Indien: Liturgiestreit geht in die n?chste Runde
Der Vatikan möge ihre Erzdiözese als unabhängige Kirche anerkennt, nachdem die Synode ihrer Kirche einen fünf Jahrzehnte alten Liturgiestreit nicht lösen konnte. Nach Angaben der Nachrichtenagentur UCA News am Montag baten die Priester den Apostolischen Administrator der vakanten Erzdiözese, Bischof Bosco Puthur, dem Vatikan ihren Wunsch zur Abtrennung mitzuteilen.
Puthur hatte zuvor deutlich gemacht, dass die Synode nicht von der von ihr beschlossenen einheitlichen Form der Liturgie abrücken würde, und stellte disziplinarische Schritte gegen jene Priester in Aussicht, die sich weigern, die Messe in dieser Form zu feiern. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist die Zelebrationsrichtung. Die einheitliche Form sieht vor, dass der Priester sich zur Wandlung ad orientem ausrichtet, also mit dem Rücken zum Volk. Die Gegner der Liturgiereform wollen eine durchgehende Feier versus populum, also dem Volk zugewandt. Laut den protestierenden Priestern würde die Gläubigen eine Veränderung der seit 50 Jahren etablierten Liturgie in ihren Gemeinden nicht akzeptieren.
Der Liturgiestreit spaltet die syro-malabarische Kirche seit Jahrzehnten und ist seit dem Synodenbeschluss 2021 noch weiter eskaliert. Im Dezember hatte Papst Franziskus den Rücktritt von Großerzbischof George Alencherry und des Apostolischen Administrators des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly angenommen. Zugleich veröffentlichte er eine Videobotschaft an die Gläubigen und forderte sie dringend auf, in Gemeinschaft mit der Kirche zu bleiben und die einheitliche Liturgie anzunehmen.
Im Januar wählte die Synode der syro-malabarischen Kirche Raphael Thattil zum neuen Großerzbischof. Die Wahl war mit der Hoffnung auf eine Befriedung des Konflikts verbunden. Auf einen Appell der Synode zur Einheit reagierten die Gegner der einheitlichen Liturgie aber ablehnend. Die Erzdiözese wird weiterhin von einem Apostolischen Administrator geleitet.
Die Thomaschristen
Die syro-malabarische Kirche im Südwesten Indiens ist die größte der heutigen Kirchen und Gemeinschaften der Thomaschristen, die im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas auf seinen Missionsreisen gegründet worden sein soll. Durch Verbindungen zur Assyrischen Kirche des Ostens feiert sie ihre Liturgie im ostsyrischen Ritus. Im Zuge der portugiesischen Kolonialisierung wurden die Thomaschristen zur Übernahme westlicher Formen und Hierarchien gezwungen und zerbrachen in mehrere Kirchen. Bereits jetzt gibt es zwei katholische Kirchen der Thomaschristen: Neben den Syro-Malabaren besteht die kleinere syro-malankarische Kirche, die ihre Liturgie im westsyrischen Ritus feiert.
(kap – gs)
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