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Kardinal Christoph Schönborn Kardinal Christoph Schönborn 

Schönborn zum Kopftuch: „Erziehung zur Freiheit“ statt Zwang

Der Wiener Erzbischof betonte in einem „Kurier"-Interview, dass der Islam die Lektion durch Aufklärung noch vor sich habe. Gleichzeitig lädt er dazu ein, „Probleme nicht größer“ zu machen, als sie „in Wirklichkeit“ seien.

„Von religiöser Seite her“ sei er „gegen einen neuen Zwang und plädiere für eine Erziehung zur Freiheit“: Mit dieser Stellungnahme hat sich der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, in die laufende Kopftuchdebatte eingeschaltet. Gleichzeitig sagte er in einem am Mittwoch veröffentlichten „Kurier“-Interview, über ein - von der Bundesregierung angestrebtes - Kopftuchverbot zumindest bei Volksschulkindern müsse die Politik entscheiden. Er selbst baue in dieser Frage auf kulturelle Entwicklungen: „In meiner Kindheit sind alle Frauen mit einem Kopftuch im Gottesdienst gesessen“, erinnerte Schönborn. „Das ist heute völlig verschwunden.“ Umgekehrt habe es früher viel weniger Kopftücher bei Musliminnen gegeben. Er vertraue darauf, dass solche Entwicklungen „keine Einbahnstraßen“ seien, so der Kardinal.

Beim Kopftuch handle es sich primär um eine kulturelle und keine religiöse Frage, erklärte Schönborn. Dass derzeit das Thema Umgang mit dem Islam so präsent in der öffentlichen Debatte ist, obwohl sich in Österreich nur jeder Zehnte zu dieser Religion bekennt, sei für ihn nicht plausibel, so der Kardinal: „Natürlich ist der Islam eine sehr große und präsente Minderheit. Aber ich würde dazu raten, die Probleme nicht größer zu machen, als sie in Wirklichkeit sind.“ Muslime, die hier leben und Staatsbürger sind oder werden, gehören für Schönborn „natürlich zu Österreich“.

Islam in größter Krise seiner Geschichte

 

Auf die Frage, ob die Muslime Probleme machen oder die Gesellschaft ein Problem mit den Muslimen hat, antwortete der Erzbischof: „Es ist beides.“ Der Islam stecke derzeit in der größten Krise seiner Geschichte. Der innerislamische Konflikt sei mit dem Dreißigjährigen Krieg vergleichbar, „es geht um die Vormachtstellung zwischen Schiiten und Sunniten wie damals in Europa zwischen Katholiken und Protestanten“. In unseren Breiten sei die Aufklärung die Folge eines „Kriegs bis zur Erschöpfung“ gewesen, es habe sich die Einsicht durchgesetzt, dass man Politik und Religion trennen muss. „Diese Lektion hat der Islam noch vor sich“, befand Schönborn. Ohne diese Trennung werde es auch in der islamischen Welt nicht gehen, denn ein theokratisches Politikverständnis sei nicht vereinbar mit einer pluralistischen Gesellschaft.

Nicht vorstellen kann sich der Wiener Erzbischof, eine Kirche Muslimen auch als Moschee zur Verfügung zu stellen. Auch wenn die Katholiken in Wien immer weniger werden, gebe es genug Bedarf für christliche Gemeinschaften, die sehr im Wachsen sind – „etwa die Freikirchen, wie die Baptisten oder auch die Ostkirchen“. Schönborn ist sich bei einer Kirchenübergabe an den Islam auch sicher, dass Katholiken einen solchen Schritt nicht verstehen würden. „Das würde ich daher auch nicht für sinnvoll halten“, meinte der Kardinal.

Gegen restriktive Flüchtlingspolitik

 

Erneut plädierte Schönborn dafür, bei gut integrierten Flüchtlingen verstärkt das legale Instrument des humanitären Bleiberechts anzuwenden statt Betroffene plötzlich abzuschieben. Dass der Flüchtlingszustrom von 2015 so nicht weitergehen konnte, „darüber besteht Konsens“. Aber die derzeitigen Flüchtlingszahlen seien „weit unter der Verträglichkeitsgrenze“. Kritik übte Schönborn in diesem Zusammenhang an der „extrem restriktiven Politik unserer östlichen Nachbarn, die überhaupt keine Flüchtlinge mehr aufnehmen wollen“. Auch dem Vorstoß von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), wonach Asylanträge nur noch außerhalb Europas gestellt werden dürften, kann der Kardinal wenig abgewinnen: Das wäre „unvernünftig und gegen geltendes internationales Recht“.

Sozialstaat gegen Missbrauch absichern

 

Dass viele Menschen in Österreich das Gefühl haben, für Asylwerber werde alles und für sie selbst wenig getan, kommentierte Schönborn mit einem Verweis auf die hohen sozialen Standards im Land. Bei der Frage der Treffsicherheit müsse freilich immer nachjustiert werden. „Da der Sozialstaat aber immer missbraucht werden kann, muss das kontrolliert werden.“
Die nach der scharfen Caritas-Kritik an einer „Demontage“ des Sozialstaates publik gewordene Meinungsverschiedenheit mit der Bischofskonferenz bestand laut Schönborn „in der Prozedur, nicht in der Sache selber“. Es dürfe in der Kirche auch Meinungsverschiedenheiten geben. Doch zwischen den politischen Verantwortlichen und der Caritas gebe es „im Großen und Ganzen eine sehr gute Kooperation“.

(kap - cs)

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18. April 2018, 14:37