?Iraner wollen keinen Islam, der sich einmischt“
?Viele Iranerinnen und Iraner wollen keinen Islam mehr, der von Konformität und Regeln besessen ist. Hier hat das System genau das Gegenteil von dem erreicht, was es wollte.“ Das sagte Mohagheghi der Katholischen Nachrichten-Agentur am Mittwoch mit Blick auf die anhaltenden Proteste im Iran.
Dort wendeten sich die Menschen von einem staatlich verordneten Glauben ab, ?der sich ständig in einzelne Bereiche des Lebens einmischt, die nichts mit dem Glauben zu tun haben“. Stattdessen fänden sie neue Wege der Spiritualität. Der spirituelle Islam sei in der Bevölkerung tief verankert, auch in der oppositionellen Jugend, so die Deutsch-Iranerin, die an der Universität Paderborn lehrt.
Anders als 2009 oder 2019 hätten sich die Proteste diesmal ?ganz konkret am Kopftuchzwang“ entzündet, betonte die Theologin. Im Koran sei die weibliche Bedeckung lediglich eine Empfehlung, keine Pflicht. Noch nie hätten so viele Menschen ihre Wut auf das System im ganzen Land auf die Straße getragen. ?Besonders Frauen fordern ihre Rechte jetzt mutiger denn je, viele gebildete Iranerinnen und Iraner demonstrieren, aber der Protest kommt auch aus der Breite der Bevölkerung, auch aus den unteren Schichten.“
Allerdings habe die Regierung in Teheran weiter auch Rückhalt in der Bevölkerung; nicht nur unter in der Revolutionsgarde, die auch die Wirtschaft kontrolliert, oder den ?skrupellosen“ Basidsch-Milizen. Millionen Menschen, die unter Armut leiden, gäben sich mit kleinen staatlichen Hilfen zufrieden und ließen ihre Stimme kaufen. ?Ihre Armut halten sie für eine Eintrittskarte ins Paradies und hoffen auf die Rückkehr des verborgenen 12. Imams“, so Mohagheghi. Das System manipuliere diese Menschen mit simplen Heilsversprechen und antiwestlicher Propaganda.
Hintergrund
Auslöser der landesweiten Proteste im Iran war der Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini Mitte September. Sie wurde von der iranischen Sittenpolizei verhaftet, weil sie ihr Kopftuch nicht regelkonform trug, und starb kurz darauf im Gefängnis. Die Polizei sprach von einem Herzinfarkt; in den Sozialen Netzwerken wurde hingegen über Schläge bei Aminis Festnahme berichtet. Daraufhin brachen im ganzen Land Proteste los.
(kna – sk)
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