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Frauen müssen in der Kirche und der Gesellschaft oft noch um Gleichberechtigung kämpfen - wie hier in Spanien. Frauen müssen in der Kirche und der Gesellschaft oft noch um Gleichberechtigung kämpfen - wie hier in Spanien.  

Theologin: Frauen sind mehr als ein „nice-to-have“

Frauen in Führungspositionen – das war nicht nur in der Kirche lange ein ungewohnter Anblick. Selbstverständlich sind leitende Frauen immer noch nicht.

Nadine Vogelsberg - Vatikanstadt

Andrea Qualbrink hat sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Für ihre Doktorarbeit zum Thema Frauen in kirchlichen Leitungspositionen wurde sie mit dem Elisabeth-Gössmann-Preis ausgezeichnet. Die katholisch-theologische Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz vergibt diesen Preis an Arbeiten, die sich kritisch mit frauen- und geschlechterspezifischen Fragen in religiösen Traditionen auseinandersetzen und neue Lösungen entwickeln.

Im Gespräch mit Pope erzählt die Theologin aus Münster von ihren Vorschlägen, wie die Kirche in puncto Organisation und Entwicklung sensibler mit Frauen umgehen kann. Sie plädiert für eine Förderung, unabhängig vom Geschlecht.

Denn da scheitern Frauen häufig – an der gläsernen Decke, oder, in der katholischen Kirche, am Weiheamt. Wenn es doch mal ein Laie in eine kirchliche Führungsebene geschafft hat, dann war das meist ein Mann. Warum eigentlich? Andrea Qualbrink:

„Ich glaube nicht – und das zeigen auch Studien – dass Frauen und Männer von Natur aus unterschiedlich führen. Ich glaube sehr wohl, dass durch die Sozialisation der Führungsstil von Frauen und Männern unterschiedlich geprägt sein kann. Und ich glaube, dass eine Organisation davon profitiert, wenn es unterschiedliche Führungsstile gibt. Es tut der Kirche gut, wenn Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungshorizonten  ihre unterschiedlichen Erfahrungen, Visionen, Werte und Ziele mitbringen.“ Außerdem, so Qualkbrink weiter, sei sie fest davon überzeugt, „dass die Kirche Innovation und Kreativität gut gebrauchen kann. Und darum braucht sie auch Frauen und Männer in Führung und ja, davon können Männer wie Frauen profitieren.“

„Ich bin fest davon überzeugt, dass die Kirche Innovation und Kreativität gut gebrauchen kann. Und darum braucht sie auch Frauen und Männer in Führung.“

Von Frauen in leitenden Positionen würden also laut Andrea Qualbrink alle profitieren. Trotzdem gibt es nach wie vor nur wenige Frauen, die in den kirchlichen Schaltstellen – Ordinariate und Generalvikariate – eine Führungsposition innehaben. Das hat auch Andrea Qualbrink bei ihren Forschungen bemerkt: „Tatsächlich scheint es so zu sein, dass Frauen oft sehr hohe Erwartungen an sich selber haben und sich eben zum Beispiel Führung nicht zutrauen, obwohl sie durchaus die Kompetenzen mitbringen.“

Oft sind es unbewusste Stereotype, die das Bild einer Führungskraft prägen – und diese Führungskraft ist männlich. Über Jahrtausende war man es nicht anders gewohnt. Hinterfragt hat es daher auch niemand. Aber jetzt brechen diese Stereotypen langsam auf. Leicht ist es für Frauen aber immer noch nicht, in leitende Positionen zu kommen. „Es gibt hemmende Faktoren auf der oganisationalen Ebene, auf der personalen, auf der gesellschaftlichen Ebene und das bezieht sich auf all diese Bereiche“, erklärt die Theologin. Aktuell, wo es vergleichsweise wenig Frauen in Führungspositionen gibt, fehle es der jungen Generation an entsprechenden Vorbildern, die ihnen zeigen könnten, dass auch sie sehr wohl Führungsqualitäten haben: „Zum Aufsteigen gehört auch eine geglückte Sichtbarkeit. Um als potentielle Führungskraft in den Blick zu kommen muss man sich um Sichtbarkeit kümmern. Und hier ist die Frage wie die Organisation das Selbstmarketing von Frauen oder auch ein offensives Auftreten fördert oder sanktioniert. Und da kann es schon Unterschiede geben zwischen Organisationen, die ganz klar auf Effizienz ausgerichtet sind oder eben eine Kirche, in der es mitunter noch ungewöhnlich ist, von Karriere zu sprechen.“

In der deutschen Kirche wird ein solches Auftreten der Frauen allerdings heute kaum mehr sanktioniert. Stattdessen gibt es in Bistümern wie Essen, Osnabrück und München-Freising Modelle der Gemeindeleitung und Koordination durch Laien – auch weibliche Laien. Gründe dafür sind sicher die sinkenden Priesterzahlen, aber auch der Druck, den Laienverbände auf die Kirche ausgeübt haben. Und die Kirche hat zugehört.

„Viele Einrichtungen in der Kirche in Deutschland haben aber angefangen, sich bewusst mit dem Thema zu beschäftigen. Und ich glaube, dass vielfach die Erkenntnis gewachsen ist, dass Geschlechterbewusstsein und die Förderung von Vielfalt kein nice-to-have ist, sondern ein must-have für eine zukunftsfähige Kirche. Das macht mich optimistisch, was diesen Weg zum Erreichen des Ziels angeht…“, resümiert die Theologin aus Münster.

„Ich glaube, dass vielfach die Erkenntnis gewachsen ist, dass Geschlechterbewusstsein und die Förderung von Vielfalt kein nice-to-have ist, sondern ein must-have für eine zukunftsfähige Kirche.“

Das braucht allerdings Zeit. Es gibt viele Vorurteile, die beseitigt werden müssen, und viele Frauen müssen als mutige Vorbilder vorneweg gehen. Aber es gebe eben auch Gemeinden und Bistümer, die die Chancen der Vielfalt erkannt haben. Denn je mehr Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen an der Kirche mitwirken, desto bunter und reicher wird sie, meint Andrea Qualbrink. Tatsächlich konnte sie feststellen, dass die Zahl der Frauen in leitenden Positionen in den letzten Jahren zugenommen hat: „Im Jahr 2013 gab es 28 Frauen in Ordinariaten und Generalvikariaten auf der oberen Leitungsebene. Im Februar 2016 waren es auf dieser oberen Leitungsebene, die Ebene direkt unter dem Generalvikar, 13 Frauen mehr. Da kann man schon sagen, da ist etwas passiert.“

Das klingt erst einmal wenig. Aber die Kirche ist auf dem Weg ist. Eine Bewegung, die nicht nur durch die Laien getragen wird, sondern auch von den Bischöfen. 2013 hat sich die deutsche Bischofskonferenz dazu verpflichtet, den Anteil der Frauen in Leitungspositionen deutlich zu erhöhen. Fünf Jahre später, also dieses Jahr, wollen sie überprüfen, ob dieses Vorhaben erfolgreich war. Denn auch, wenn mehr Frauen und mehr Laien in führenden Positionen der Kirche wünschenswert sind, so braucht es dazu doch neben Mut und Verständnis vor allem eines: Zeit.

„Organisationskulturen, gesellschaftliche Bilder und Symbole ändern sich nicht von heute auf morgen und auch nicht gleichzeitig und überall. Weder in der Gesellschaft noch in der Kirche. Aber im Blick auf die Kirche: Die Anwesenheit und Führungstätigkeit von Frauen hat bereits das Bild von Frauen und von Leitung verändert und vervielfältigt. Und das wirkt hinein in die Organisationskultur. In den 1990er Jahren waren Frauen in Leitungspositionen in Ordinariaten noch eine Ausnahme, inzwischen ist das nicht mehr so. Ziel muss es sein, dass es völlig normal ist, wenn Frauen, männliche Laien und Priester Führungspositionen innehaben und zusammenarbeiten. Ich bin davon überzeugt, dass die Anwesenheit und die Leitungstätigkeit von Frauen die Organisationskulturen verändern“.

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07. März 2018, 15:54