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D: „Kirche muss das Strafen wieder lernen“

Die Kirche müsse „wieder lernen zu strafen“: Davon ist der Münchner Pastoraltheologe Andreas Wollbold gerade mit Blick auf Missbrauch überzeugt. Problematisch sieht er die Neufassung des Kirchenrechts von 1983 – und lobt den Kodex von 1917.

Die katholische Kirche muss nach Ansicht des Münchner Pastoraltheologen Andreas Wollbold „wieder lernen zu strafen“. In einem vom bayerischen „Klerusblatt“ (Mai-Ausgabe) veröffentlichten Beitrag sieht der Universitätsprofessor im Verlust der Klarheit an diesem Punkt „die Hauptursache für den zweifelhaften Umgang der kirchlichen Personalverantwortlichen mit Missbrauchsverdächtigen und -tätern“.

Bei der Neuformulierung des kirchlichen Gesetzbuches CIC nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) „war das Strafrecht das Stiefkind, denn viele meinten, Strafen seien einer geistlichen Kirche des Dialogs nicht mehr angemessen“.
Wollbold schreibt weiter: „Wer das alte Strafrecht kennt, weiß, wie streng und konsequent Vergehen des Klerus bestraft wurden, gerade auch solche unter Ausnutzung seelsorglicher Vertrauens- und Nähesituation wie in der Beichte.“ Er meint damit den Kodex von 1917, der nach dem Konzil überarbeitet wurde. Die Neufassung gilt seit 1983.

„Bei weitem die beste Versicherung gegen mögliche Rückfälle“

„Strafe muss sein, aber sie muss gerecht sein“, so der Wissenschaftler. Sie müsse der Tat angemessen sein, die Würde des Opfers wiederherstellen und zugleich dem Täter zu einem neuen Anfang verhelfen. Für Beschuldigte müssten auch in der Kirche rechtsstaatlich übliche Regeln gelten, etwa die Unschuldsvermutung.

Die Entlassung aus dem Klerikerstand sollte nur „ultima ratio“ sein und sich nicht zum „Quasi-Automatismus“ entwickeln. Bischöfe seien auch für Priester verantwortlich, die sich verfehlt hätten. Bei entsprechender Kooperationsbereitschaft sei eine Therapie zudem „bei weitem die beste Versicherung gegen mögliche Rückfälle“.

„Fatale Praxis“

Nach den Erkenntnissen des Pastoraltheologen tut sich die katholische Kirche schon länger mit ihrer Institutionalität schwer. Das habe sich schon im Reformkatholizismus der 1920er Jahre gezeigt. „Das führte zur fatalen Praxis, Missbrauchstäter nicht konsequent zu strafen, sondern es sich Gespräch, Versetzung und Absichtserklärungen genug sein zu lassen.“

Anfang Mai hatte Papst Franziskus Kirchenrechtsnormen im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch durch Geistliche drastisch verschärft. Das sogenannte Motu Proprio trägt den Titel „Vos estis lux mundi“ (Ihr seid das Licht der Welt) und tritt am 1. Juni in Kraft. Das Gesetz sieht unter anderem neue Verfahrensweisen für die Strafanzeige vor und führt eine weltweite Anzeigepflicht ein. Erstmals regelt es auch die Untersuchung gegen Bischöfe, die Ermittlungen vertuscht oder verschleppt haben.

(kna – sk)
 

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23. Mai 2019, 13:06