf den Punkt, als einmal sagte: „Der wahre Christ ist einer, der sein Leben ausrichtet auf die Wiederkunft Christi. Es gibt nichts, was gewisser ist als Sein Kommen“. Wir brauchen also keine Higgs-Felder und Theorien der Astrophysik über einen plötzlichen und unerwarteten Zerfall des Weltalls bemühen Aber ist schon interessant zu beobachten, wie die moderne Naturwissenschaft plötzlich ein Thema aktuell macht, dass viele Christen bereits vergessen oder verdrängt haben.

(radio vatikan - claudia kaminski)
 

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28. November 2020, 11:00