Europa-Synodentreffen in Prag: Zwischenbilanz mit Textentwurf
Der Entwurf selbst wurde nicht schriftlich verbreitet. Er trägt ein breites Spektrum an Wortmeldungen aus mehr als 40 Ländern zusammen und belässt sie in ihrem Spannungsreichtum. Enthalten sind etwa Standpunkte für und gegen strittige Themen wie der Weihe von Frauen oder der Inklusion von Varianten von Liebe und Sexualität, die der kirchlichen Morallehre nicht entsprechen. Offen benennt der Entwurf Differenzen zwischen ?konservativen" und ?progressiven" Strömungen und die Verletzungen als Folge des Missbrauchsskandals.
Konkrete Vorschläge zur Überwindung dieser Gegensätze macht der Textentwurf nicht. Er stellt aber weitgehenden Konsens darüber fest, dass die synodale Form des Beratens und Entscheidens in der Kirche weiterentwickelt werden sollte.
Mit einer Zunge sprechen
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Georg Bätzing schlug in einer Stellungnahme im Plenum nach der Verlesung ?eine breite Veröffentlichung all der vielen eingebrachten Voten“ vor. ?Wir erwarten die Herausgabe einer Version 2.0, ich schlage vor, dass in einem sehr kurzen Zeitfenster, wenn nämlich hier die Bischöfe tagen, auch die anderen synodalen Mitglieder die Möglichkeit haben, noch Vorschläge ans Redaktionskomitee bis Samstag zu schicken.“ Außerdem sprach sich Bätzing dafür aus, dass es kein eigenes Prag-Papier der europäischen Bischöfe geben solle. ?Ich darf sagen, dass die große Erwartung besteht, dass die katholische Kirche in Europa nicht mit zwei Zungen spricht, sondern dass die Bischöfe sich auf das beziehen und das unterstreichen, was hier in der Synode gesagt worden ist.“
Die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak würdigte den Entwurf als ?gut katholisches Papier“. Sie regte an, ?die Spannungen, die im Raum sind, konkreter zu benennen, damit sie auch bearbeitbar werden im weiteren Prozess, den auch ich für notwendig weiterzuführen erachte.“ Alle seien für die ?Inklusion“ der jeweils anderen mit ihren Standpunkten, ?aber die Hauptdifferenz ist ja: Soll das eine Auswirkung auf das Lehramt haben und auf das Kirchenrecht, oder soll es das nicht haben? Je konkreter das benannt wird, umso besser wird es bearbeitbar.“
Frauen und Jugendliche?
Der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Felix Gmür, empfahl, die Zukunft der Kirche besser im Blick zu behalten. ?Wir haben oft über die Rolle der Frauen und der jungen Menschen gesprochen, wie können wir sie einbinden in die Synoden 2023 und 2024? Das ist eine offene Frage, und die muss man beantworten.“
Warnung vor Selbstbezogenheit der Kirche
Zu kurz greift der Entwurf des Europa-Synodenpapiers aus Sicht von Erzbischof Diarmuid Martin von Dublin dort, wo es um den gesellschaftlichen und ökologischen Einsatz der katholischen Kirche geht. ?Wir schämen uns etwas: die Stimme der Armen, der Schrei der Erde und der Schrei nach Frieden waren nicht genug berücksichtigt“, so der Primas von Irland, der vor Selbstbezogenheit in der Kirche warnte.
Der Vorsitzende des Rates der europäischen Bischofskonferenzen und Erzbischof von Vilnius, Gintaras Grusas, erklärte, das vorläufige Papier habe trotz mancher Defizite seine persönlichen Erwartungen bei weitem übertroffen. Man habe ?die Früchte des gegenseitigen Zuhörens im Heiligen Geist erlebt“ und sich als Familie aus Laien und Geweihten erfahren. ?Und wir haben eine kleine Erfahrung damit gemacht, was das auf europäischer Ebene bedeutet. Wie in jeder Familie kann es auch bei uns Unterschiede geben, und wir sind alle verschieden. Im Großen und Ganzen ist es uns gelungen, den Respekt voreinander und die Würde, die wir im anderen sehen, zu bewahren, trotz unserer Unterschiede und Spannungen. Und dafür können wir Gott danken.“
An der ersten Phase der Europa-Versammlung der Weltsynode in Prag nahmen 200 Personen vor Ort und 390 online teil. Bis Sonntag tagen nun die 39 Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen in Europa.
(vatican news/kap – gs)
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