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Der Welterschöpfungstag ist dieses Jahr schon im Juli Der Welterschöpfungstag ist dieses Jahr schon im Juli 

Welterschöpfungstag: „Leid nicht gleichgültig gegenüberstehen"

An diesem 29. Juli 2019 sind alle natürlichen Ressourcen für das Jahr aufgebraucht. Das heißt, ab diesem sogenannten Welterschöpfungstag leben wir von den Reserven der Erde. Ein Interview mit Pirmin Spiegel – der Geschäftsführer von Misereor – zu den Hintergründen dieses Tages.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass der Welterschöpfungstag immer weiter nach vorne rutscht. 2005 lag dieser zum Beispiel noch am 20. Oktober. In diesem Jahr ist dieser erstmals schon im Juli. Was genau bedeutet das für uns und unsere Welt?

Das bedeutet, dass wir zum ersten Mal im Jahr 1970 einen Grenzbereich überschritten haben. Damals haben wir den Grenzbereich von den uns jährlich zur Verfügung stehenden natürlichen überstiegen. Das heißt also, dass wir endlich von der Analyse und von den Absichten in den Umsetzungsmodus kommen müssen. Das heißt, wir reden von naturwissenschaftlichen Fakten: Und mit der Natur lässt sich nicht verhandeln. Dass dieser Tag immer weiter vorrutscht ist kein Gloria für uns Menschen.

Zum Nachhören

Nun verbrauchen nicht alle Menschen in allen Ländern gleich viele Ressourcen. Worin sehen Sie die größte Ursache, dass der Welterschöpfungstag so weit nach vorne rutscht?

Wir als Menschheit verbrauchen wir insgesamt zu viel an Rohstoffen. Aber wenn wir genauer hinschauen, spüren und wissen wir, dass die Menschen, die in einem relativ großem Wohlstand leben, besonders viele Rohstoffe verbrauchen. Ich würde es mal bezeichnen als eine globale „Konsumklasse“. Ich hab da sehr gerne Anlehnungen an Papst Franziskus. Der sagt, dass die ökologischen Ressourcen von allen und für alle sind, also Gemeinschaftsgüter, und dass diese Gemeinschaftsgüter erstens übermäßig benutzt und verbraucht werden. Zweitens sagt Papst Franziskus in der „Laudato Si“ einige wenige einzelwirtschaftliche Akteure verbrauchen im besonderen Maße diese ökologischen Ressourcen. Er buchstabiert das einem Beispiel von Trinkwasser durch. Übermäßiger Verbrauch von Trinkwasser, einseitige Benutzung von Trinkwasser in landwirtschaftlicher Produktion und Privatisierung von Trinkwasser. Da wird deutlich, dass uns diese Herausforderung allen begegnet, aber in unterschiedlicher Weise.

Glauben Sie, dass es möglich ist, den Welterschöpfungstag in den nächsten Jahren wieder nach hinten zu schieben? Was müsste dafür getan werden, zum einen von Seiten der Regierung, aber zum anderen eben auch von Seiten der Konsumenten?

Es geht einmal darum, jeden einzelnen Verbraucher, jede einzelne Konsumentin zu hinterfragen. Da gibt es so eine Kultur des Nachhaltens. Gleichzeitig können wir das alleine nicht regeln. Wir brauchen ein politisches und wirtschaftliches Umsteuern. Ich denke für dieses wirtschaftliche, politische Umsteuern haben wir Leitlinien. Das ist einmal „Laudato Si“, das sind die Pariser Klimaziele, die Nachhaltigkeitsstrategien und ein Text des  Bischofs von Äthopien. Darin sagt er: Alle Akteure müssen als systemisches Band arbeiten. Nicht-Regierungsorganisationen, Regierungsorganisationen, Glaubensorganisationen, Schulen, Universitäten. An diesem Band, wo wir bereits die Leitlinien zu haben, müssen wir versuchen gemeinsam zu arbeiten.

Abgesehen von diesen Richtlinien: Können wir als einzelne Konsumenten zum großen Ziel beitragen?

Es geht darum, dass wir zum Beispiel in Deutschland einen viel zu hohen Durchschnitt an Rohstoffverbrauch haben. Es geht in Deutschland darum, dass wir in den letzten 25 Jahren die Bahnstrecken reduziert haben während das Straßennetz stark ausgebaut wurde. Es geht darum, dass wir uns über Fisch und die Meere beklagen, wir aber viel zu viel Fisch pro Kopf verbrauchen. Daher meine ich, dass jeder und jede Einzelne durch Konsumverhalten bereits zur Veränderung beitragen kann, aber neben dem persönlichen Konsumverhalten sind immer auch wirtschaftliche und politische Leitplanken notwendig.

Was sagen Sie: Wie realistisch ist so ein Ziel – den Welterschöpfungstag wieder nach hinten zu schieben –, wenn man sich anschaut, wo wir gerade stehen?

Da sage ich sehr gerne, dass wir kein Erkenntnisproblem haben, sondern ein Umsetzungsproblem. Deshalb kann die Konsequenz nur die sein, die wir bereits beschrieben haben: Nämlich tatkräftiges Handeln auf allen Ebenen. Es  geht um Glaubwürdigkeit und auch um Gerechtigkeit. Dieses tatkräftige Umsteuern sehe ich einerseits Prozesse, die bereits initiiert sind. Gleichzeitig sehe ich nationalistische Politiken, die diesem Prozess entgegenstehen. Aber für mich als Christ ist das Prinzip der Hoffnung und das Prinzip der Compassion, dass wir dem Leiden anderer nicht gleichgültig gegenüberstehen, an erster Stelle. Von daher bin ich optimistisch, dass wir um des Glaubenswillen, um des Menschenwillen schaffen werden, auch in großer Dringlichkeit Veränderungen bestehen.

Die Fragen stellte Viktoria Michelt.

(vatican news)

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29. Juli 2019, 17:18