Sudan: Humanit?re Hilfe wird massiv behindert
Von Michael Hermann und Alexandra Sirgant, Vatikanstadt
Während des Bürgerkriegs wurden bereits mindestens 15.500 Menschen getötet. Millionen Menschen seien seit Ausbruch des Krieges im Sudan auf der Flucht, die humanitäre Lage sei verheerend und verschlechtere sich zusehends, berichten die Vereinten Nationen. So seien 25 Millionen Menschen von Hunger betroffen.
Es werde immer schwieriger, die notleidende Bevölkerung mit Hilfsgütern zu versorgen, kritisiert das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Unabhängige Beobachter sagen, dass der Hunger der Menschen inzwischen als Waffe eingesetzt werde, die Zivilbevölkerung werde regelrecht ausgehungert.
Hunger als Waffe
Pierre Dorbes, der Leiter der Delegation des Roten Kreuzes in Port Sudan, berichtet gegenüber Radio Vatikan: ?Wir müssen Frontlinien überqueren, um in die vom Krieg betroffenen Regionen zu kommen. Es ist sehr kompliziert geworden, hierfür die Erlaubnis der Konfliktparteien zu bekommen. Wir brauchen diese, auch zu unserer eigenen Sicherheit.“
Besonders angespannt sei die Lage in al-Faschir, der Hauptstadt des sudanesischen Bundesstaats Schamal Darfur. ?Al-Fashir ist derzeit vollständig belagert. Es kommt dort nichts hinein. In anderen Gebieten im Zentrum des Landes funktioniert die Telekommunikation nicht, so dass es für uns derzeit unmöglich ist, Hilfe dorthin zu bringen. Wir wissen auch nicht, was dort wirklich vor sich geht. Die humanitäre Situation ist furchtbar", so Pierre Dorbes. Er habe in seiner mehr als 30jährigen Tätigkeit noch nie eine humanitäre Krise von solchem Ausmaß erlebt. Es sei ein Skandal, dass sich die Weltöffentlichkeit kaum mit der katastrophalen Lage im Sudan beschäftige.
?Die internationale Gemeinschaft muss Druck auf die Konfliktparteien ausüben, um die Verfahren zu vereinfachen, damit wir Visa bekommen und Hilfe ins Land bringen können", sagt Dorbes, der seit Oktober 2023 die Delegation des Internationalen Roten Kreuzes leitet. Auch, so fordert Dorbes, müssten internationale Hilfsgelder dringend freigegeben werden, wenn man den Hungertod vieler Tausend Menschen verhindern wolle.
?Die Gesundheitseinrichtungen sind überlastet und viele aufgrund von Angriffen und mangelnder Ressourcen nicht funktionsfähig. Wir riskieren, dass Kinder an Unterernährung sterben, weil es an der notwendigen Gesundheitsversorgung fehlt", so Abdirahman Ali, der Vertreter der christlichen Hilfsorganisation CARE im Sudan.
Warnung vor drohenden ethnischen Säuberungen
In einem im Mai veröffentlichten Bericht von Human Rights Watch warnte die NGO vor möglichen ethnischen Säuberungen gegen die Massalits, eine muslimische Volksgruppe im Sudan. Auch andere arabische Volksgruppen seien, so Human Rights Watch, in Gefahr, von paramilitärischen Gruppen systematisch ermordet zu werden.
Verhandlungen über ein Ende des Bürgerkriegs sind unterdessen ins Stocken geraten. Vertreter der sudanesischen Streitkräfte erklärten, dass derzeit keine Gespräche mit den paramilitärischen Gruppen um General Mohammed Hamdan Daglo geführt würden. Die katholische Friedensbewegung Comunità di Sant’Egidio appelliert an diesem Freitag in Rom an die italienische Regierung, sich für eine Wiederaufnahme von Verhandlungen im Sudan einzusetzen. Italien hat derzeit den Vorsitz der G7, also von sieben wirtschaftlich besonders erfolgreichen Staaten, inne. ?Der Sudan befindet sich in der größten Krise seiner Geschichte", so Marco Impagliazzo, der Präsident der Comunità di Sant’Egidio.
(rv – mch)
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