Moraltheologe: Für ökologisch nachhaltige Tierhaltung
Welche Auswirkung hat Tierhaltung auf den Klimawandel?
Lintner persönlich ist der Meinung, „dass es legitim ist, Fleisch zu essen. Allerdings unter mehreren Bedingungen: Eine erste Bedingung ist die, dass man tatsächlich im heutigen Kontext die ökologischen Auswirkungen der Landwirtschaft berücksichtigt. Die intensive Nutztierhaltung, inklusive der gesamten Zusammenhänge wie zum Beispiel der Fütterung von Kraftfutter, von Soja oder der Zukauf von Futter, hat nämlich Auswirkungen auf den weltweiten Klimawandel, das wissen wir ja mittlerweile. Das heißt, dass wir wirklich zurückmüssen zu einer Landwirtschaft, die klimaverträglich ist.“
Und die gibt es, betont der Moraltheologe aus Südtirol, und zwar die ökologisch-nachhaltige Landwirtschaft. Dabei gehe es vor allem darum, dass der Landwirt seine Futtermittel weitgehend selbst produziert und in diesem Sinne extensiv wirtschaftet. Das heißt, dass die Anzahl der gehaltenen Tiere flächengebunden ist. Ein weiterer Aspekt, den es beim Fleischkonsum zu beachten gelte, sei das Wohl der Tiere. Diese müssten „von der Geburt bis zum Tod so gehalten werden, dass die wesentlichen artspezifischen Bedürfnisse erfüllt sind und dass der Schlachtungsvorgang selbst möglichst stress- und schmerzfrei gestaltet wird – ohne lange Transportwege. Wenn diese Bedingungen gegeben sind, darf man Fleisch guten Gewissens essen“, so Lintner.
Besserer Fleischkonsum hat seinen Preis
Ohne dass die Konsumenten hier Opfer bringen, sei dieser Weg freilich nicht zu beschreiten. Lintner führt die Konsequenzen dieser nachhaltigen Landwirtschaft für die Verbraucher vor Augen: Man müsse sich darauf einstellen, weniger Fleisch zu essen, da der derzeitig hohe Bedarf nur durch industrielle Massentierhaltung gedeckt werden könne. Auch müsse man bereit sein, mehr für das Fleisch zu bezahlen
Die aktuell in Deutschland diskutierte Erhöhung des Fleischpreises hält er für eine gute Idee. „Ich halte das sogar für eine notwendige Maßnahme. Meiner Meinung nach ist nämlich das sogenannte Billigfleisch zu billig. Aus dem einfachen Grund, weil hier die Schäden, die an der Umwelt angerichtet werden, im Preis nicht enthalten sind. Nach dem Verursacherprinzip müsste man das Billigfleisch verteuern, und zwar dahingehend, dass gleichsam die Umweltschäden verrechnet werden. Die Einnahmen aus der Erhöhung des Fleischpreises müssten deshalb in Umweltmaßnahmen und in Projekte zur Förderung des Tierwohls in der Landwirtschaft investiert werden.“
Tiere als Teil der Schöpfung begreifen
Mitte September trafen sich 85 Theologen und Ethiker, um in Brixen über Tierethik zu sprechen. Lintner war Mitinitiator der Tagung. Seit Jahren rücke das Thema zunehmend ins Interesse der Theologie: „Diese Wirklichkeit der Schöpfung, Tiere als Geschöpfe, die uns Menschen sehr nahestehen – darüber müssen wir neu nachdenken. Das ist ein Defizit in der bisherigen theologischen Reflexion, das wir füllen müssen. So müssen wir auch neu entdecken, was denn die Bibel über die Tiere sagt. Das ist in der Tradition wirklich oft vergessen worden.“
Aufgabe der Kirche in der Debatte sei es, sich in tierethischen Fragen klar und deutlich zu positionieren. „Wir haben hier als Kirche die große Chance, uns zu verbinden mit Aktionen von Tierschützern und uns in der Gesellschaft für dieses urchristliche Anliegen stark zu machen: nämlich, dass die Tiere als Geschöpfe geachtet und respektiert werden.“
Ein Beitrag von Tobias Gayer für Pope
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