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Bischof Heiner Wilmer, hier zu Besuch bei Papst Franziskus Bischof Heiner Wilmer, hier zu Besuch bei Papst Franziskus 

D: Bischof Wilmer will Öffnung des „Synodalen Wegs“ auf Evangelisierung hin

Bischof Heiner Wilmer hat sich dafür ausgesprochen, den in Deutschland geplanten „Synodalen Weg“ der katholischen Kirche auf die Frage der Mission hin auszuweiten. Im Gespräch mit Pope sagte der Hildesheimer Bischof, das Ringen um den Umgang mit Macht und Teilhabe, die Bewertung der Sexualität, die priesterliche Lebensform und die Rolle der Frau sei richtig und stehe für Wahrhaftigkeit, der eigentliche Auftrag der katholischen Kirche bleibe aber „davon unberührt".

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Wilmer regte an, die Frage „Wie sind wir bei den Menschen?“ zu beantworten. Es gelte, auf die Menschen zuzugehen und zu sehen, was ihre Themen sind. Als Beispiel nannte er die Jugendbewegung „Fridays for future“, die viele Anknüpfungspunkte mit der Papstenzyklika „Laudato Si“ aufweise. „Man läuft nicht irgendwie dem Zeitgeist nach, diese Rede finde ich auch ein bisschen eigenartig, aber es ist voll anschlussfähig“, sagte der Hildesheimer Bischof.

Wilmer hält sich zur Zeit in Rom auf, wo er den jährlich organisierten Vatikan-Kurs für neue Bischöfe besucht. 105 Bischöfe aus Europa, Nord- und Südamerika sowie aus den mit Rom unierten Ostkirchen nehmen diesmal daran teil. An diesem Donnerstag empfängt Papst Franziskus sie zu einer Audienz im Vatikan. In unserem Gespräch resümiert Pater Wilmer, der frühere Ordensobere der Herz-Jesu-Priester, zunächst sein erstes Jahr als Bischof von Hildesheim.

Hier zum Hören:

Bischof Wilmer: „Überraschend gut läuft die Aufnahme im Bistum. Es ist eine sehr freundliche Aufgabe, ich habe wunderbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, fühle mich sehr wohl, bin gut angekommen, ich habe alles – außer Langeweile. Es macht mir große Freude, durchs Bistum zu gehen und viele Menschen zu treffen. Das ist das eine. Was anders ist, als ich gedacht hatte: das Thema Missbrauch und sexualisierte Gewalt war mir vorher zwar schon bekannt, dass es auf mich zukommen würde, ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass es so massiv sein würde, und dass es mich so sehr in Beschlag nehmen würde. In den ersten sechs, sieben Monaten habe ich von sieben Tagen in der Woche mich mindestens fünf bis sechs Tage mit dem Thema auseinandergesetzt. Es war ständig ein Thema, und mit dieser Wucht hatte ich so nicht gerechnet.“

Pope: Sie hatten schon zu Ihrem Amtsantritt gesagt, Sie haben das Gefühl, das Thema Missbrauch werde die Nagelprobe für Ihr Bischofsamt. Das hat sich also in diesem ersten Jahr bewahrheitet?

Bischof Wilmer: „Ich glaube, das ist so. Und ich hatte zwischendurch Angst und Sorge, dass ich auf das Thema festgelegt werden würde. Inzwischen bin ich aber guter Dinge, weil wir alles massiv umgestellt haben. Wir haben Leute von außen angeworben, wir haben den männerbündlerischen Kreis durchbrochen, wir haben Fachleute angeworben, wir haben dezentrale Kreise aufgestellt, wir arbeiten mit der Staatsanwaltschaft zusammen, wir arbeiten praktisch nur noch mit Leuten von außen zusammen, die nicht auf der Gehaltsliste des Bistums stehen.“

Pope: Der Missbrauch in der Kirche hat in Deutschland zum Anliegen des „Synodalen Weges“ geführt; Bischöfe und Laien gemeinsam für eine erneuerte Kirche. Ein Kritikpunkt daran ist, dass beim „Synodalen Weg“ ein Forum über die Erneuerung des Glaubens fehlt. Wie stehen Sie dazu?

Bischof Wilmer: „Dem Vorschlag kann ich viel abgewinnen. Ich bin der Meinung, dass wir die Themen, die jetzt auf dem Tisch liegen, angehen müssen: das Thema Umgang mit Macht, Partizipation, Bewertung der Sexualität, priesterliche Lebensform und die Rolle der Frau. Das ist richtig, und das sind inhaltliche Aspekte - aber von außen wahrgenommen sind das zunächst Themen, die die kirchliche Struktur und daher eher eine Binnensicht betreffen. Sie sind wichtig für die Wahrhaftigkeit, aber unser eigentlicher Auftrag bleibt davon unberührt. Und ich finde, die Botschaft Jesu steht im Zentrum. Wie gehen wir auf die Menschen zu, wie sind wir bei den Menschen, wie sind wir vor allem bei den Jungen Menschen, wo sind wir bei älteren und vereinsamten Menschen, wo sind wir bei Migranten, bei Menschen, die in Not sind, wo sind wir bei jenen, die sich sehnen nach Tiefe und Spiritualität? Das ist unser eigentlicher Auftrag.“

Pope: Das können Leitfragen für den Synodalen Weg sein. Aber lassen sich schon erste Antworten darauf finden?

Bischof Wilmer: „Es gibt wunderbare Anknüpfungspunkte, wenn wir einfach auf die Menschen zugehen und schauen, was ihre Themen sind. Etwa die junge Generation. Bei „Fridays for future“ geht es um die Bewahrung der Schöpfung, um Klima, Wasser, und vor allem darum, wie die Menschen heute und morgen gut leben können. Papst Franziskus hat ein wunderbares Dokument verfasst, Laudato Si, das – wie ich in diesen Tagen in Rom wieder gelernt habe - das Dokument ist, das außerhalb der Kirche am meisten gelesen wird. Man läuft nicht irgendwie dem Zeitgeist nach, diese Rede finde ich auch ein bisschen eigenartig, aber es ist voll anschlussfähig. Wir sind bei den Themen der Menschen. Diesem Dokument könnten und sollten wir deutlich mehr Aufmerksamkeit widmen.“

Pope: Sie sind in diesen Tagen in Rom zu einem Kurs für frisch geweihte Bischöfe und lernen den Vatikan aus einer neuen Warte kennen, mit dem Sie zuvor schon als Ordensoberer der Herz-Jesu-Priester zu tun hatten. Wie nehmen Sie den Vatikan aus dieser Warte wahr ?

Bischof Wilmer: „Das Treffen in diesen Tagen, es sind 12 Tage, ist sehr sympathisch, sehr mitbrüderlich. Was ich wirklich klasse finde, ist, dass die neuen Bischöfe aus Europa, aus Nord- und Südamerika, dass wir uns begegnen. Es gibt genug Zeit für Gespräche und zu Fragen, wie machst du das, welche Herausforderungen gibt es. Ich erlebe, dass die Bistümer sehr unterschiedlich sind. In einigen macht der Bischof die gesamte Arbeit mit fünf bis zehn Leuten. Andere haben einen Stab von 800 bis 1.000 Leuten im Generalvikariat und in den Behörden. Wir haben einen Einblick in die verschiedenen Kongregationen und Dikasterien, Kirchenrecht spielt schon auch eine Rolle. Ein großes Thema, das ständig auftaucht, ist das Wort Synodalität. Kein Vortrag ohne das Wort Synodalität! Das scheint eingeschlagen zu haben.“

(vatican news)

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11. September 2019, 16:55