Zentralafrika: Friedensarbeit im Chaos-Land
In einer Hinsicht allerdings ist Zentralafrika vorbildlich: in der Zusammenarbeit seiner religiösen Gruppen für den Frieden und die Verständigung. Achtzig Prozent der Zentralafrikaner sind Christen unterschiedlicher Couleur, jeweils ungefähr zehn Prozent sind Muslime bzw. Angehörige von traditionellen Religionen.
?Wir haben eine Zusammenarbeit auf institutioneller Ebene über eine interreligiöse Plattform, aber auch eine nicht-institutionelle, direkte Zusammenarbeit.“ Das sagt uns Pater Mathieu Fabrice Evrard Bondobo, der Rektor der Kathedrale Notre-Dame de l'Immaculée Conception und Generalvikar der Erzdiözese Bangui, in einem Interview.
?Für uns Priester ist es nicht kompliziert, mit einem baptistischen Pastor, einem Protestanten oder einem Muslim zu reden. Denn auch außerhalb des religiösen Bereichs ist die Einheit, kulturell gesehen, Teil unserer DNA in der Zentralafrikanischen Republik. Und außerdem gibt es auch die Solidarität, die Afrikaner grundsätzlich auszeichnet; auch wenn man uns das vielleicht jetzt nicht abnimmt, aber wir haben das in uns. Wir als katholische Kirche sind eine offene, ausgestreckte Hand, wir leben das ganz konkret.“
Die katholische Kirche hat sich vorgenommen, mit Respekt auf andere zuzugehen und Vorurteile beiseite zu lassen. ?Aus Respekt versuchen wir auch, Themen zu vermeiden, die uns trennen und spalten. Wir versuchen, diese beunruhigenden Themen, die uns trennen, nicht zu wichtig werden zu lassen, sondern legen den Schwerpunkt auf das, was uns vereint. Und auf unser soziales Handeln auf der Ebene des Zusammenlebens in der Gesellschaft. Wir sind nun mal dazu berufen, zusammenzuleben. Technisch gesehen wäre es unmöglich, eine absolute Trennung zu leben.“
Kirche als wichtige gesellschaftliche Kraft
An Friedensabkommen herrscht in dem von Wüste und Regenwald geprägten Land kein Mangel: Es gibt eines von 2014, das jüngste stammt aus dem Jahr 2019. Trotzdem regiert die Unsicherheit; Rebellen, russische Söldner, Militär auch aus Ruanda und eine UNO-Friedenstruppe bestimmen das Bild. Die Kirche spielt in der Gesellschaft des Landes nach Evrard Bondobos Eindruck eine ?mahnende und prophetische Rolle“.
?Ich meine das so: Sie sieht weit in die Zukunft, warnt vor Gefahren, vermittelt und bringt die Menschen einander näher. Denn bei allem, was wir in der Vergangenheit erlebt haben und noch immer erleben, bleibt die Kirche der Ort, an dem die Menschen Zuflucht suchen. Und hier ist das eine starke Botschaft. Der Kirche wird viel Gehör geschenkt, weil sie keine Politik macht – aber sie hat eine Rolle in der Gesellschaft. Sie setzt sich für Frieden und Entwicklung ein und respektiert die Würde des Menschen, was von grundlegender Bedeutung ist. Denn manchmal tritt die Politik die Würde des Menschen mit Füßen. Wegen ihrer Autonomie und ihrer Unabhängigkeit, aber vor allem aufgrund ihres prophetischen Wortes wird die Kirche in Zentralafrika gut gehört.“
Trotzdem gibt es in der Hauptstadt Bangui einige, die der Kirche ihre Parteinahme für Frieden und Verständigung übelnehmen, weil das ihre Kreise stört.
?Manchmal wenden sich die, die auf der Seite der Macht stehen, gegen die Kirche, weil sie einige unserer deutlichen Stellungnahmen nicht vertragen. Das liegt daran, dass die Kirche nicht schweigt, wenn Regeln verletzt werden, wenn der Text unserer Verfassung nicht respektiert wird, wenn es zu Entgleisungen kommt, die mit politischen Ideologien zusammenhängen; dann bezieht die Kirche entschieden Stellung, um zu sagen: Achtung! Wir sind dabei, vom rechten Weg abzuweichen…“
Papst Franziskus hat Zentralafrika 2015 besucht; er kommentiert die instabile Lage dort immer wieder von Rom aus und ruft zu Dialog und Frieden im Land auf.
(vatican news – sk)
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