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Priester mit Vorab-Deutschkenntnissen? „Eine sinnvolle Maßnahme“

Ausländische Geistliche, die in Deutschland arbeiten wollen, müssen künftig schon vorab Deutschkenntnisse nachweisen – diese Regelung will die Bundesregierung beschließen. Im Bistum Münster hält man das für eine sinnvolle Maßnahme. Warum, erklärt uns Renate Brunnett. Sie ist in Münster Referentin für die Priester der Weltkirche.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Viele Diözesen haben in den vergangenen Jahren Programme für Priester aufgelegt, die für einige Jahre zur Seelsorge nach Deutschland kommen möchten. Das in Münster entwickelte und bewährte Modell beginnt für den Priester mit einem Deutschkurs im Heimatland und umfasst auch die erste Zeit in Deutschland, erklärt Renate Brunnett.

Renate Brunnett: „Im Bistum Münster ist es schon jetzt so, dass wir von den Priestern erwarten, dass sie Deutschkenntnisse mitbringen, bevor sie in unser Bistum kommen. Wir machen das, um zu signalisieren, wie wichtig die deutsche Sprache ist, um in der Seelsorge mit den deutschen Menschen ins Gespräch zu kommen.

Zum Nachhören

Pope: Das heißt, aus Ihrer Sicht ist das eine sinnvolle Maßnahme, vorab Deutschkenntnisse zu verlangen?

Renate Brunnett: „Richtig: Es braucht eine Grundkenntnis der Sprache, die natürlich durch Sprachkurse für die Priester der Weltkirche hier im Land erweitert wird. Eine Erfahrung ist auch, dass interkulturelles Lernen immer wechselseitig geschieht. Die Priester erzählen davon, wie sie den Glauben in ihren Heimatländern gestalten. Im Gespräch darüber entstehen Impulse für das Christsein hier bei uns.“

Pope: Worin besteht die Herausforderung für die Priester, wenn sie zunächst in ihrer Heimat Deutsch lernen müssen?  

Renate Brunnett: „Deutsch ist eine schwierige Sprache. Im Heimatland lernt man sie im Kurssystem, aber außerhalb des Kursraumes wird dann wieder die Muttersprache gesprochen. Das Lernen der Sprache wird somit ständig unterbrochen. Außerdem sind in manchen Ländern die Goethe-Institute nicht gut erreichbar, weil die Wege weit sind. Manche sagen auch, dass sie sich auf dem Weg von ihrem Dorf zum Kurs Gefahren aussetzen. Manche Städte sind dafür bekannt, dass es dort Überfälle gibt, sodass die Priester Angst haben, für den Deutschkurs dorthin zu kommen.”

Pope: Wie sieht denn das Programm insgesamt aus, das Sie im Bistum Münster für diese Priester entwickelt haben?

Renate Brunnett: „Die Priester kommen mit einem gewissen Sprachniveau, an das sich zwei Sprachkurse anschließen, die insgesamt vier Monate umfassen. Es handelt sich um eine Vollzeit-Sprachausbildung. Dann kommt ein viermonatiges Praktikum, wo die Sprache in einer Pfarrei unserer Diözese praktisch angewandt wird und der Priester sich auch allmählich mit der deutschen Kultur und Pastoral vertraut machen kann. Darauf folgt der dritte und letzte Sprachkurs, der zwei Monate umfasst. Dann kommt es zum Einsatz in einer Pfarrei. Parallel dazu gibt es einen Pastoralkurs, der aus verschiedenen Modulen besteht, um den Priestern aus der Weltkirche noch einmal ausdrücklich die Besonderheit der katholischen Kirche im Bistum Münster zu vermitteln und in einen Austausch zu kommen.”

Pope: Warum ist es sinnvoll, so viel Kapazität in die Ausbildung der Priester zu stecken?

Renate Brunnett: „Wir legen viel Wert auf diese intensive Einführung, weil sich zeigt, dass es ein dreifaches Lernen braucht: ein Lernen der deutschen Sprache, ein Lernen der deutschen Kultur und ein Kennenlernen der Weise deutsche Kirche zu sein, mit den Besonderheiten im Bistum Münster. Die Kulturunterschiede sind mitunter sehr groß und die Fremdheit in einer Kultur entdeckt man erst, wenn man es mit einer anderen Kultur zu tun hat. Es braucht viel Hinführung und Zeit. Es ist unsere Erfahrung, dass in der Regel schon ein  Kalenderjahr vergeht, bis die ausländischen Priester sich mit dem anderen Klima, den Gepflogenheiten, den verschiedenen Festen und Arten, wie gefeiert wird und wie der Alltag gestaltet wird, vertraut gemacht haben.“

Pope: Wie viele Priester bereiten Sie auf diese Weise vor, und aus welchen Ländern kommen sie?

Renate Brunnett: „Ins Bistum Münster kommen pro Jahr etwa zehn neue Priester.  Sie stammen aus Indien, afrikanischen Ländern wie Nigeria, Ghana, Tansania, Uganda und aus osteuropäischen Ländern wie Rumänien und Kroatien.”

Pope: Was sind die größten kulturellen Herausforderungen, vor denen diese Priester in Deutschland stehen?

Renate Brunnett: „Am Anfang sind es ganz lebenspraktische Unterschiede. Letztens erzählte mir ein Priester, er hätte zum ersten Mal im Leben eine Jacke angezogen, weil es hier so kalt ist. Die klimatischen Unterschiede, die Speisen, die wir hier zubereiten und essen: Manche vertragen diese am Anfang nicht und haben gesundheitliche Probleme. Der Umgang innerhalb der Familien, das Miteinander von Frauen und Männern in den Familien, in der Gesellschaft, in der Arbeitswelt ist sehr anders, als viele das kennen. Höflichkeitsformen, Umgangsformen: Wann äußere ich einen Wunsch, wann nehme ich mich zurück? Solche Gepflogenheiten in der Kommunikation sind sehr unterschiedlich.”

Pope: Die Priester kommen auf fünf Jahre, die dann verlängert werden können. Welche Erfahrungen machen Sie mit diesem Modell, wo hakt es am ehesten?

Renate Brunnett: „Die größten Herausforderungen sind natürlich am Anfang die sprachlichen Kompetenzen, aber auch in der Seelsorge geht es um existentielle Fragen: Trauer, Leid, Notsituationen, aber auch große Freude, wenn ein Kind geboren wird, wenn ein Mann und eine Frau Ja zueinander sagen wollen. In diese existentiellen Situationen hineinzugehen bedarf einer Kulturkompetenz. Was bedeutet es, wenn ein Kind heute in eine Familie hineingeboren wird, wenn ein erwachsener Mensch sich für die eigene Taufe entscheidet? Das sind Zusammenhänge, die für uns Deutsche vielleicht nicht so schwierig sind, aber bei Menschen aus fremden Kulturen viele Fragen aufwerfen. Da braucht es Sensibilität, und die will geschult sein. Es braucht das Mitleben in unserer Kultur und Gesellschaft, um daraufhin vorbereitet zu werden.”

(vatican news)

 

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08. März 2019, 16:36