Synodaler Weg: „Perspektivwechsel“ und „Renovierung der Kirche“
230 Synodale und rund 20 Beobachter aus dem benachbarten Ausland und der Ökumene zogen gemeinsam in den Frankfurter St. Bartholomäus-Dom ein. Viele Gläubige aus Frankfurt am Main nahmen an dem Gottesdienst teil. Vor dem Gotteshaus demonstrierten rund 100 Katholikinnen für mehr Rechte in ihrer Kirche. Die künftige Stellung von Frauen in der Kirche ist eines der vier zentralen Themen des Reformdialogs.
Geistlicher Weg der Umkehr
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, rief in seiner Predigt dazu auf, den Synodalen Weg als geistlichen Weg der Umkehr zu verstehen. „Ich empfinde den Synodalen Weg als eine Einladung an uns, einen Perspektivwechsel vorzunehmen und zu lernen. Es gibt keinen geistlichen Weg der Umkehr ohne Einsicht, ohne die Erkenntnis eigener Irrtümer, Katastrophen, Krisen oder Wunden, die einem zugefügt wurden. Es gibt keinen Aufbruch, keinen Neuanfang, keine Neuevangelisierung ohne eine solche Umkehr“, so Kardinal Marx. Er fügte hinzu: „Wir vertrauen auf das Erbarmen und die Treue Gottes.“ Diese Auffassung sollte auch am Anfang des Synodalen Weges stehen, eines jeden Lebensweges: „Wenn wir einen neuen Weg gehen, brauchen wir Mut! Und diesen Mut spricht Gott uns zu! Gott ist größer als alles andere - in seiner Barmherzigkeit, in seiner Liebe. Das gibt uns den Schwung und die Kraft, in schwierigen Situationen und Herausforderungen an die Treue Gottes zu glauben, Mut zu fassen und neue Wege zu gehen.“
Miteinander und Dienst statt Herrschen
Ausdrücklich ging Kardinal Marx auf den Missbrauchsskandal ein, der die ganze Kirche zutiefst erschüttert habe. Niemand hätte gedacht, dass es solche Abgründe in der Kirche geben könne. „Dieser Skandal muss uns in Gang bringen, aus den Erkenntnissen der Vergangenheit, auch durch die wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas, zu lernen, nach vorne zu schauen. Wir müssen zur Erkenntnis der Sünde und der Fehler der Vergangenheit stehen. Ohne ein Hinschauen werden wir den geistlichen Weg der Zukunft nicht gehen können“, so Kardinal Marx. Dazu gehöre auch eine kritische Betrachtung der Macht, die „Dienst sein soll. Es wäre ein starkes öffentliches Signal, ein Perspektivwechsel, wenn wir darstellen könnten, was Macht und Dienst bedeuten, nämlich nicht über andere zu herrschen, sondern das Miteinander in der Kirche zu zeigen.“ Es liege an uns, so Kardinal Marx: „Wir haben in der Vergangenheit das Licht vielleicht unter den Scheffel gestellt. Fragen wir uns in dieser Stunde: Wie können wir es wieder nach oben setzen, damit es allen leuchtet? Der Synodale Weg soll helfen, dass das Licht des Evangeliums jedem leuchtet, sichtbar wird und Richtung gibt. Er ist ein Weg des Aufbruchs, der Ermutigung, aber nie ohne innere Umkehr.“
Einander nicht die Frömmigkeit absprechen
Nach der Eucharistiefeier der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, die Synodalen dazu auf, eine Gesprächskultur in geschwisterlichem Geist zu verwirklichen. „Dazu braucht man Spielregeln im Dialog, der, wie Papst Franziskus betont, ‚freimütig‘ geführt werden soll. Wir wollen diskutieren, uns austauschen, debattieren. Dabei sollten wir einander nicht die Frömmigkeit absprechen“, so Sternberg. Er appellierte zu Respekt für die je andere Meinung und die Überwindung von Vorurteilen. „Wir vermischen nicht die Wahrheit des Glaubens mit Fragen nach der Sozialgestalt der Kirche. Wir wollen das Gottesvolk in seiner Pluralität wahrnehmen und zu Wort kommen lassen“, so der ZdK-Präsident bei der Eröffnungsveranstaltung im Frankfurter Dom.
Sternberg erinnerte daran, dass die Aufdeckung von sexuellem Missbrauch durch Geistliche und deren Vertuschung in Deutschland vor genau zehn Jahren zu Erschütterungen geführt hat, die den Synodalen Weg erst ermöglichten. „Dieser Skandal war Auslöser von Unruhe, Unzufriedenheit und Verärgerung, die bis in unsere Kerngemeinden hinein reichen“, hob Sternberg hervor. „Treue Glieder der Kirche sind aufgebracht, erwägen, der Kirche den Rücken zu kehren. Es war wohl der Tropfen, der ein Fass zum Überlaufen brachte.“ Gleichzeitig verwies er auf den Ärger und die Enttäuschung darüber, dass seit dem Ende der Siebzigerjahre maßgebliche Reformen liegen geblieben sind. Als Beispiel verwies er auf das Thema der Partizipation von Frauen: „Die inzwischen selbstverständliche Teilhabe der Frauen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik muss in der Kirche zu wirklichen Reformen führen, deren Erörterung nicht ignoriert und schon gar nicht verboten werden kann.“
Kirche erneuern, alle verbindet die Sorge
„Die Erwartungen an den Synodalen Weg, den wir nun eingeschlagen haben, sind trotz der ebenso verbreiteten Skepsis sehr hoch! Werden wir ihnen gerecht! Beweisen wir die Kraft zum gemeinsamen Handeln!“, rief Sternberg den Synodalen zu. „Diese Versammlung vereint ganz unterschiedliche Menschen: Kleriker im Bischofs-, Priester- oder Diakonenrang, Ordensleute, Dienste der Kirche und die vielen aus Vereinen und Verbänden, Diözesanräten oder Wissenschaft; Junge und Alte, Haupt- und Ehrenamtliche, Frauen und Männer, wir alle vertreten die Kirche in Deutschland. Wir wollen einen gemeinsamen Prozess durchführen, der nicht von Standes- oder Fraktionsdenken bestimmt wird. Alle, die hier versammelt sind, verbindet die Sorge um unseren Glauben, um unsere Kirche.“ Letztendlich gehe es uns nicht um die Kirche, unterstrich Sternberg: „Sie hat dienende Funktion. Es geht um den Glauben und seine Weitergabe. Dafür müssen wir aber unser eigenes Haus renovieren.“
Der Synodale Weg, der von der Deutschen Bischofskonferenz und dem ZdK getragen wird, begann bereits am ersten Advent des vergangenen Jahres. Die erste Synodalversammlung dauert bis Samstag und findet im Dominikanerkloster in Frankfurt statt.
(zdk/dbk/kna – pr)
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