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Der Missbrauchsskandal erschüttert die Kirche in Belgien seit spätestens Ende der 1990er Jahren. Der Missbrauchsskandal erschüttert die Kirche in Belgien seit spätestens Ende der 1990er Jahren. 

Belgien: Kirche veröffentlicht Bericht zu Missbrauch

Das Ausmaß ist nun schwarz auf weiß sichtbar: Nach mehreren Missbrauchsskandalen in den vergangenen Jahren hat die Belgische Bischofskonferenz am Dienstag einen 400-Seiten-Bericht zum Thema veröffentlicht.

Der Missbrauchsskandal erschüttert die Kirche in Belgien seit spätestens Ende der 1990er Jahre. 2010 war das „annus horribilis“, als der damalige Bischof von Brügge, Roger Vangelhuwe, seinen Rücktritt einreichte und zugab, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs zutreffend seien. Zwei Monate später – es war im Juni - wurde nach einer Razzia der belgischen Behörden in Einrichtungen der römisch-katholischen Kirche im belgischen Parlament ein Missbrauchs-Sonderausschuss eingerichtet. Dieser Ausschuss beendete seine Arbeit Ende März 2011 und regte an, ein unabhängiges Schiedsgremium für Fälle sexuellen Missbrauchs in der römisch-katholischen Kirche einzurichten.

Schaden für die Opfer anerkennen

Die belgische Bischofskonferenz hat nun Daten gesammelt und das Ausmaß somit greifbar gemacht. Hunderte Opfer sexuellen Missbrauchs „hatten in den vergangenen Jahren endlich den Mut, darüber zu sprechen“, sagte der Brüsseler Kardinal Jozef De Kesel bei der Vorstellung. Vor allem gehe es darum, den Schaden für die Opfer anzuerkennen, ihre Hilflosigkeit gegenüber dem Täter, das Schweigen, zu dem sie verurteilt worden seien, und die Beeinträchtigung für ihre persönliche Entfaltung.

Im Gespräch mit dem belgischen öffentlich-rechtlichen TV-Sender ,la Une' sagte der französischsprachige Sprecher der Bischofskonferenz, Jesuitenpater Tommy Scholtes: „Es ist ein schrecklicher Skandal, der die Kirche geprägt hat und das auch weiterhin tut. Das Problem ist noch nicht gelöst. Es braucht totale Transparenz und in der Tat will die neue Studie Klarheit schaffen. Es geht darum, konkrete Zahlen zu nennen. Es geht auch darum aufzuzeigen, wie viele Fachleute sich mit dem Thema befasst haben und welche Prozeduren durchgeführt wurden. Mit diesen ,automatischen Abläufen´ will die Kirche aufzeigen, welchen Weg der Gerechtigkeit sie einschlagen will.“

Laut dem Bericht meldeten sich seit 2010 insgesamt 1.054 Missbrauchsopfer bei der Schlichtungsstelle und den zehn Kontaktzentren der Kirche in Belgien. Von den 426 Fällen in den Kontaktzentren liegen 92 Prozent mehr als 28 Jahre zurück. 73 Prozent der Opfer waren zum Zeitpunkt der Übergriffe zwischen 10 und 18 Jahre alt. Drei von vier Opfern waren männlich (76 Prozent). Die meisten Übergriffe fanden in der Schule (43 Prozent) oder Pfarrgemeinde (28 Prozent) statt. Insgesamt wurden in Flandern 74 Prozent der Fälle gemeldet, in der Wallonie 19 Prozent.

Kein einziges Beweisstück wird versteckt

„Es gibt kein einziges Dokument oder Beweisstück, das im Büro eines Bischofs versteckt bleibt. Bei Verdachtsfällen wurden und werden diese sofort nach Rom weitergeleitet. Es gibt also einen Transparenz-Reflex und einen juristischen Reflex, die von allen Seiten – inklusive Kirche – jetzt da sind“, sagte der Sprecher der Bischofskonferenz.

Erstellt wurde der Bericht von der Interdiözesanen Schutzkommission für Kinder und Jugendliche unter der Leitung des emeritierten Professors für Psychologie der Katholischen Universität Leuven, Manu Keirse. Im Vorwort schreibt er: „Sexueller Missbrauch oder übergriffiges Verhalten ist keine Krankheit, es ist ein Delikt, ein Missbrauch von Macht.“

Bischofssprecher Scholtes: „Es war früher in der Tat so, dass das ein Tabu-Thema war. Alles, was mit sexuellem Missbrauch zu tun hatte, wurde verschwiegen. Und zwar nicht nur innerhalb der Kirche. Sei es, wenn es um Inzest ging, sei es bei Übergriffen in einem Sportverein. Das war ein Tabu. Glücklicherweise ist das jetzt – und das ist im Sinne der Opfer – nicht mehr der Fall. Das hat aber auch schreckliches Leid an den Tag gebracht und ich selber kenne etliche Opfer, mit denen ich gesprochen habe. Ich kann Ihnen versichern, dass man da dieses Leid sofort spürt. Wir haben jetzt Vorgehensweisen, die uns eine totale Transparenz ermöglichen. Das bedeutet aber nicht, dass alles gelöst ist. Es geht jetzt auch darum, Heilungsprozesse und Beistand für die Opfer anzubieten. Die Kirche in Belgien tut, was sie kann.“

Stiftung für Entschädigungszahlungen gegründet

Um jenen Opfern, deren Taten verjährt sind, eine Entschädigung zu zahlen, wurde die Stiftung Dignity gegründet. Die Schlichtungsstelle und die Stiftung zahlten zwischen 2012 und 2017 zusammen 4,58 Millionen Euro an Entschädigungen. Die Übergriffe wurden dafür in vier Kategorien eingeteilt, für die die Opfer jeweils zwischen 2.500 und 25.000 Euro Entschädigung erhielten.

Kardinal De Kesel nimmt kommende Woche am Vatikangipfel zum Thema Kinderschutz teil (21. bis 24. Februar). Er hoffe, dass die Überlegungen dort zu einer „kohärenten Politik für die gesamte katholische Kirche führen werden“, so De Kesel. Er und die anderen belgischen Bischöfe und Ordensoberen sähen das Thema in Belgien mit dem Bericht nicht abgeschlossen. „Vertrauen ist ein permanenter Job“, ist ihr letzter Satz unter dem Bericht.

(kna/cathobel – mg)

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13. Februar 2019, 10:43