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Neugebaute Moschee im Irak Neugebaute Moschee im Irak  (AFP or licensors)

Irak: Erzbischof Bentz über christliche Gemeinschaft

Im Irak bilden die Christen eine kleine Minderheit. Unter dem Terror des IS hatten gerade sie bis 2017 besonders zu leiden. Papst Franziskus war 2021 in den Irak gereist, um den Menschen dort seine Solidarit?t auszudrücken. Um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen, hat Erzbischof Bentz letzte Woche das Land besucht. Er berichtet uns davon im Interview.

Maximilian Seidel - Vatikanstadt

 Erzbischof Udo Markus Bentz (Paderborn) ist als Vertreter und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, sowie als Vorsitzender der Deutschen Kommission Justitia et Pax, in den Irak gereist, um Christinnen und Christen dort Solidarität zu zeigen.

Hier der Podcast

 

Im Interview mit uns erzählt er von seiner Reise: ?Ich selbst bin das erste Mal im Irak, aber schon lange mit den Themen, unter anderem mit dem Wiederaufbauprogramm, befasst. 2018 startete dieser Wiederaufbau. Jetzt ist alles viel weiter. Davon mache ich mir ein Bild. Mir ist es wichtig, das Thema Irak in unserer Bischofskonferenz präsent zu halten.“

In dem muslimischen Land stehen sich Schiiten und Sunniten gegenüber und ringen um die politische Macht. Zwischen diesen Gräben lebt eine kleine christliche Minderheit. Als Nicht-Muslime hatten sie besonders unter dem Terror des IS zu leiden. 

Schlechte Zukunftsperspektive

Von dem jetzigen Frieden profitieren die Christinnen und Christen sehr. Sie würden besonders ihre wiedergewonnene Freiheit genießen, mein Bentz. ?Sie haben ein gewisses Maß an Sicherheit gewonnen. Aber zugleich habe ich auch erlebt, wie neue Ängste aufgrund der Entwicklung in Syrien am Horizont aufscheinen. Gerade oder trotz dieser gewissen Stabilisierung nehme ich wahr, dass junge Menschen nur schwer eine Zukunftsperspektive für sich in ihrer Heimat entwickeln können.“

Erzbischof Udo Markus Bentz (Paderborn)
Erzbischof Udo Markus Bentz (Paderborn)

 

Seit die Regierung 2017 die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als besiegt erklärt hat, herrscht Frieden in dem Land. Aber viele Jahre Krieg und Konflikt haben ihre Spuren hinterlassen: die Lage ist weiter unsicher. Wirtschaftlich basiert das Land hauptsächlich auf dem Ölexport und Landwirtschaft. Arbeit gibt es kaum.

Wegen der Gewalt des IS war Flucht oft das letzte Mittel. ?Zwar kehren die meisten Christen innerhalb des Landes in ihre angestammten Gebiete zurück, aber wer einmal Richtung Europa oder USA das Land verlassen hat, der kehrt anscheinend nicht mehr zurück.“, so der Erzbischof.

Gefühl der Ausgrenzung

0,5 Prozent der Bevölkerung im Irak sind Christen, 95 Prozent Muslime. Besonders junge Menschen fühlen sich deshalb unsicher, ja oft sogar ausgegrenzt. Reisen wie die des Erzbischofs sind deshalb umso wichtiger, berichtet er: ?So war ich zum Beispiel bei einem ökumenischen Treffen mit jungen Leuten. Für sie ist die Erfahrung von Gemeinschaft, von gegenseitiger Stärkung auch über die je eigene Kirche hinaus ganz, ganz wichtig. Das weitet die Perspektive und das stärkt das Selbstbewusstsein.“

Papstreise 2021

Papst Franziskus versteht die schwierige Lage der Christinnen und Christen im Irak. Um seine Solidarität zu zeigen, – trotz Coronapandemie und Sicherheitsbedenken. Der Erzbischof berichtet, dass man die Nachwirkungen der Reise noch immer positiv spürt: ?Tatsächlich hat es mich berührt, wie ich bei allen Gesprächspartnern wahrnehmen konnte, dass dieser Besuch nicht nur bei den Christen, sondern auch zum Beispiel bei den stark unter Druck stehenden, den wirklich leidenden Jesiden, aber auch in der muslimischen Gesellschaft wahrgenommen wird.“ Die Christinnen und Christen hätten durch den Besuch gespürt, dass sie nicht alleine seien und Rückhalt in ihrer Gemeinschaft hätten. Das sei für sie sehr wichtig, so Bentz.

Schafshirten im Irak (Archivbild)
Schafshirten im Irak (Archivbild)

 

Jesiden-Genozid durch den IS

Nachdem der verheerende Bürgerkrieg 2011 geendet war, wütete die Terrororganisation Islamische Staat im Irak. Sie beging einen Genozid an den Jesiden, einer kurdischsprachigen religiösen Minderheit. Tausende Frauen wurden vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen. Auch Christinnen und Christen litten unter der Gewalt. Erzbischof Bentz besuchte den besonders betroffenen Norden. Bei Gesprächen mit Geflüchteten aus einem Camp und Jesidenführern aus der Region spürte er das Leid, das sie erfahren hatten: ?Nicht nur der Genozid in der Vergangenheit, sondern auch die Gewalt, die vor allem Frauen und Mädchen während der IS-Herrschaft erleiden mussten, ist unglaublich schwer in Worte zu fassen. Entführung, das ungewisse Schicksal vieler bis heute, haben die Familien nachhaltig traumatisiert.“

Es sei deshalb richtig und wichtig, dass die Kirche sich für diese Menschen starkmache. Besonders begrüßte der Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz, dass der Heilige Stuhl und die Bundesregierung die Verbrechen des IS an den Jesiden als Genozid eingestuft hatten.

Flüchtlingscamp im Irak (Archivbild)
Flüchtlingscamp im Irak (Archivbild)

 

Blick auf Syrien

Seit dem Machtwechsel im Nachbarland Syrien herrscht für Christinnen und Christen Ungewissheit. Es ist nicht sicher, ob die angekündigte Religionsfreiheit auch wirklich umgesetzt wird. Ähnliches spürt Erzbischof Bentz im Irak: ?Man traut den Worten der neuen Führung nicht wirklich hier im Irak. Man hofft, dass die getätigten Zusagen von Religionsfreiheit und gleichen Rechten auch wirklich umgesetzt werden.“

Der Irak sei eher eine Mahnung für Syrien als ein Vorbild. Neuanfänge seien möglich, aber er bleibe skeptisch. Die Zeit werde zeigen, was kommt.

(vaticannews - ms)

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05. Februar 2025, 13:52