Schewtschuk: Kriegsverbrechen in der Ukraine klar benennen
Deborah Castellano Lubov und Mario Galgano – Vatikanstadt
Am 24. Februar jährt sich der Kriegsausbruch in der Ukraine zum zweiten Mal, nachdem Russland 2022 mit einem großen militärischen Aufgebot in das Nachbarland einmarschiert ist. Die Zahl der Todesopfer steigt weiter, ebenso wie das Ausmaß der Zerstörung in dem Krieg, dessen Beginn eigentlich schon zehn Jahre zurückliegt, seit Russland 2014 die Krim annektiert hat.
Die Appelle von Papst Franziskus für das bedrängte Land sind zu zahlreich, um sie alle aufzuzählen, spricht er den Krieg doch praktisch bei jedem öffentlichen Auftritt an. So auch bei der Generalaudienz am Mittwoch, wo er erneut ein Ende des Leidens forderte.
?Kirche in Not“ blickt in die Ukraine
Auf einer Online-Pressekonferenz, die von der Päpstlichen Stiftung ?Kirche in Not“ organisiert wurde, beklagte Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, die Tragödie, die sein Volk und sein Land weiterhin heimsucht. Die Stiftung, die ihre Fastenkampagne 2024 der Ukraine gewidmet hat, lud zu dieser Veranstaltung ein, um mehr über die Situation der Christen in diesem Land zu erfahren.
Leid und Tod gehen weiter
In den knapp zwei Jahren seit der russischen Invasion ist die Zahl der militärischen Opfer nach inoffiziellen Schätzungen der Agenturen auf eine halbe Million gestiegen. Fast 22.000 zivile Opfer seien durch Kämpfe und Luftangriffe zu beklagen, und etwa 17,6 Millionen Ukrainer seien dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen, hieß es bei der Online-PK von ?Kirche in Not“.
Und noch weitere Zahlen wurden bei der Konferenz genannt: Etwa 6,2 Millionen Menschen seien aus der Ukraine geflohen, und mehr als 5 Millionen Menschen seien Binnenvertriebene, da die Bombardierungen jeden Tag andauern.
Verurteilung von Kriegsverbrechen
Während der Online-Konferenz sagte Schewtschuk: ?Es ist sehr wichtig, Kriegsverbrechen zu verurteilen, wie wir es beispielsweise beim Massaker in Butscha getan haben. Kriegsverbrechen können sich in der ganzen Welt wiederholen, wenn sie unbemerkt bleiben.“
Diese Verurteilung, so betonte der Großerzbischof, bedeute ein klares Nein zum Krieg, fuhr er fort:
?Menschen in der Ukraine werden getötet, weil sie Ukrainer sind. Es sind vor allem Kinder und Familien, die sterben. Denken wir an die mehr als 500 Kinder, die seit Beginn des Krieges gestorben sind, und die mehr als 1.200, die verletzt wurden. Und vergessen wir nicht die Tatsache, dass zahlreiche ukrainische Kinder nach Russland deportiert und viele Familien getrennt wurden.“
Er sprach auch darüber, dass in den am stärksten verwüsteten Gebieten des Landes die Anwesenheit seiner Kirche untersagt ist. In der Ostukraine gibt es derzeit keine Priester und die Menschen können nicht in die Kirchen gehen, deren Türen verschlossen sind.
Doch trotz des unermesslichen Leids stellte Schewtschuk auch fest, dass die Gläubigen ?als Kirche unserem Volk Hoffnung geben“, und er drückte seine Dankbarkeit dafür aus, dass dank der weltweiten Solidarität ?niemand in der Ukraine aus humanitären Gründen“, wie Hunger oder Durst, gestorben sei.
Zu traumatisiert zum Sprechen
Auf der Veranstaltung sprach auch der Apostolische Nuntius in der Ukraine, Erzbischof Visvaldas Kulbokas, der darauf hinwies, dass diejenigen, die die Ukraine besucht hätten, ?nicht in der Lage sind zu sprechen“, weil ?sie von dem, was sie gesehen haben, so traumatisiert sind“.
Erzbischof Kulbokas warnte auch vor der Bildungskrise im Land und wies darauf hin, dass es bereits seit vier Jahren ?in einem großen Teil des Landes zwischen der Pandemie und der Invasion keine Schulen mehr gibt“.
Darüber hinaus hob er die großartige Arbeit der humanitären Organisationen hervor, insbesondere von ?Kirche in Not“, beklagte aber, dass kleinere Wohltätigkeitsorganisationen ?aufgeben mussten“, weil ihnen oft die Mittel ausgingen und sie Probleme hatten, Grenzen zu überqueren oder Hilfsgüter zu liefern.
Der Nuntius erinnerte in besonderer Weise an die ukrainischen griechisch-katholischen Priester, die seit dem Krieg, der vor zehn Jahren begann, in Gefangenschaft gehalten werden, und sagte: ?Wir sind bei ihnen und beginnen unseren Tag mit dem Gebet für sie.“
Angriffe auf Kinder und Familien
Nach Angaben der UN-Menschenrechtsbeobachtungsmission in der Ukraine (HRMMU), die die Menschenrechtslage im Land überwacht und öffentlich darüber berichtet, wurden im Januar 2024 mindestens 641 Zivilisten in der Ukraine getötet oder verletzt, womit sich der seit Dezember 2023 zu beobachtende steigende Trend ziviler Opfer fortsetzt.
Aus den UN-Statistiken geht auch hervor, dass die Zahl der zivilen Opfer im Januar um 37 Prozent höher war als im November 2023, was vor allem auf die verstärkten Angriffe der russischen Streitkräfte im ganzen Land mit Raketen und Streumunition zurückzuführen ist. Da diese Angriffe Gebiete weitab der Frontlinie betrafen, stieg die Zahl der getöteten und verletzten Kinder. Auch Familien machen einen größeren Teil der Opfer fern der Front aus, da viele Familien mit ihren Kindern aus den Frontgebieten evakuiert wurden.
Die UN-Mission stellte fest, dass im Januar 40 Kinder getötet oder verletzt wurden, im November waren es noch 18.
Die Unterstützung der Kirche in Not für die Ukraine
Zwei Jahre nach dem großangelegten russischen Einmarsch am 24. Februar hat ?Kirche in Not“ 630 Projekte, darunter 117 Messstipendienprojekte, in Höhe von über 16,5 Millionen Euro zur Unterstützung der katholischen Kirche beider Riten in der gesamten Ukraine genehmigt.
Dank der Großzügigkeit, der Gebete und der Opfer der Wohltäter von ?Kirche in Not“ war die Ukraine in den Jahren 2022 und 2023 das Land, das von dem katholischen Hilfswerk weltweit am meisten unterstützt wurde. Mehr als 2.200 Vertriebene haben dank der Wohltäter der Hilfsorganisation von direkter humanitärer Hilfe profitiert.
(vatican news)
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