Ordensfrau aus Syrien: Sanktionen treffen besonders die Armen
?Man darf nicht vergessen, dass in Syrien seit mehr als elf Jahren Krieg herrscht. Und ich sage: Krieg herrscht, denn der Krieg in Syrien ist in Wirklichkeit noch nicht vorbei: Es gibt so viel Zerstörung. Und dann kommen noch das schwere Erdbeben und in einigen Gebieten Cholera-Epidemien dazu. Die Weltlage hilft nicht. In den vergangenen Jahren haben die Gemeinden überlebt, auch weil es großzügige Hilfe aus dem Ausland gab, von Kirchen, Hilfsorganisationen, Einzelpersonen. Aber die prekäre Weltlage hat die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft geschwächt. Über Syrien wird nicht mehr gesprochen. Es war nochmal Thema beim Erdbeben - aber auch nur teilweise", sagt die Ordensfrau, die gerade in Italien ist, in Erinnerung an das verheerende Erdbeben, das Syrien und die Türkei im Februar 2023 traf. Seitdem sei das Land jedoch nicht mehr im Fokus der Weltöffentlichkeit, und die Lage habe sich drastisch verschlechtert:
?Es entsteht eine Art Vergesslichkeit, was nachvollziehbar ist aufgrund der ganzen Spannungen. Aber die Gesamtlage und Kettenreaktionen schwächen Syrien immer mehr. "
Und so nimmt die Mobilisierung der Bevölkerung gegen die Regierung im Süden Syriens zu, um gegen die sich verschlechternden sozioökonomischen Bedingungen in dem Land zu protestieren, das von der schlimmsten Finanzkrise seiner Geschichte heimgesucht wird. Neun von zehn Syrern leben inzwischen in Armut. Auslöser sind die Folgen des langen bewaffneten Konflikts und die bereits erwähnten weiteren Krisen; auch der Bankenkollaps im benachbarten Libanon kommt noch hinzu. Die westlichen Sanktionen verschärften die Lage zusätzlich, meint Schwester Marta:
?Ich glaube nicht, dass das Embargo von der syrischen Regierung abhängt. Wir alle - Einrichtungen, die Kirche, Bischöfe, Einzelpersonen - leiden unter den Sanktionen und haben auf alle möglichen Arten und Weisen versucht, eine Aufhebung zu erwirken. Das kann nicht von der syrischen Regierung abhängen. Die Idee dahinter ist, die syrische Regierung durch die Sanktionen zu treffen. Aber Sanktionen treffen immer nur das Volk. Die Beziehung zur Regierung muss auf andere Weise gelebt werden, die Sanktionen müssen die Ärmsten ausbaden."
Gute Beziehung zwischen Christen und Muslimen
Christen sind eine kleine Minderheit in Syrien, die Trappisten in Homs bilden eine kleine Enklave unter einer Mehrheit von Muslimen. Die Schwierigkeiten im Land haben viele Christen auswandern lassen. Die kleine katholische Gemeinde in Homs ist dennoch lebendig und kommt mit allen gut klar, berichtet Schwester Marta:
?Die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen sind gut, sie waren schon immer gut. Wir sind seit 2005 in Homs, und seitdem haben wir immer einen guten gegenseitigen täglichen Dialog und gutes Zusammenleben mit der muslimischen Bevölkerung geführt, auch in großem Respekt. Wir sagen oft, dass wir in Syrien keine großen theologischen Debatten führen, wir leben zusammen. Es stimmt, dass der Krieg die Menschen verwundet und Gewalt gefördert hat, aber es gab hier in Syrien keinen Fundamentalismus: Es gibt Kinder, die mit dem Krieg geboren und aufgewachsen sind, die Gräueltaten erlebt haben. Aber wir leben zusammen und haben zum Beispiel christliche und muslimische Arbeiter, die bei uns arbeiten".
Es brauche dafür natürlich viel Aufmerksamkeit und gegenseitigen Respekt. Fundamentalismus in Syrien gebe es aber an sich nicht, er werde von außen ins Land gebracht, ist die Ordensfrau überzeugt:
?Wenn es internationale Spannungen gibt, dann kann auch der Fundamentalismus erstarken. Für uns ist aber klar, dass es kein internes syrisches Phänomen ist. Ich will keine komplexe geo-politische Analyse ziehen, dazu habe ich nicht die Kompetenz. Ich bekomme aber mit, was um uns herum passiert und was die Leute sagen. Das Land ist seit elf, zwölf Jahren in dieser schwierigen Lage. Das Volk in Syrien wünscht sich einen Wandel; viele wollen gern hier bleiben und haben auch versucht, sich ihre Unabhängigkeit zu bewahren und sich selbst zu organisieren - im Guten, wie im Schlechten."
(vatican news - sst)
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