Frankreich: Landesweites kirchliches Strafgericht gegründet
Ausnahme: Sexualverbrechen an Minderjährigen. Für die ist weiterhin das Dikasterium für Glaubenslehre im Vatikan zuständig. Auch kirchenrechtliche Beschwerden gegen Bischöfe hat sich der Vatikan vorbehalten. Allerdings kann der Vatikan Strafsachen an das französische Gericht zurückverweisen. Berufungsinstanz ist das vatikanische Appellationsgericht, die Römische Rota.
Die Errichtung eines für ganz Frankreich zuständigen kanonischen Strafgerichts hatte die Sauvé-Kommission empfohlen, also das unabhängige Gremium, das im Oktober letzten Jahres einen Bericht zu Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche in Frankreich veröffentlicht hat, versehen mit einer Reihe konkreter Handlungsempfehlungen.
Sauvé-Kommission hatte Gründung des Gerichts empfohlen
?Ich kann Ihnen sagen, dass das Gericht zuständig sein wird für Eigentumsdelikte, Missbrauch von Autorität, auch für sexuellen Missbrauch – aber a priori nur bei Erwachsenen.“ Das erklärt uns der Bischof von Langres (Haute-Marne), Joseph de Metz-Noblat, der innerhalb der Bischofskonferenz für rechtliche Fragen zuständig ist.
?Das Dikasterium für die Glaubenslehre hat sich die Zuständigkeit für Fälle des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen vorbehalten. Aber ansonsten wird die Tatsache, dass alles in einem einzigen Gericht mit kompetenten Personen, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben, vereint ist, zunächst einmal eine Harmonie in den ergehenden Entscheidungen ermöglichen. Der Knackpunkt ist, dass die Kompetenzen jetzt innerhalb eines Organs gebündelt werden.“
Fünf der dreizehn Richter sind Laien
TPCN: Das ist die Abkürzung des neuen ?Tribunal pénal canonique national“. Es übernimmt die Kompetenzen der kirchlichen Gerichte, die es bisher in den einzelnen Bistümern sowie in den 15 nationalen Kirchenprovinzen gegeben hat. Der Sitz des TPCN wurde an diesem Montag in den Räumen der Bischofskonferenz in der Pariser Avenue de Breteuil eingerichtet. Die dreizehn Richter – acht Priester und fünf Laien, davon vier Frauen – haben am Montag ihren Eid abgelegt.
Bischof de Metz-Noblat verspricht sich vom neuen Strafgerichtshof vor allem eine Beschleunigung der Justiz innerhalb der Kirche von Frankreich. ?Ganz genau! Wir haben im Tribunal auf Strafrecht spezialisierte Personen – und Übung macht den Meister. Sie werden mit der Zeit die richtige Linie finden bei der Behandlung der Fälle, der Anhörung der Personen und bei den Lösungen für die verschiedenen begangenen Straftaten.“
Im März letzten Jahres hatte die französische Bischofskonferenz beschlossen, ein solches nationales Strafgericht zu errichten. Sie folgte damit der Empfehlung Nr. 40 des Berichts der Sauvé-Kommission. Diesem Gremium war es vor allem um die ?Einbeziehung nicht nur von fachkundigen Priestern, sondern auch von speziell ausgebildeten Laienrichtern“ zu tun.
?Es ist ein wichtiger Punkt, dass Laienrichter an diesem Gericht beteiligt sind – auch um über Fälle zu urteilen, die Kleriker betreffen. Bisher wurden die Dinge normalerweise unter Klerikern geregelt. Das ist also eine Öffnung, die es ermöglicht, den Vorwurf der Mauschelei zu überwinden. Und es scheint mir, dass dies auch eine gute Gelegenheit für das Volk Gottes ist, sich stärker an der Rechtsprechung zu beteiligen.“
Nur in den Niederlanden eine vergleichbare Struktur
Einen vergleichbaren kirchlichen Strafgerichtshof gibt es anderswo in der Weltkirche nicht; lediglich in den Niederlanden existiert eine vergleichbare Struktur, die aber nur sieben Diözesen umfasst. Der Vatikan hat der Einrichtung des französischen TPCN zugestimmt.
In Deutschland bemüht sich das Reformprojekt ?Synodaler Weg“ um stärkere Gewaltenteilung innerhalb der Kirche; es setzt sich für die Einführung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit ein, ein entsprechender Entwurf liegt im Vatikan. Nach KNA-Angaben sieht er für die 27 deutschen Bistümer vier kirchliche Verwaltungsgerichte vor, und als erste Berufungsinstanz einen Gerichtshof in Bonn.
(vatican news – sk)
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