D: Kardinal Marx würdigt Romano Guardini als Vordenker Europas
Für Guardini sei Europa dazu prädestiniert, „den ungebremsten Fortschrittsgedanken bezüglich der naturwissenschaftlichen und dann auch ökonomischen Entwicklung zwar prinzipiell zustimmend, jedoch begrenzend und kritisch zu begleiten“, sagte Marx. Ebenso habe der Gelehrte betont, es sei ureigene Aufgabe Europas, die Würde des Menschen als Individuum und Geschöpf Gottes zu verteidigen. „Wo sind die Gruppen, Institutionen und Akteure, die nicht restaurativ und nostalgisch zurückschauen, sondern im Sinne Guardinis eine Renaissance Europas denken und wagen? Wir Christen wollen auf jeden Fall dabei sein!“
Guardini, der als Kleinkind mit seiner Familie von Italien nach Mainz übersiedelte, sorgte sich jedoch auch, dass die Differenzierung und Spannungsfülle Europas dem Kontinent zum Verhängnis werden könnte. „Man staunt über die prophetische Gabe Guardinis“, kommentierte Marx. Ein Blick auf den Zustand der heutigen Europäischen Union zeige die bedrückende Aktualität seiner Aussagen. Es dominiere nicht ein gemeinsames Ziel, sondern die kleinen nationalen Interessen.
Priester und Professor
Guardini war Priester und Professor für Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung, zunächst in Berlin, später in Tübingen, von 1948 bis 1962 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Dort wirkte er auch als Universitätsprediger in Sankt Ludwig. Der Theologe erreichte in Kirche und Hörsaal eine breite Zuhörerschaft. Er gilt als ein Wegbereiter der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Ende 2017 eröffnete Marx in München die Seligsprechungsverfahren für Guardini und den von den Nationalsozialisten 1934 ermordeten Publizisten Fritz Gerlich.
(kap/kna – vm)
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