Ruandischer Kardinal fordert regul?re Migrationswege - Verst?ndnis für Rückführungen
Ruanda habe auch aufgrund seiner eigenen Geschichte große Offenheit für die Anliegen von Asylsuchenden, betont der Erzbischof von Kimbali. Viele führende Persönlichkeiten Ruandas seien selbst Flüchtlinge gewesen, so der Kardinal, dessen eigene Familie im Zug des Bürgerkriegs in Ruanda 1994 fast vollständig ausgelöscht wurde. Großbritannien hat Ende des vergangenen Jahres einen Plan vorgestellt, nach dem illegale Einwanderer in ein Drittland wie Ruanda ausgeflogen werden könnten, um dort den Asylprozess zu durchlaufen und eventuell in Drittländer vermittelt zu werden. Im Dezember hatte der Oberste Gerichtshof die Pläne für rechtmößig erklärt. Derzeit sind derzeit einige Gerichtsverfahren dazu anhängig.
Afrikanische Union will nicht tatenlos zusehen
?Alles hat angefangen, als in Libyen die Fälle von Migranten aufgekommen sind, die durch kriminelle Gruppen als Geiseln genommen wurden, so dass sie gezwungen waren, ihre Familien um Geld zu bitten, damit sie befreit würden“, berichtet der Kardinal. Um nach Europa zu gelangen, begäben sich die verzweifelten Migranten in die Hände wahrer ?Mafiaclans“, die sie brutal ausbeuteten.
Bei einer Versammlung der Staatschefs der Afrikanischen Union hätten diese sich darauf geeinigt, dass man den afrikanischen Bürgern in dieser Situation helfen und etwas gegen dieses Phänomen unternehmen müsste. Ruanda sei eines der Länder, das sich bereiterklärt habe, Betroffene in Zusammenarbeit mit dem UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge aufzunehmen.
?Oft sind es ehrliche junge Menschen, die eine Berufsausbildung haben“, unterstreicht der Erzbischof von Kimbali. In Ruanda angekommen, würden sie an Länder weitervermittelt, die Arbeitskräfte suchten, wie Kanada, Norwegen, Schweden, Dänemark und andere. Dort erhielten sie auch einen Arbeitsvertrag. ?Etwa Dreiviertel der Migranten, die aus Libyen gekommen sind, sind in Richtung ihrer neuen Aufnahmeländer abgereist“, meint Kardinal Kambanda. Ein ähnliches Prozedere schwebe wohl auch den Briten vor. ?Das Wichtigste ist, die kriminellen Vereinigungen zu bekämpfen, die die illegalen Migrationen kontrollieren, indem man reguläre Kanäle für diejenigen schafft, die sich ein Leben im Ausland aufbauen wollen.“
Seine eigene Familie ist dem Genozid in Ruanda 1994 praktisch vollständig zum Opfer gefallen, nur ein Bruder überlebte, der heute in Italien wohnt. Franziskus hatte den 1958 geborenen Geistlichen am 7. Mai 2013 zum Bischof von Kibungo ernannt, am 19. November 2018 wurde er dann Erzbischof von Kigali, seiner Heimatdiözese. Im Konsistorium vom 28. November 2020 kreierte der Papst ihn zum Kardinal.
Besonders wichtig sei ihm das gegenseitige Zuhören, das auch der erste Schritt zum Mitgefühl und zur Versöhnung sei, betont der Kardinal, der trotz der Möglichkeiten heutiger Kommunikationsmittel eine Verarmung der Kommunikation wahrnimmt: ?Und das ist ein Drama, denn die Konflikte entstehen daraus, dass man den anderen nicht anhören will.“ Denn wenn man den anderen wahrnehme, dann lasse einen dessen Situation nicht mehr los, man fühle, dass man etwas tun müsse, um ihm zu helfen: ?Deshalb vermeidet man, zuzuhören, um keine Probleme zu haben.“ Zuhören sei auch grundlegend für Versöhnung, denn Konflikte würden oft durch die Angst vor dem anderen geschürt. ?Aber wenn man einander zuhört, dann bemerkt man, dass der andere keine Bedrohung darstellt und dass man hingegen Dinge zusammen macht.“
Zuören und Dialog schaffen Raum für Versöhnung
Der Kardinal spricht auch von seiner eigenen Geschichte, ist seine Familie doch selbst Opfer der ethnischen Gewalt geworden, die in Ruanda 1994 wütete. Die Tatsache, dass die Todesstrafe für geständige Täter abgeschafft wurde, habe dabei geholfen, den Weg der Reue und Versöhnung einzuschlagen, zeigt er sich überzeugt.
Zahlreiche neue religiöse Strömungen
Thema des Gesprächs ist auch die Verbreitung neuer religiöser Strömungen im Land. Zwar hänge die Mehrheit nach wie vor der katholischen Religion an, doch es gebe mittlerweile auch weit über 1000 neue Konfessionen. Lange nicht alle darunter seien durch den Staat anerkannt und gerieten zuweilen auch in Konflikt mit den Autoritäten, berichtet Kardinal Kambanda insbesondere mit Blick auf Sektenführer und Wunderheiler, die oftmals großen Schaden anrichten. So würden unter anderem Kranke dazu gebracht, ihre Medizin nicht einzunehmen, während an anderer Stelle Gemeinderäume ohne die nötigen Genehmigungen – und damit Sicherheitsvorkehrungen – gebaut würden. Beim Einsturz solcher Bauten habe es auch schon Opfer gegeben, wirft der Kardinal ein Schlaglicht auf die Situation.
Hohe Nachfrage nach katholischen Kongregationen
Erfreulich sei jedenfalls die hohe Nachfrage, derer sich die katholischen Kongregationen erfreuten. Längst nicht alle Interessierten könnten aufgenommen werden, so dass sich auch eigene neue Kongregationen bildeten – die ihrerseits aber ausgebildet und betreut werden müssten. Teils müssten neue Kongregationen über Jahrzehnte auf ihre Genehmigung durch Rom warten, meint Kambanda.
Marienerscheinungen tragen Früchte
Mit Blick auf die einzigen anerkannten Marienerscheinungen Afrikas, die am 28. November 1981 (das Fest der Madonna von Kibeho, Anm.) in Kibeho begannen, meint der Kardinal, dass diese noch heute reiche Früchte trügen und Pilger nicht nur aus Ruanda, sondern aus den naheliegenden Ländern anzögen. Die Jungfrau habe den Mädchen, denen sie erschienen war, nicht nur den Genozid 13 Jahre später vorausgesagt, sondern auch zu Umkehr und dem Gebet des Rosenkranzes aufgerufen. Sie habe einem der Mädchen auch den damals in Afrika unbekannten ?Rosenkranz der sieben Schmerzen Mariens“ beigebracht. ?Die Madonna hat gesagt, dass das Gebet des Rosenkranzes sie tief berührt und dass sie sich um das Schicksal ihrer Kinder sorgt. Die spirituellen Früchte in diesen Jahren sind zahlreich: große Verehrung, Umkehr und Zeugnisse von Wandel.“
(fides - cs)
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